Margarete Gertrud Groh-Kummerlöw
Geboren als siebtes von neun Kindern einer Plauener Arbeiterfamilie, musste G. schon als Kind der Mutter bei der Heimarbeit helfen, um zum Familienunterhalt beizutragen. Nach Beendigung der Volksschule arbeitete sie ab 1924 als ungelernte Arbeiterin in der Textilindustrie und wurde 1925 Mitglied im Deutschen Textilarbeiterverband. Ihr eigentliches Tätigkeitsfeld fand sie in der kommunistischen Bewegung. 1927 trat sie dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD) und 1930 der KPD bei. In ihrem Arbeitsumfeld in den Stickereiwerken Plauen war sie in der kommunistischen Betriebszelle aktiv, warb neue Mitglieder und organisierte 1932 einen Lohn- und Solidaritätsstreik mit. Durch diese Funktion erlangte sie eine für Frauen in der Weimarer Republik ungewöhnliche öffentliche Anerkennung. Daraus erwuchsen recht schnell Delegierungen zu Parteischulungen, Parteikonferenzen und 1927 zur Reichskonferenz des KJVD in Hamburg. Nach einem kurzen – wohl politisch motivierten – Umzug nach Berlin übernahm G. regionale Parteifunktionen in Sachsen. 1930 wurde sie mit nur 21 Jahren als jüngste Abgeordnete in den Sächsischen Landtag gewählt. Sie engagierte sich außerdem als Organisationsleiterin und Instrukteurin für die KJVD-Bezirksleitungen Dresden und Leipzig. Ab 1931 widmete sich G. hauptberuflich der Politik. Im Landtag war sie als Jugendvertreterin aktiv, arbeitete im Prüfungsausschuss und im Landesbeirat für Leibesübungen. 1931 bis 1933 war G. Mitglied der Unterbezirksleitung Dresden und der Bezirksleitung Sachsen der KPD. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme engagierte sich G. im kommunistischen Widerstand und war offensichtlich bereits im Februar 1933 kurzzeitig inhaftiert. Danach arbeitete sie illegal im Erzgebirge und wurde im Juni 1933 in Bitterfeld festgenommen. Nach achtmonatiger „Schutzhaft“ erfolgte 1934 eine Verurteilung durch das Oberlandesgericht Dresden zu einer Strafe von einem Jahr und acht Monaten Zuchthaus, die sie in Waldheim verbüßte. Nach ihrer Haftentlassung im November 1935 stand sie unter Polizeiaufsicht, war zunächst arbeitslos und später in der Landwirtschaft tätig, ehe sie 1936 in die Plauener Textilindustrie zurückkehrte. Nach der Geburt ihres Sohnes 1940 war sie Hausfrau, pflegte ab 1943 wieder engere Verbindungen zur KPD und wirkte im betrieblichen kommunistischen Widerstand mit. Am 10.8.1944 wurde G. erneut festgenommen und wegen Hoch- und Landesverrats angeklagt. Zu einem Prozess kam es nicht mehr, sie blieb jedoch bis zum 27.4.1945 in Haft. Da sie im Februar 1945 nach Potsdam verlegt worden war, arbeitete sie nach ihrer Haftentlassung zunächst für die dortige sowjetische Kommandantur, kehrte jedoch bereits im August 1945 nach Plauen zurück und war in der Kreisleitung der KPD tätig. Eine ihrer wesentlichen Aufgaben bestand darin, den Aufbau kommunistischer Betriebszellen zu organisieren und beim Gewerkschaftsaufbau mitzuwirken. 1946 wurde sie in den Landesvorstand des Textilarbeiterverbands gewählt, und im Januar 1946 erhielt sie ein Mandat als Dritte Vorsitzende des FDGB-Landesvorstands Sachsen. Noch im Februar 1946 wurde G. außerdem Mitglied im Bundesvorstand des FDGB, dem sie bis 1963 angehörte. Hier engagierte sie sich im Frauenausschuss und forderte die vermehrte Integration von Frauen in die Erwerbsarbeit und die gewerkschaftliche Organisation. 1949 begann ihre gewerkschaftliche Karriere auf zentraler Ebene, als sie als Leiterin der Abteilung Sozialpolitik zum FDGB-Bundesvorstand nach Berlin berufen wurde. G. war maßgeblich an der Reorganisation der Sozialversicherung unter dem Dach des FDGB beteiligt. Gleichzeitig stieg sie ins Sekretariat und ins Präsidium des FDGB auf, dem sie bis 1963 angehörte. Zwischen 1950 und 1957 war sie außerdem Mitglied im Generalrat des kommunistischen Weltgewerkschaftsbunds. – Neben der gewerkschaftlichen Arbeit machte G. auch parteipolitisch Karriere. Sie nahm 1946 an den Vereinigungsparteitagen von KPD und SPD in Sachsen und in der Sowjetischen Besatzungszone teil, wurde 1946 Mitglied im Landesvorstand Sachsen der SED und wurde im selben Jahr in den Sächsischen Landtag gewählt. Als Vertreterin des FDGB war sie im Präsidium der SED-Fraktion und gehörte bis 1948 dem Vorstand des Sozialversicherungsausschusses an. Als Repräsentantin der Gewerkschaft arbeitete sie 1949 im Deutschen Volksrat mit und war anschließend bis 1971 Mitglied der Volkskammer der DDR. 1950 bis 1967 gehörte sie dem Präsidium der Volkskammer an, zwischen 1954 und 1963 war sie Vizepräsidentin und Stellvertreterin des Präsidenten der Kammer. Aus gesundheitlichen Gründen gab G. 1967 alle hauptamtlichen Funktionen auf, blieb jedoch noch bis 1971 Volkskammerabgeordnete. – Sie erhielt 1955, 1959 und 1975 den Vaterländischen Verdienstorden, 1959 die Verdienstmedaille, 1965 den Orden Banner der Arbeit, 1972 die Fritz-Heckert-Medaille in Gold und den 1979 Karl-Marx-Orden.
Quellen Stadtarchiv Dresden, Frauenstadtarchiv, DFD, Biografien.
Literatur E. Barsch, Grete G., in: H. Deutschland/E. E. Lange, Wegbereiter. 32 Porträtskizzen, Berlin 1987, S. 197-208; S. Koch-Baumgarten, Von der Textilarbeiterin zur Stellvertretenden Volkskammerpräsidentin, in: Internationale wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung 37/2001, S. 212-227. – DBA III; DBE 4, S. 181; J. Cerny (Hg.), Wer war wer – DDR, Berlin 21992, S. 149; G. Baumgartner/D. Hebig (Hg.), Biographisches Handbuch der SBZ/DDR, Bd. 1, München 1996, S. 246; H. Müller-Enbergs/J. Wielgohs/D. Hoffmann (Hg.), Wer war wer in der DDR?, Berlin 22001, S. 276f.; H. Weber/A. Herbst, Deutsche Kommunisten 1918 bis 1945, Berlin 2004, S. 266f. (Bildquelle).
Lutz Vogel
22.12.2004
Empfohlene Zitierweise:
Lutz Vogel, Artikel: Margarete Gertrud Groh-Kummerlöw,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/8929 [Zugriff 25.11.2024].
Margarete Gertrud Groh-Kummerlöw
Quellen Stadtarchiv Dresden, Frauenstadtarchiv, DFD, Biografien.
Literatur E. Barsch, Grete G., in: H. Deutschland/E. E. Lange, Wegbereiter. 32 Porträtskizzen, Berlin 1987, S. 197-208; S. Koch-Baumgarten, Von der Textilarbeiterin zur Stellvertretenden Volkskammerpräsidentin, in: Internationale wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung 37/2001, S. 212-227. – DBA III; DBE 4, S. 181; J. Cerny (Hg.), Wer war wer – DDR, Berlin 21992, S. 149; G. Baumgartner/D. Hebig (Hg.), Biographisches Handbuch der SBZ/DDR, Bd. 1, München 1996, S. 246; H. Müller-Enbergs/J. Wielgohs/D. Hoffmann (Hg.), Wer war wer in der DDR?, Berlin 22001, S. 276f.; H. Weber/A. Herbst, Deutsche Kommunisten 1918 bis 1945, Berlin 2004, S. 266f. (Bildquelle).
Lutz Vogel
22.12.2004
Empfohlene Zitierweise:
Lutz Vogel, Artikel: Margarete Gertrud Groh-Kummerlöw,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/8929 [Zugriff 25.11.2024].