Karl von Watzdorf
W. wurde auf dem Anwesen seiner Eltern in Kauschwitz bei Plauen durch Hauslehrer erzogen, die ihm eine recht umfassende Bildung vermittelten. Schon in früher Jugend entwickelte er Interesse für das Militär; 1777 trat er als Souslieutenant in das kurfürstlich sächsische Regiment Garde du Corps ein. Nach dem Tod seiner Eltern erhielt er durch Erbvertrag mit seinen Brüdern die Rittergüter Kauschwitz und Syrau zugesprochen. 1786 schied er im Rang eines Stabsrittmeisters aus dem aktiven Militärdienst aus, wurde Kammerjunker und erhielt die Stelle eines Kreis- und Marschkommissars im Vogtland. Zu seinen Aufgaben gehörte die Unterbringung und Versorgung dort stationierter und durchziehender Truppen. 1792 erhielt er in Dresden die Stelle eines Geheimen Kriegsrats und siedelte in die Residenzstadt über. Er übernahm die Leitung des Kriegskommissariats-Departements. Hier oblagen ihm u.a. die Berechnung der Kosten, die Sachsen durch die Teilnahme an den Feldzügen gegen Frankreich 1793 bis 1796 entstanden waren, die Erstellung von Mobilmachungsentwürfen und Feldverpflegungsreglements sowie die Begutachtung der Artillerieausrüstung der Armee. 1801 erfolgte seine Beförderung zum Kammerherrn. Als Sachsen sich 1806 dem Krieg Preußens gegen
Napoleon anschloss und ein mobiles Truppenkorps aufstellte, wurde W. dessen Generalintendant. In dieser Funktion, die er auch drei Jahre später im Krieg gegen Österreich innehatte, war er für die Verpflegung und Unterbringung, das Fuhrwesen, die Lazarette, die Feldpost und das Zahlungswesen der Truppe zuständig. 1809 erhielt er für seine Verdienste um die Betreuung und Rückführung der sächsischen Verwundeten nach der Schlacht bei Wagram das Ritterkreuz des Militär-Sankt Heinrichsordens. Während der Reorganisation der sächsischen Armee 1810 wurde W. zum Oberstleutnant befördert und an die Spitze der neu geschaffenen Armeeverpflegungsorganisation gestellt. – Auf Wunsch des Kabinettsministers Friedrich Christian Ludwig Graf Senfft von Pilsach trat er aber bereits wenige Monate später in den diplomatischen Dienst und wurde zum Gesandten in St. Petersburg ernannt. Noch vor der Abreise nach Russland erfolgte seine Beförderung zum Oberst. In den folgenden Monaten erwies er sich als scharfsinniger Beobachter der gespannten politischen Lage zwischen Russland und Frankreich. Seine Stellung am russischen Hof erhielt ein noch höheres Ansehen, als er 1811 zum Generalmajor ernannt wurde. Im Mai 1812, kurz vor Ausbruch des Kriegs zwischen dem Rheinbund und Russland, schied W. von seinem Posten, um Gesandter in Wien zu werden. Nach seiner Ankunft in Sachsen erhielt er jedoch die Nachricht, dass er als Verbindungsoffizier dem Hauptquartier Napoleons bis nach Wilna folgen sollte, um über alle Angelegenheiten der sächsischen Truppen zu verhandeln. In Wilna versah W. seinen Dienst bis zum Scheitern von Napoleons Russlandfeldzug und berichtete dem König über alle wichtigen Vorkommnisse. Ende 1812 kehrte er nach Dresden zurück, um den Gesandtenposten in Wien zu übernehmen. Im Frühjahr 1813 führte er in dieser Funktion die Verhandlungen über einen Bündnisvertrag mit Österreich. Das Abkommen sah die Neutralität Sachsens und eine bewaffnete Friedensvermittlung an der Seite der Habsburgermonarchie vor. Aber noch bevor es in Kraft treten konnte, geriet Sachsen durch Napoleons Siege bei Lützen und Bautzen (Mai 1813) wieder völlig in französische Hand. Um dem Land eine feindliche Behandlung durch Napoleon zu ersparen, entschloss sich der sächsische König zum Abbruch der Verhandlungen mit Österreich und zur Fortsetzung des Kriegs auf französischer Seite. Im September 1813 kehrte W. nach Dresden zurück und erlebte die Belagerung der Stadt durch die Verbündeten. Ab Ende des Jahres war er für König Friedrich August I., der sich zu dieser Zeit in Berlin als Gefangener befand, als Unterhändler tätig und wurde zum Generaladjutanten ernannt. Diplomatische Sendungen führten ihn 1813/14 nach Frankfurt/Main, Paris und London; mit den Monarchen Russlands, Preußens und Frankreichs verhandelte er ergebnislos über eine Rückkehr Friedrich Augusts I. nach Sachsen und die Integrität des Königreichs. Noch 1814 wurde er als Begleiter zur königlichen Familie geschickt, die sich in Prag aufhielt und später nach Preßburg übersiedelte. Auf seiner Reise nach Prag führte W. Staatspapiere und Kostbarkeiten des Grünen Gewölbes mit sich, die Friedrich August in Sicherheit wissen wollte. 1815 begleitete er die Prinzen Friedrich August und Clemens, die mit dem österreichischen Hauptquartier am Feldzug gegen Napoleon teilnahmen, nach Frankreich. Als er Ende des Jahres nach Dresden zurückkehrte, erhielt er das Kommandeurkreuz des Militär-Sankt Heinrichsordens und wurde zum Generalleutnant befördert. 1816 übernahm er als Oberhofmeister die Erziehung der Prinzen Friedrich August, Clemens und Johann. Dies war eine besondere Auszeichnung, umso mehr, als das katholische Königshaus mit W. einen entschiedenen Protestanten für diese Aufgabe wählte. Nach dem Tod des Prinzen Clemens und den Vermählungen Friedrich Augusts und Johanns wurde W. 1823 zum Gesandten in Berlin ernannt. Besonders mit Prinz Johann, dem späteren König, blieb er jedoch eng verbunden. Johann bat W. in den folgenden Jahren in verschiedenen Angelegenheiten immer wieder um Rat und besuchte ihn 1827 auf einer Reise nach Berlin. Als Gesandter in Berlin war W. an den Verhandlungen über den Zollanschluss Sachsens an Preußen beteiligt, die 1834 zur Bildung des Deutschen Zollvereins führten. In Anbetracht seines hohen Alters bat er im selben Jahr um seine Verabschiedung vom Gesandtenposten, die ihm auch gewährt wurde. Er blieb aber aktiver Generaladjutant und wurde 1835 zum Minister des Königlichen Hauses ernannt; außerdem wurde er Mitglied des Staatsrats. Auch von fremden Herrschern wurde er geehrt: Vom bayerischen König erhielt er den Sankt Hubertusorden, und der Großherzog von Sachsen-Weimar verlieh ihm das Großkreuz seines Hausordens. – Seine letzten Lebensjahre verbrachte W. in Dresden, wo er 1840 nach einem Schlaganfall starb.
Literatur C. v. Watzdorf, Geschichte des Geschlechtes von Watzdorf, Dresden 1903; J. G. Herzog zu Sachsen, Karl von W., 1759-1840, in: NASG 39/1918, S. 1-35; A. v. Watzdorf, Karl Friedrich Ludwig von W., in: Sächsische Heimat 36/1990, S. 158-161 (P). – ADB 41, S. 270-272; DBA I.
Roman Töppel
13.9.2004
Empfohlene Zitierweise:
Roman Töppel, Artikel: Karl von Watzdorf,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/4058 [Zugriff 22.11.2024].
Karl von Watzdorf
Literatur C. v. Watzdorf, Geschichte des Geschlechtes von Watzdorf, Dresden 1903; J. G. Herzog zu Sachsen, Karl von W., 1759-1840, in: NASG 39/1918, S. 1-35; A. v. Watzdorf, Karl Friedrich Ludwig von W., in: Sächsische Heimat 36/1990, S. 158-161 (P). – ADB 41, S. 270-272; DBA I.
Roman Töppel
13.9.2004
Empfohlene Zitierweise:
Roman Töppel, Artikel: Karl von Watzdorf,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/4058 [Zugriff 22.11.2024].