Johann Wilhelm Hilliger

H. entstammte einer weitverzweigten Familie, die sich als Glockengießer in Freiberg und als Tuchmacher und Handelsherren in Chemnitz betätigte und in beiden Städten mehrfach den Bürgermeister stellte. Gleichwohl wuchs H. in finanziell angespannten Verhältnissen auf, die aus der Verschuldung des Vaters infolge des Dreißigjährigen Kriegs resultierten. Nach dem Tod seines Vaters musste er als Elfjähriger seinen Lebensunterhalt u.a. durch Kurrendesingen sichern. Ein Studium an der Universität Wittenberg konnte er am 26.9.1664 nur mithilfe eines Stipendiums der Stadt Chemnitz beginnen. In Wittenberg widmete sich H. insbesondere den orientalischen Sprachen. Unter seinen späteren Werken ragen eine hebräische und eine aramäische Grammatik heraus. Am 3.5.1672 wurde H. Adjunkt der Philosophischen Fakultät. Als viel beschäftigter Gelehrter hielt er bis 1676 zahlreiche Vorlesungen und Disputationen ab. Vorbehalte gegen den Schuldienst ließen H. ehrenvolle Berufungen, u.a. als Rektor nach Zwickau, Lübeck oder Reval (heute Tallinn), ausschlagen. Stattdessen ging er auf ein Angebot seiner Heimatstadt Chemnitz ein und wurde 1676 Diakon an der dortigen Jakobikirche. 1684 stieg er zum Archidiakon und 1686 zum Superintendenten auf. Unter H. vollzog sich eine Annäherung der Chemnitzer Geistlichkeit und Bürgerschaft an das pietistische Gedankengut Philipp Jacob Speners, zu dem H. gute persönliche Beziehungen unterhielt. Sehr symbolträchtig nahm der damalige Dresdner Oberhofprediger Spener am 11.8.1689 die feierliche Investitur des bereits drei Jahre im Amt befindlichen Superintendenten H. in Chemnitz vor. Eine religiöse Breitenwirkung für Chemnitz erhoffte sich H. insbesondere für Speners Betonung der praktisch gelebten Frömmigkeit. Ihr versuchte H. durch die Erneuerung bzw. Neugründung karitativer Einrichtungen Ausdruck zu verleihen. So engagierte sich H. in der Fürsorge für Pfarrerwitwen und -waisen, gründete 1694 ein nicht näher bekanntes „Collegium charadelphicum“ und forcierte den Neubau des Chemnitzer Georgenhospitals. Ob H. hingegen, wie in der älteren Literatur behauptet, tatsächlich ein Verbot der Schulkomödien und Heilig-Christ-Umzüge in Chemnitz anregte, bedarf der Überprüfung. – H. starb nach 19-jähriger Amtszeit als Superintendent infolge einer schmerzhaften Gicht.

Werke Summarium linguae sacrae, Wittenberg 1679.

Literatur A. D. Richter, Umständliche aus zuverläßigen Nachrichten zusammengetragene Chronica Der Churfürstl. Sächß. Stadt Chemnitz, 2. Teil, Zittau/Leipzig 1767, S. 241-243; K. Kirchner, Philipp Jakob Spener in Chemnitz, in: Mitteilungen des Vereins für Chemnitzer Geschichte 4/1882/83, S. 253-256; G. Buchwald (Hg.), Neue Sächsische Kirchengalerie. Die Ephorien Chemnitz I und II, Leipzig 1904, Sp. 156; O. Hübner, Die Familie Hilliger, in: Mitteilungen des Freiberger Altertumsvereins 42/1904, S. 1-72, hier S. 60-65; F. Blanckmeister, Spener in Chemnitz, in: Beiträge zur sächsischen Kirchengeschichte 36/1927, S. 34-43; B. Stephan, Die Lage der Chemnitzer Kirchgemeinden nach dem Dreißigjährigen Krieg, in: U. Fiedler (Hg.), Der Kelch bitterster Leiden. Chemnitz im Zeitalter von Wallenstein und Gryphius, Chemnitz 2008, S. 109-117; ders., Die Superintendentenporträts in der Jakobikirche, in: S. Thiele (Hg.), Die Stadt- und Marktkirche St. Jakobi zu Chemnitz, Chemnitz 2012, S. 87-94, hier S. 88f. (P). – DBA I.

Porträt Johann Wilhelm H., unbekannter Künstler, um 1700, Ölgemälde, St. Jakobikirche Chemnitz; Johann Wilhelm H., unbekannter Künstler, Kupferstich, Österreichische Nationalbibliothek Wien, Porträtsammlung, Digitaler Portraitindex der druckgraphischen Bildnisse der Frühen Neuzeit (Bildquelle).

Michael Wetzel
5.4.2018


Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Johann Wilhelm Hilliger,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18691 [Zugriff 22.11.2024].

Johann Wilhelm Hilliger



Werke Summarium linguae sacrae, Wittenberg 1679.

Literatur A. D. Richter, Umständliche aus zuverläßigen Nachrichten zusammengetragene Chronica Der Churfürstl. Sächß. Stadt Chemnitz, 2. Teil, Zittau/Leipzig 1767, S. 241-243; K. Kirchner, Philipp Jakob Spener in Chemnitz, in: Mitteilungen des Vereins für Chemnitzer Geschichte 4/1882/83, S. 253-256; G. Buchwald (Hg.), Neue Sächsische Kirchengalerie. Die Ephorien Chemnitz I und II, Leipzig 1904, Sp. 156; O. Hübner, Die Familie Hilliger, in: Mitteilungen des Freiberger Altertumsvereins 42/1904, S. 1-72, hier S. 60-65; F. Blanckmeister, Spener in Chemnitz, in: Beiträge zur sächsischen Kirchengeschichte 36/1927, S. 34-43; B. Stephan, Die Lage der Chemnitzer Kirchgemeinden nach dem Dreißigjährigen Krieg, in: U. Fiedler (Hg.), Der Kelch bitterster Leiden. Chemnitz im Zeitalter von Wallenstein und Gryphius, Chemnitz 2008, S. 109-117; ders., Die Superintendentenporträts in der Jakobikirche, in: S. Thiele (Hg.), Die Stadt- und Marktkirche St. Jakobi zu Chemnitz, Chemnitz 2012, S. 87-94, hier S. 88f. (P). – DBA I.

Porträt Johann Wilhelm H., unbekannter Künstler, um 1700, Ölgemälde, St. Jakobikirche Chemnitz; Johann Wilhelm H., unbekannter Künstler, Kupferstich, Österreichische Nationalbibliothek Wien, Porträtsammlung, Digitaler Portraitindex der druckgraphischen Bildnisse der Frühen Neuzeit (Bildquelle).

Michael Wetzel
5.4.2018


Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Johann Wilhelm Hilliger,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18691 [Zugriff 22.11.2024].