Joseph Friedrich von Zezschwitz

Z. entstammte einem tief gläubigen Haus, das eng mit der Herrnhuter Brüdergemeine verbunden war. Nach dem Studium der Rechts- und Kameralwissenschaften und der Philosophie in Leipzig (1794-1797) verbrachte er ein Jahr in England, der Heimat seiner Mutter. Er bereiste das Land nicht nur, um die englische Landwirtschaft, die Seehäfen und die Fabrikdistrikte kennen zu lernen, sondern nahm in London auch mit lebhaftem Interesse an Parlaments- und Gerichtssitzungen teil. Nach Sachsen zurückgekehrt, beschloss er, sich den Staatsgeschäften zu widmen. Nach kurzem Dienst im Kreisamt Meißen wurde Z. im Geheimen Finanzkollegium in Dresden angestellt. 1804 erlangte er die Stelle eines Amthauptmanns im Meißner Kreis. Obwohl er dieses Amt wegen des damit verbundenen Landlebens sehr schätzte, trat er 1806 auf Wunsch des Kurfürsten Friedrich August III. wieder in das Geheime Finanzkollegium ein. Als Geheimem Finanzrat unterstanden ihm die Forst- und Finanzangelegenheiten des Kurkreises. Z. setzte sich in dieser Position u.a. für die Errichtung einer Forstakademie ein. – Sein Wirken fiel in die Zeit der napoleonischen Herrschaft in Europa. 1809 kam es zum Krieg zwischen Österreich und dem Rheinbund, dem auch Sachsen seit 1806 angehörte. Als österreichische Truppen im Juli 1809 Dresden zum zweiten Mal besetzten und den Polizeidirektor, Geheimrat Carl Friedrich von Brand, verhafteten, musste Z. dieses Amt zeitweilig übernehmen. Im darauffolgenden Jahr wurde er nach Leipzig und Naumburg gesandt, um die von Napoleon befohlene Beschlagnahmung und anschließende Verbrennung englischer Waren durchzuführen; diese Maßnahme gegen seine Landsleute erfüllte ihn mit Widerwillen. In den folgenden Jahren entwickelte sich zwischen Z. und dem Kabinettsminister Friedrich Christian Ludwig Graf Senfft von Pilsach ein freundschaftliches Verhältnis, was zur Folge hatte, dass Z. auch zu außerordentlichen Geschäften herangezogen wurde. So wurde er z.B. Mitglied der zur Einführung eines neuen Abgabensystems eingesetzten Kommission; außerdem schrieb er Gutachten über allgemeine Verbesserungen der Staatsverfassung. Als König Friedrich August I. im Frühjahr 1813 die Residenz verließ, weil die verbündeten Russen und Preußen nach Sachsen vorrückten, gehörte Z. zu den Mitgliedern der „Immediat-Kommission“, die für den abwesenden König die Regierungsgeschäfte führte. Z. sprach sich in Briefen an den Minister Senfft deutlich gegen eine Aufrechterhaltung des Bündnisses mit Frankreich und für ein Zusammengehen mit Österreich aus. Die erneute Wendung des Kriegsglücks und das Verbleiben des sächsischen Königs an der Seite Napoleons erschütterten ihn. Dennoch blieb er im sächsischen Staatsdienst und wurde im Oktober 1813 zum Kreishauptmann des Meißner Kreises ernannt. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig und der Gefangennahme König Friedrich Augusts verwalteten die verbündeten Russen und Preußen Sachsen als Generalgouvernement. Z. wurde an die Spitze eines Ausschusses berufen, der mit der Bildung der sächsischen Landwehr in Dresden beauftragt war. Er beteiligte sich zudem mit privaten Geldern an der Ausrüstung von Landwehrmännern. 1814 wurde auf Z.s Initiative ein Waisenhaus in Pirna gegründet. Die dazu benötigten finanziellen Mittel brachte v.a. die 1813 in England entstandene Hilfsgesellschaft „For relieving the distress in Germany“ („Zur Linderung der Not in Deutschland“) auf. 1816 wurden die von Z. für das Wohl des Meißner Kreises geleisteten Dienste durch die Verleihung des Ritterkreuzes des Zivil-Verdienst-Ordens anerkannt. Fortwährende private Unglücksfälle, v.a. der Tod zweier Söhne im Kindesalter, zermürbten allerdings rasch Z.s Gesundheit und führten dazu, dass er nach langer Krankheit bereits im 43. Lebensjahr starb.

Quellen J. W. v. Zezschwitz (Hg.), Mittheilungen aus den Papieren eines sächsischen Staatsmannes, Dresden 2 1864.

Literatur E. v. Zezschwitz, Stammbaum derer von Zezschwitz 1486-1986, Gießen 1988.

Roman Töppel
16.8.2004


Empfohlene Zitierweise:
Roman Töppel, Artikel: Joseph Friedrich von Zezschwitz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18825 [Zugriff 25.4.2024].

Joseph Friedrich von Zezschwitz



Quellen J. W. v. Zezschwitz (Hg.), Mittheilungen aus den Papieren eines sächsischen Staatsmannes, Dresden 2 1864.

Literatur E. v. Zezschwitz, Stammbaum derer von Zezschwitz 1486-1986, Gießen 1988.

Roman Töppel
16.8.2004


Empfohlene Zitierweise:
Roman Töppel, Artikel: Joseph Friedrich von Zezschwitz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18825 [Zugriff 25.4.2024].