Johann Schütz
S. schrieb sich am 31.3.1545 gemeinsam mit vier weiteren Studenten aus seiner Heimatstadt in die Matrikel der Leucorea, der Wittenberger Universität, ein. Er verließ die Hohe Schule mit dem Magisterabschluss der Artistenfakultät und übernahm 1554 ein Pfarramt in Doberlug. 1555 wechselte er nach Freiberg, wo er erst Archidiakon am Dom und ein Jahr später Pfarrer an der Petrikirche wurde. Darüber hinaus war er als Lehrer an der Freiberger Schule tätig. S. gehörte, wie beispielsweise auch Matthias Flacius Illyricus, zu denjenigen Schülern von Philipp Melanchthon, die sich von der theologischen Lehre ihres Präzeptors abwandten. Er beteiligte sich als Vertreter des orthodoxen Luthertums an den konfessionspolitischen Auseinandersetzungen der Zeit nach dem Augsburger Religionsfrieden 1555. Dadurch kam es bereits bald zu Konflikten mit der in Kursachsen in den 1560er-Jahren vorherrschenden philippistischen Richtung. Deren Träger, die sog. Philippisten, nahmen unter Bezug auf Melanchthon eine vermittelnde Haltung zum reformierten Bekenntnis ein, wofür ihnen von der streng lutherischen Seite Kritik entgegengebracht wurde. S. verlor in der Folge 1566 seine Stelle in Freiberg, wurde einige Monate inhaftiert und ging nach seiner Freilassung in die zur böhmischen Krone gehörende Niederlausitz, wo er in Lübben als Offizial tätig wurde. Bereits kurz nach der Krise des Philippismus 1574, die eine Entlassung zahlreicher melanchthontreuer Professoren, Kirchendiener und landesherrlicher Bediensteter mit sich gebracht hatte, kehrte S. nach Kursachsen zurück und erhielt eine Stelle als Superintendent in Annaberg. Nun wurde er als ein Vertreter der streng lutherischen Richtung vom sächsischen Kurfürsten August gefördert, entsprechend dem in diesen Jahren eingeschlagenen religionspolitischen Kurs Kursachsens. So erhielt er 1577 auf Betreiben des Kurfürsten und gegen den Willen der Leucorea eine theologische Professur in Wittenberg und wurde Propst an der dortigen Schlosskirche. Noch im selben Jahr übernahm er für das Wintersemester 1577/78 als Rektor das höchste Amt der Universität. S. wurde der erste Kanzler der Leucorea entsprechend der im Januar 1580 veröffentlichten Universitätsordnung. Bereits Ende 1579 war ihm dieses Amt übertragen worden. Im Oktober 1580 erwarb der Magister S. den Grad eines Lizentiaten an der Theologischen Fakultät. Die Prüfung fand unter dem Vorsitz des württembergischen Theologen Jakob Andreä statt. Der orthodoxe Lutheraner Andreä war zwischen 1576 und 1580 in Kursachsen für die von Kurfürst August angestrebte Reform der Kirchen, Schulen und Universitäten verantwortlich gewesen, in deren Ergebnis u.a. die neue Ordnung für die Universitäten entstand. S. verfasste gemeinsam mit Andreä eine Reihe von theologischen Schriften. Kurz vor seinem Tod wurde S. die theologische Doktorwürde verliehen. Während seiner Zeit an der Leucorea war er offenbar trotz seiner hohen Ämter und Funktionen in der Professorenschaft umstritten und konnte keine volle Akzeptanz erlangen. Dies ist nicht zuletzt damit zu erklären, dass das von S. bekleidete Kanzleramt als eine Institution zur Stärkung des landesherrlichen Einflusses an den Universitäten von der Hohen Schule energisch abgelehnt wurde. Über die Familie von S. ist wenig bekannt. Er hatte mehrere Kinder, von denen der Sohn Ignaz an der Juristischen Fakultät der Leucorea studierte. Zwei seiner Kinder, ein namentlich nicht bekannter Sohn und die Tochter Barbara, starben im Mai 1585 in Wittenberg an den Folgen einer Epidemie.
Quellen C. E. Foerstemann (Hg.), Liber Decanorum Facultatis Theologicae Academiae Vitebergensis, Leipzig 1838; ders. (Hg.), Album academiae Vitebergensis ab a. Ch. MDII usque ad a. MDLX [Bd. 1], Leipzig 1841; O. Hartwig, Album academiae Vitebergensis ab a. Ch. MDII usque ad a. MDCII, volumen secundum [Bd. 2], Halle 1894; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Geheimer Rat (Geheimes Archiv).
Werke Nawe Zeittung vnd Wunderpredigt ..., Dresden 1560; Newe Zeytung/ Was sich allhie im Landt zu Sachssen hat zugetragen/ in der Stadt Bitterfeldt an der Dam, [Freiburg] 1568; mit J. Andreä, Repetitio sanae doctrinae Reuerendissimi in Christo Patris, D. D. Martini Lutheri, de persona Christi, et de coena dominica, Wittenberg 1580 (dt. Übersetzung, Dresden 1581); mit J. Andreä, Collatio catholicae et orthodoxae christianorum fidei, de Persona Christi et sacra eius coena ..., [Wittenberg] 1582; Von den feurigen Wunderzeichen am Himel ..., Wittenberg 1582; Invitatio ad colenda pietatis studia ..., Wittenberg 1583; Theses de dicto Psalmi 45 ..., Wittenberg 1584.
Literatur J. C. Erdmann, Lebensbeschreibungen und litterarische Nachrichten von den Wittenbergschen Theologen seit der Stiftung der Universitaet 1502, bis zur dritten hundertjaehrlichen Saekularfeyer 1802, Wittenberg 1804; W. Friedensburg, Geschichte der Universität Wittenberg, Halle 1917; R. Grünberg (Hg.), Sächsisches Pfarrerbuch, Freiberg 1940; H.-P. Hasse, Zensur theologischer Bücher in Kursachsen im konfessionellen Zeitalter, Leipzig 2000. – ADB 33, S. 128f.; DBA I; C. G. Joecher (Hg.), Allgemeines Gelehrten-Lexicon, Bd. 4, Leipzig 1751 (ND Hildesheim 1961), Sp. 373.
Ulrike Ludwig
23.9.2005
Empfohlene Zitierweise:
Ulrike Ludwig, Artikel: Johann Schütz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3632 [Zugriff 22.12.2024].
Johann Schütz
Quellen C. E. Foerstemann (Hg.), Liber Decanorum Facultatis Theologicae Academiae Vitebergensis, Leipzig 1838; ders. (Hg.), Album academiae Vitebergensis ab a. Ch. MDII usque ad a. MDLX [Bd. 1], Leipzig 1841; O. Hartwig, Album academiae Vitebergensis ab a. Ch. MDII usque ad a. MDCII, volumen secundum [Bd. 2], Halle 1894; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Geheimer Rat (Geheimes Archiv).
Werke Nawe Zeittung vnd Wunderpredigt ..., Dresden 1560; Newe Zeytung/ Was sich allhie im Landt zu Sachssen hat zugetragen/ in der Stadt Bitterfeldt an der Dam, [Freiburg] 1568; mit J. Andreä, Repetitio sanae doctrinae Reuerendissimi in Christo Patris, D. D. Martini Lutheri, de persona Christi, et de coena dominica, Wittenberg 1580 (dt. Übersetzung, Dresden 1581); mit J. Andreä, Collatio catholicae et orthodoxae christianorum fidei, de Persona Christi et sacra eius coena ..., [Wittenberg] 1582; Von den feurigen Wunderzeichen am Himel ..., Wittenberg 1582; Invitatio ad colenda pietatis studia ..., Wittenberg 1583; Theses de dicto Psalmi 45 ..., Wittenberg 1584.
Literatur J. C. Erdmann, Lebensbeschreibungen und litterarische Nachrichten von den Wittenbergschen Theologen seit der Stiftung der Universitaet 1502, bis zur dritten hundertjaehrlichen Saekularfeyer 1802, Wittenberg 1804; W. Friedensburg, Geschichte der Universität Wittenberg, Halle 1917; R. Grünberg (Hg.), Sächsisches Pfarrerbuch, Freiberg 1940; H.-P. Hasse, Zensur theologischer Bücher in Kursachsen im konfessionellen Zeitalter, Leipzig 2000. – ADB 33, S. 128f.; DBA I; C. G. Joecher (Hg.), Allgemeines Gelehrten-Lexicon, Bd. 4, Leipzig 1751 (ND Hildesheim 1961), Sp. 373.
Ulrike Ludwig
23.9.2005
Empfohlene Zitierweise:
Ulrike Ludwig, Artikel: Johann Schütz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3632 [Zugriff 22.12.2024].