Karl Reuschel

R., im Hauptberuf Gymnasiallehrer, hat neben seinen germanistischen Lehrverpflichtungen als Erster volkskundliche Vorlesungen an der Technischen Hochschule zu Dresden gehalten. Zudem war er Mitbegründer und erster Leiter (Geschäftsführer) der Dresdner Volkshochschule (1919-1921) sowie in zahlreichen wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Vereinen als Organisator und Vortragender tätig. Seine umfangreiche Publikations- und Herausgebertätigkeit erstreckte sich vorwiegend auf germanistische und volkskundliche Arbeiten. – Nach dem Schulbesuch in Chemnitz studierte R. ab 1891 Philologie und Geschichte an der Universität Leipzig und promovierte 1895 mit Untersuchungen zu den deutschen Weltgerichtsdichtungen des 11. bis 15. Jahrhunderts. 1896 nahm er seine Lehrertätigkeit am Realgymnasium Dreikönigschule in Dresden-Neustadt auf, an dem er, von mehreren längeren Unterbrechungen durch Beurlaubung abgesehen, bis kurz vor seinem Tod 1924 tätig war. Da R.s Hauptinteresse jedoch auf wissenschaftliche Arbeit gerichtet war, beschäftigte er sich nebenberuflich kontinuierlich mit germanistischen und volkskundlichen Studien. 1903 stellte er einen Antrag auf Zulassung zur Habilitation und als Privatdozent für deutsche Sprache und Literatur an der Technischen Hochschule zu Dresden und habilitierte im gleichen Jahr zum Thema „Die deutschen Weltgerichtsspiele des Mittelalters und der Reformationszeit (Literarhistorische Untersuchung)“. In den Folgejahren hielt R., ab Wintersemester 1907/08 als außerordentlicher Professor, Vorlesungen zur Literaturgeschichte und Volkskunde. Seit 1903 war er auch voll in die außeruniversitären volkskundlichen Strukturen Sachsens integriert und wirkte u.a . als Schriftführer des Vereins für Sächsische Volkskunde, später als Beisitzer im Vorstand sowie als Verantwortlicher für die Volksliedsammlung in Sachsen. Nachdem er als Initiator und seit 1919 als erster Leiter (Geschäftsführer) der Dresdner Volkshochschule tätig war, sah er sich aufgrund von konzeptionellen Irritationen bereits zwei Jahre später gezwungen, von diesem Amt zurückzutreten und wieder in den Schuldienst zurückzukehren. Zugleich intensivierte er seine Vorlesungs- und Seminartätigkeit an der Technischen Hochschule. Gemeinsam mit anderen führenden Vertretern der sächsischen Volkskunde war er darum bemüht, das Fach auch in Sachsen als universitäre Disziplin zu etablieren. Als ihm zum Wintersemester 1924 eine ordentliche Professur für ältere Germanistik an der Technischen Hochschule angeboten wurde, glaubte er, sich künftig ganz der wissenschaftlichen Arbeit zu widmen zu können. Doch führten das übermäßige Arbeitspensum und die starken psychischen Belastungen in der Zeit nach 1919 zu seinem frühen Tod durch eine akut gewordene Tuberkulose, die ihn als chronisches Leiden schon einige Jahre begleitet hatte.

Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Ministerium für Volksbildung; Stadtarchiv Dresden, Schulamt; Technische Universität Dresden, Universitätsarchiv, Verzeichnisse der Vorlesungen und Übungen; Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Handschriftenabteilung; Deutsches Volksliedarchiv in Freiburg im Breisgau, Allgemeine Korrespondenz; Archiv der Landesstelle für Berlin-Brandenburgische Volkskunde am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin; Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V., Dresden, Nachlass Steglich.

Werke Untersuchungen zu den deutschen Weltgerichtsdichtungen des XI. bis XV. Jahrhunderts, 1. Teil: Gedichte des XI. bis XIII. Jahrhunderts, Diss. Leipzig/Chemnitz 1895; Volkskundliche Streifzüge, Dresden/Leipzig 1903; Über Bearbeitungen der Geschichte des Bergmanns von Falun, in: Studien zur vergleichenden Literaturgeschichte 3/1903, Bd. 1, Berlin 1903, S. 1-28; Die deutschen Weltgerichtsspiele des Mittelalters und der Reformationszeit, Habilitationsschrift Leipzig 1906; (Hg.) Größere Volkslieder aus dem Vogtlande, gesammelt von H. Dunger, Plauen i.V. 1915; Die deutsche Volkskunde im Unterricht an höheren Schulen, Berlin 1917; Deutsche Volkskunde im Grundriß, 2 Teile, Leipzig/Berlin 1920-1924; Das deutsche Volksschauspiel, Bielefeld/Leipzig 1922.

Literatur E. Mogk, Karl R. zum Gedächtnis, in: Hessische Blätter für Volkskunde 23/1924, S. 109f.; B. Emmrich, Zu Unrecht vergessen: Karl (Theodor) R., in: dies., Heimatforschung, Spinnstuben-Performance und Hochschulseminar, Dresden 2001, S. 9-51. – DBA II.

Brigitte Emmrich †
10.1.2005


Empfohlene Zitierweise:
Brigitte Emmrich †, Artikel: Karl Reuschel,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18016 [Zugriff 22.12.2024].

Karl Reuschel



Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Ministerium für Volksbildung; Stadtarchiv Dresden, Schulamt; Technische Universität Dresden, Universitätsarchiv, Verzeichnisse der Vorlesungen und Übungen; Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Handschriftenabteilung; Deutsches Volksliedarchiv in Freiburg im Breisgau, Allgemeine Korrespondenz; Archiv der Landesstelle für Berlin-Brandenburgische Volkskunde am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin; Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V., Dresden, Nachlass Steglich.

Werke Untersuchungen zu den deutschen Weltgerichtsdichtungen des XI. bis XV. Jahrhunderts, 1. Teil: Gedichte des XI. bis XIII. Jahrhunderts, Diss. Leipzig/Chemnitz 1895; Volkskundliche Streifzüge, Dresden/Leipzig 1903; Über Bearbeitungen der Geschichte des Bergmanns von Falun, in: Studien zur vergleichenden Literaturgeschichte 3/1903, Bd. 1, Berlin 1903, S. 1-28; Die deutschen Weltgerichtsspiele des Mittelalters und der Reformationszeit, Habilitationsschrift Leipzig 1906; (Hg.) Größere Volkslieder aus dem Vogtlande, gesammelt von H. Dunger, Plauen i.V. 1915; Die deutsche Volkskunde im Unterricht an höheren Schulen, Berlin 1917; Deutsche Volkskunde im Grundriß, 2 Teile, Leipzig/Berlin 1920-1924; Das deutsche Volksschauspiel, Bielefeld/Leipzig 1922.

Literatur E. Mogk, Karl R. zum Gedächtnis, in: Hessische Blätter für Volkskunde 23/1924, S. 109f.; B. Emmrich, Zu Unrecht vergessen: Karl (Theodor) R., in: dies., Heimatforschung, Spinnstuben-Performance und Hochschulseminar, Dresden 2001, S. 9-51. – DBA II.

Brigitte Emmrich †
10.1.2005


Empfohlene Zitierweise:
Brigitte Emmrich †, Artikel: Karl Reuschel,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18016 [Zugriff 22.12.2024].