Johann Pasch

P. gehört zu den wichtigsten sächsischen Tanzmeistern um 1700. In adligen Kreisen und gehobenen Bürgerhäusern verkehrend, öffnete er mit seiner Tanzkunst der galanten Leipziger Welt die Tür zum „Belle danse“. Dabei stand er in einem regen Disput mit Tanzgegnern wie dem Theologen Johann Christian Lange. – P., sehr wahrscheinlich der Sohn des Dresdner Exerzitienmeisters Johann Georg Pasch, genoss nach eigenen Angaben frühzeitig eine häusliche Erziehung im Fechten und Tanzen. Nach dem Tod seiner Eltern wurde seine Ausbildung am Dresdner Hof fortgesetzt. Im Alter von 14 Jahren begann P. als Tanzlehrer zu arbeiten und nahm im Sommersemester 1673 ein Studium an der Universität Leipzig auf. In den Folgejahren avancierte P. zu einem gefragten akademischen Tanzmeister - in den Matrikeln der Universität Leipzig wird er als „civis academicus“ geführt. Im Juni 1687 heiratete P. Johanna Gertraudt Conrad, die Tochter eines Leipziger Buchhalters. Im Juni 1699 erwarb P. das Bürgerrecht der Stadt Leipzig für sich und seine Kinder. 1701 bis 1710 wird er als Maître de danse in den Adressbüchern der Stadt Leipzig geführt, neben Pantaleon Hebenstreit, Gottfried Taubert und Samuel Rudolph Behr, wobei er als Dienstältester die Liste der ca. zwölf Tanzmeister anführt. P. gehörte zu den ersten sächsischen Tanzmeistern, die den französischen Stil erlernt, unterrichtet, popularisiert und kultiviert hatten. Nach eigener Angabe nahm er mehrfach Unterricht beim Tanzmeister Ludwigs XIV., Pierre Beauchamp (Beauchamps). Anton Albrecht Borckmann, später Tanzmeister am Hof in Zerbst, bezeichnete P. in der Vorrede zu dessen „Wahrer Tanz-Kunst“ als „Teutschen Beauchamps“. Möglicherweise war es auch P., der Taubert dazu animierte, die Choreografien von Beauchamps, die Raoul-Auger Feuillet 1700 in Frankreich hatte publizieren lassen, in einem praxisnahen deutschen Band herauszugeben. – Erfolgreich und gleichzeitig umstritten verteidigte P. seine Kollegen sowie den Berufsstand des Tanzmeisters in sachorientierten Debatten gegenüber Tanzgegnern. So nahm er schriftlich Bezug auf Johann Christian Langes im Zuge seiner Vorlesungen über Moral und Logik erarbeitetes Pamphlet „Vernunftmäßiges, bescheidenes und unpartheyisches Bedenken über die [...] Streitigkeit vom Tanzen“ 1704. In diesem Zusammenhang entstand um 1707 P.s „Beschreibung wahrer Tanz-Kunst“, die einen hohen apologetischen Charakter aufweist. P. bezeichnet darin die Philosophie und Mathematik als grundlegende Wissenschaften der Tanzkunst, unterstreicht die erzieherische Wirkung der Leibesübungen und Exerzitien und betont die ausschließlich akademische Ausrichtung der akkreditierten Tanzmeister. – P., der in den späten Lebensjahren mit seiner Familie in einer Wohnung auf dem Leipziger Heumarkt 14 wohnte, verstarb am 9.3.1710. Sein neunjähriger Sohn Johann Christian trat in väterliche Fußstapfen und ließ sich als Tanzlehrer nieder. Er unterhielt einen eigenen Tanzboden am Markt an der Waage in Leipzig. Ein weiterer Schüler von P. war der Tanzmeister Borckmann. Lehranregungen, tanzpraktische Erfahrungen und Exerzitien werden auch P.s Kollegen eingeholt haben, etwa Taubert oder Hebenstreit. Ersterer betonte 1717, sieben Jahre nach P.s Tod, dass die Stadt Leipzig ihm „wegen der Civilité und galanten Conduite viel zu verdancken“ habe (Taubert, Rechtschaffender Tanzmeister, S. 1036). 1926 bezeichnete Arnold Schering P. als „Vater der galanten Leipziger Tanzkunst“ (Schering, Musikgeschichte Leipzig, S. 409). 50 Jahre später nahm sich Kurt Petermann dessen Biografie an. Petermanns Archivstudien zu P. und der Leipziger Tanzkultur gelten heute als Grundlage der sächsischen Tanzforschung und darüber hinaus.

Quellen Universitätsbibliothek Leipzig, NL 399 Nachlass Kurt Petermann; Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Nachlass Johann Georg Pasch; Louis Bonin, Die Neueste Art zur Galanten und theatralischen Tanz-Kunst, Frankfurt/Main/Leipzig 1712; Gottfried Taubert, Rechtschaffener Tantzmeister oder gründliche Erklärung der frantzösischen Tantz-Kunst, Leipzig 1717; Die jüngere Matrikel der Universität Leipzig 1559-1809, hrsg. von Georg Erler, Bd. II, Leipzig, 1909, S. 324.

Werke Beschreibung wahrer Tanz-Kunst Nebst einigen Anmerckungen über Herrn J. C. L. P. zu G. Bedencken gegen das Tantzen, und zwar, wo es als eine Kunst erkennet wird. Worinnen er zu behaupten vermeynet, dass das Tantzen, wo es am besten ist, nicht natürlich, nicht vernünfftig, nicht nützlich, sondern verdammlich und unzulässig sey, mit angeführtem Text des Herrn Gegners, Frankfurt/Main 1707 (ND Leipzig 1978).

Literatur Arnold Schering, Musikgeschichte Leipzig, Bd. 2, Leipzig 1926; Kurt Petermann, Nachwort, in: Johann P., Beschreibung wahrer Tanz-Kunst …, ND Leipzig 1978; Stephanie Schroedter, Vom „Affect“ zur „Action“. Quellenstudien zur Poetik der Tanzkunst vom späten Ballet de Cour bis zum frühen Ballet en Action, Würzburg 2004; Tilden Russell, Theory and Practice in Eighteenth-Century Dance. The German-French Connection, Newark 2018.

Uta Dorothea Sauer
9.9.2022


Empfohlene Zitierweise:
Uta Dorothea Sauer, Artikel: Johann Pasch,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/28841 [Zugriff 2.11.2024].

Johann Pasch



Quellen Universitätsbibliothek Leipzig, NL 399 Nachlass Kurt Petermann; Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Nachlass Johann Georg Pasch; Louis Bonin, Die Neueste Art zur Galanten und theatralischen Tanz-Kunst, Frankfurt/Main/Leipzig 1712; Gottfried Taubert, Rechtschaffener Tantzmeister oder gründliche Erklärung der frantzösischen Tantz-Kunst, Leipzig 1717; Die jüngere Matrikel der Universität Leipzig 1559-1809, hrsg. von Georg Erler, Bd. II, Leipzig, 1909, S. 324.

Werke Beschreibung wahrer Tanz-Kunst Nebst einigen Anmerckungen über Herrn J. C. L. P. zu G. Bedencken gegen das Tantzen, und zwar, wo es als eine Kunst erkennet wird. Worinnen er zu behaupten vermeynet, dass das Tantzen, wo es am besten ist, nicht natürlich, nicht vernünfftig, nicht nützlich, sondern verdammlich und unzulässig sey, mit angeführtem Text des Herrn Gegners, Frankfurt/Main 1707 (ND Leipzig 1978).

Literatur Arnold Schering, Musikgeschichte Leipzig, Bd. 2, Leipzig 1926; Kurt Petermann, Nachwort, in: Johann P., Beschreibung wahrer Tanz-Kunst …, ND Leipzig 1978; Stephanie Schroedter, Vom „Affect“ zur „Action“. Quellenstudien zur Poetik der Tanzkunst vom späten Ballet de Cour bis zum frühen Ballet en Action, Würzburg 2004; Tilden Russell, Theory and Practice in Eighteenth-Century Dance. The German-French Connection, Newark 2018.

Uta Dorothea Sauer
9.9.2022


Empfohlene Zitierweise:
Uta Dorothea Sauer, Artikel: Johann Pasch,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/28841 [Zugriff 2.11.2024].