Konrad Nesen
N. konnte als Ratsherr und Bürgermeister in Zittau die Reformation in Kirche und Schule festigen. Außerdem gelang es ihm, einige der infolge des Oberlausitzer Pönfalls verlorenen Dörfer und Privilegien der Sechsstadt zurückzugewinnen. – Zu N.s frühem Leben und seiner Schulbildung ist nichts bekannt. Im Oktober 1519 erschien der „Dialogus sane quam festivus bilinguium ac trilinguium, sive de funere
Calliopes“, eine Satire auf einige Theologen der Universität Löwen (niederl. Leuven), die ihn als Verfasser nennt. Der scherzhaften Vorrede dieses Texts zufolge hielt sich N. 1519 in Paris auf, was aus anderen Quellen, z.B. der Korrespondenz seines Bruders
Wilhelm, der bis zum Sommer 1519 in Paris lebte, jedoch nicht hervorgeht. Wilhelm hatte als Gast
Erasmus von Rotterdams und ab Herbst 1519 als Professor in Löwen die Anfeindungen der Löwener Theologen gegen Erasmus miterlebt, was seine Beteiligung an dem satirischen Text oder sogar seine Autorschaft nahelegt. – Durch den Tod Wilhelms am 5.7.1524 in Wittenberg gelangte N. in den Besitz eines Kristallbechers, den Martin Luther Wilhelm geschenkt hatte und der später als „Nesenscher Lutherpokal“ bekannt wurde. Der letzte Nachkomme der Familie Nesen hinterließ ihn 1793 der sächsischen Kunstkammer. Heute befindet er sich im Grünen Gewölbe in Dresden. – Am 14.6.1525 schrieb N. sich an der Universität Wittenberg ein, wo er juristische und philosophische Vorlesungen hörte. Aus einem Empfehlungsschreiben Philipp Melanchthons vom 23.8.1529 aus Wittenberg an den Landgrafen
Philipp von Hessen geht hervor, dass N. bis 1529 in Wittenberg studierte. – N. hatte 1530 bis 1532 am Hof König
Ferdinands von Böhmen eine Stelle als Präzeptor inne, seine genaue Tätigkeit ist aber nicht bekannt. Dass N., als ein Freund Luthers, den jungen Erzherzog und späteren Kaiser
Maximilian II. unterrichtete, wie stellenweise behauptet wird, erscheint unwahrscheinlich. – Nach Wittenberg zurückgekehrt wurde N. 1532 Lizentiat der Rechte. Im darauffolgenden Jahr empfahl ihn Melanchthon dem Zittauer Rat als Stadtsyndikus und bereits im August 1533 nahm N. das erste Mal an der Ratswahl teil. 1541 wählte der Rat N. zum Ersten Bürgermeister, die Position des Stadtsyndikus behielt er jedoch bis zu seinem Tod bei. Da Zittau zum böhmischen Nebenland der Oberlausitz gehörte, vertrat N. die Interessen der Stadt Zittau im gleichen Jahr beim Prager Generallandtag in Prag und beteiligte sich dort an dem Ausschuss, der die Türkensteuer beriet, woraufhin Ferdinand I. ihn am 10.5.1542 in den Ritterstand erhob. – Ein wichtiges Wirkungsfeld N.s war die Festigung der Reformation in Zittau. Mit
Andreas Maskus wurde bereits 1535 ein Schüler Melanchthons und Luthers zum Rektor in Zittau ernannt. Das Patronat für Schule und Kirche lag aber bei der Johanniterkomturei, bis die Stadt es 1540 für acht Jahre pachten und nun selber Prediger und Lehrer auswählen konnte. So kehrte auch der 1530 aus Zittau vertriebene evangelische Prediger
Lorenz Heidenreich zu Pfingsten 1545 zurück. – Als ein prägendes Ereignis für N.s weiteres Wirken sollte sich der Oberlausitzer Pönfall 1547 herausstellen. Während des Schmalkaldischen Kriegs zogen die Oberlausitzer Städte im Vorfeld der entscheidenden Schlacht bei Mühlberg aus dem kaiserlichen Heer ab und der örtliche Adel, namentlich der Amtshauptmann des Görlitzer Kreises Ulrich von Nostitz, nutzte die Gelegenheit, bei Ferdinand I. gegen den Sechsstädtebund zu intrigieren. Ferdinand I. befahl am 8.8.1547 eine Delegation der Städte an den Hof, um sich vor Gericht zu verantworten. Darauf reiste N. für Zittau am 30.8.1547 - neben Nikolaus von Dornspach und anderen Ratsleuten und Handwerkern - nach Prag und wurde nach dem Urteilsspruch Ferdinands I. fünf Wochen auf der Prager Burg inhaftiert. – Ferdinands Urteil hob die Privilegien der freien Ratskür und Obergerichtsbarkeit Zittaus auf. Zudem verlor die Stadt ihre Bewaffnung sowie zahlreiche Besitzungen und sie musste eine hohe Geldsumme zahlen. Bei der Ernennung neuer Stadträte am 12.6.1548 blieben nur N. und Dornspach im Amt. Auch das Patronat für die Schule und Kirche lag nicht mehr in der Hand der Stadt, sondern gelangte an
Christoph von Wartenberg. Aber schon 1549 konnte der Rat das Patronat erneut pachten und daher 1558 auf Empfehlung Melanchthons mit
Martin Tektander einen weiteren evangelischen Prediger berufen. – In den Jahren nach dem Pönfall bemühte sich N., verlorene Dörfer und Privilegien für Zittau zurückzugewinnen. 1549 erhielt die Stadt das Dorf Hartau lehnsweise und ohne Gerichtsbarkeit zurück. Bis 1554 kamen weitere Dörfer und 1557 die an Bedingungen geknüpfte freie Ratswahl. Am 17.2.1557 verhandelten drei Abgesandte der Sechsstädte - N.,
Anton Rosenhain für Bautzen und
Franz Lindner für Görlitz - in Regensburg mit Kaiser Ferdinand I. über eine am Ende nicht umgesetzte Bürgschaft des Sechsstädtebunds für einen Kredit von 100.000 Talern. – N. erwarb Besitzungen außerhalb Zittaus, wie etwa die Steigemühle in Herwigsdorf, die er 1546 von den Cölestinermönchen auf dem Oybin kaufte, und Radgendorf (1547).
Quellen Melanchthons Briefwechsel, hrsg. von H. Scheible, Bd. 8, Stuttgart/Bad Cannstatt 1995, Nr. 8496, 8991, Bd. T3, Stuttgart/Bad Cannstatt 2000, Nr. 814.
Werke Dialogus sane quam festivus biliguium ac trilinguium, sive de funere Calliopes, Löwen 1519, Paris/Basel 21520.
Literatur E. F. Haupt, Wilhelm und Konrad, Brüder Nesen, Nikolaus von Dornspach und M. Procopius Raso, Zittau 1843, S. 3-88; G. E. Steitz, Der Humanist Wilhelm Nesen, in: Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst 14/1877, S. 36-160; O. Clemen, Der Dialogus bilinguium ac trilinguium, in: Archiv für Reformationsgeschichte 1/1903/04, S. 335-364; W. v. Boetticher, Geschichte des Oberlausitzischen Adels und seiner Güter, Bd. 2, Görlitz 1913, S. 247f. – ADB 23, S. 437f.; DBA I, III; DBE 7, S. 365; M. Erbe/P. G. Bietenholz, Konrad N., in: Contemporaries of Erasmus, Bd. 3, Toronto 1987, S. 12; W. Kühlmann (Hg.), Killy Literaturlexikon, Bd. 8, Berlin/New York 2010, S. 523f.
Maxi Krell
5.9.2012
Empfohlene Zitierweise:
Maxi Krell, Artikel: Konrad Nesen,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2991 [Zugriff 21.12.2024].
Konrad Nesen
Quellen Melanchthons Briefwechsel, hrsg. von H. Scheible, Bd. 8, Stuttgart/Bad Cannstatt 1995, Nr. 8496, 8991, Bd. T3, Stuttgart/Bad Cannstatt 2000, Nr. 814.
Werke Dialogus sane quam festivus biliguium ac trilinguium, sive de funere Calliopes, Löwen 1519, Paris/Basel 21520.
Literatur E. F. Haupt, Wilhelm und Konrad, Brüder Nesen, Nikolaus von Dornspach und M. Procopius Raso, Zittau 1843, S. 3-88; G. E. Steitz, Der Humanist Wilhelm Nesen, in: Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst 14/1877, S. 36-160; O. Clemen, Der Dialogus bilinguium ac trilinguium, in: Archiv für Reformationsgeschichte 1/1903/04, S. 335-364; W. v. Boetticher, Geschichte des Oberlausitzischen Adels und seiner Güter, Bd. 2, Görlitz 1913, S. 247f. – ADB 23, S. 437f.; DBA I, III; DBE 7, S. 365; M. Erbe/P. G. Bietenholz, Konrad N., in: Contemporaries of Erasmus, Bd. 3, Toronto 1987, S. 12; W. Kühlmann (Hg.), Killy Literaturlexikon, Bd. 8, Berlin/New York 2010, S. 523f.
Maxi Krell
5.9.2012
Empfohlene Zitierweise:
Maxi Krell, Artikel: Konrad Nesen,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2991 [Zugriff 21.12.2024].