Johann Heinrich Seidel
S. gilt als „Vater des Dresdner Gartenbaus“. Die von ihm begründete Gärtnerdynastie übte auf diesem Gebiet bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts einen großen Einfluss aus. – Durch seinen Vater, zuerst Gärtner des im Familienbesitz befindlichen Augustusbads in Radeberg und ab 1751 Wirt und Blumenhändler in Dresden, war S. seit frühester Kindheit mit den Gartenkünsten vertraut. 1761 bis 1764 ging er bei
Johann Jeremias Unger, kurfürstlicher Lust- und Kunstgärtner im Großen Garten, in die Lehre und begab sich 1764 auf eine siebenjährige Gesellenreise. Nach kurzen Besuchen in verschiedenen Städten, so in Weimar, Schwetzingen, Wien, Hannover, Köln und Brüssel, arbeitete er längere Zeit in den Gärten von Het Loo (Niederlande), Chiswick und Kew bei London sowie im Jardin des Plantes in Paris. Zurück in Dresden wurde S. 1771 Adjunkt im kurfürstlichen Orangengarten (Herzogingarten) und heiratete 1773
Johanna Eleonora, die Tochter des Rats-, Mälz- und Braumeisters
Gottfried Fleischer. 1779 wurde S. zum kurfürstlichen Hofgärtner des einst berühmten, doch sich damals in schlechtem Zustand befindlichen Herzogingartens ernannt. S. nutzte seine im Ausland erworbenen Kenntnisse und Kontakte zum Aufbau einer großen Pflanzensammlung und betätigte sich nebenbei als erfolgreicher Pflanzenhändler. Dank der Verbindung von gärtnerischem Können, privater Sammelleidenschaft und europaweiten Kontakten gelang es S., den Herzogingarten binnen kürzester Zeit über die Grenzen Sachsens hinaus bekannt zu machen. Seine Pflanzenbestände publizierte S. in mehreren, immer wieder aktualisierten Katalogen (1794, 1799, 1806). Das Verzeichnis von 1806 nennt 4.300 Arten; damit gehörte S.s Sammlung zu den größeren in Deutschland. Gefördert und unterstützt wurde S. ab 1790 vermutlich vom kurfürstlichen Hausmarschall Joseph Friedrich Freiherr von Racknitz, wie S. Mitglied der 1763 gegründeten Ökonomischen Gesellschaft zu Leipzig. Racknitz stellte wohl auch den ersten Kontakt zu
Johann Wolfgang von Goethe her, der S. 1794, 1810 und 1813 in Dresden besuchte und mit ihm über seine „Metamorphose der Pflanzen“ diskutierte. Ein Sammlungsschwerpunkt von S. waren Ericaceen, die den Grundstock für die später berühmten Dresdner Moorbeetkulturen bildeten. Vier seiner Söhne wurden ebenfalls Gärtner, zwei Töchter heirateten Hofgärtner. Während
Carl August 1815 S.s Nachfolge als Hofgärtner im Herzogingarten antrat, erlangten
Traugott Leberecht und
Friedrich Jakob sowie deren Kinder als Pflanzenzüchter und -händler v.a. für Kamelien und Rhododendren internationale Bekanntheit.
Quellen Seidelarchiv Grüngräbchen.
Werke Synonymisches Verzeichnis aller im Churfürstl. Orangengarten zu Dresden befindlichen Gewächse, Dresden 1799; Synonymisches Verzeichnis aller warmen und kalten Haus-Pflanzen, welche sich im Königl. Orangengarten zu Dresden befinden, Dresden 1811.
Literatur K. W. Dassdorf, Beschreibung der vorzüglichsten Merkwürdigkeiten der Churfürstlichen Residenzstadt Dresden und einiger umliegender Gegenden, Bd. 2, Dresden 1782, S. 697; D. I. Merkel, Erdbeschreibung von Kursachsen und den jetzt dazu gehörenden Ländern, Bd. 4, Dresden/Leipzig 1805, S. 201f.; T. J. R. Seidel, Johann Heinrich S. und seine Pflanzen, in: Sitzungsberichte und Abhandlungen der Königl. Sächs. Gesellschaft für Botanik und Gartenbau „Flora“ zu Dresden 7/1902/1903, S. 51-69; G. Balzer, Gestalten aus Goethes Gärtnerbekanntschaften, in: Goethe-Jahrbuch 14/15/1953, S. 312-333; R. Puppe, Carl August Seidel, in: C. A. Seidel, Ausführliche Anweisung zur richtigen Pflege und Behandlung großer Orangerien, Dresden 1842 (ND 2004), S. 11-16; ders., „… fand weit und breit seinesgleichen nicht“, in: Jahrbuch der Staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen 12/2004, S. 20-31; S. Melzer, Hortus Regius Pillnitziensis, in: N. Robin (Hg.), Designing Botanical Gardens, Special Issue, Bd. 28, Nr. 3-4, London 2008, S. 351-365.
Porträt Johann Heinrich S., Seidelarchiv Grüngräbchen (in: M. Haikal, Das Geheimnis der Kamelie, Dresden 2008, S. 35) (Bildquelle).
Felix Pietschmann
2.5.2011
Empfohlene Zitierweise:
Felix Pietschmann, Artikel: Johann Heinrich Seidel,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25547 [Zugriff 1.11.2024].
Johann Heinrich Seidel
Quellen Seidelarchiv Grüngräbchen.
Werke Synonymisches Verzeichnis aller im Churfürstl. Orangengarten zu Dresden befindlichen Gewächse, Dresden 1799; Synonymisches Verzeichnis aller warmen und kalten Haus-Pflanzen, welche sich im Königl. Orangengarten zu Dresden befinden, Dresden 1811.
Literatur K. W. Dassdorf, Beschreibung der vorzüglichsten Merkwürdigkeiten der Churfürstlichen Residenzstadt Dresden und einiger umliegender Gegenden, Bd. 2, Dresden 1782, S. 697; D. I. Merkel, Erdbeschreibung von Kursachsen und den jetzt dazu gehörenden Ländern, Bd. 4, Dresden/Leipzig 1805, S. 201f.; T. J. R. Seidel, Johann Heinrich S. und seine Pflanzen, in: Sitzungsberichte und Abhandlungen der Königl. Sächs. Gesellschaft für Botanik und Gartenbau „Flora“ zu Dresden 7/1902/1903, S. 51-69; G. Balzer, Gestalten aus Goethes Gärtnerbekanntschaften, in: Goethe-Jahrbuch 14/15/1953, S. 312-333; R. Puppe, Carl August Seidel, in: C. A. Seidel, Ausführliche Anweisung zur richtigen Pflege und Behandlung großer Orangerien, Dresden 1842 (ND 2004), S. 11-16; ders., „… fand weit und breit seinesgleichen nicht“, in: Jahrbuch der Staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen 12/2004, S. 20-31; S. Melzer, Hortus Regius Pillnitziensis, in: N. Robin (Hg.), Designing Botanical Gardens, Special Issue, Bd. 28, Nr. 3-4, London 2008, S. 351-365.
Porträt Johann Heinrich S., Seidelarchiv Grüngräbchen (in: M. Haikal, Das Geheimnis der Kamelie, Dresden 2008, S. 35) (Bildquelle).
Felix Pietschmann
2.5.2011
Empfohlene Zitierweise:
Felix Pietschmann, Artikel: Johann Heinrich Seidel,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25547 [Zugriff 1.11.2024].