Johann Friedrich Weygand

W. zählte zu den führenden Verlegern des Leipziger Buchhandels in der zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts und verkörperte einen an Gewinnmaximierung orientieren neuen Verlegertypus. Als Verleger vieler Hauptwerke des „Sturm und Drangs“ sowie des „Göttinger Hainbunds“ förderte er - mehr aus Profitstreben denn aus genuin literarischem Interesse heraus - die deutschsprachige literarische Avantgarde. – Im Alter von 20 Jahren übernahm W. den 1725 in Helmstedt begründeten väterlichen Verlag und verlegte diesen drei Jahre später nach Leipzig. Gegen die starke Konkurrenz in der Buch- und Messestadt gelang es W., das Geschäft zu einer florierenden Firma auszubauen, die in den 1780er-Jahren mit ihren Produktionszahlen alle Leipziger und damit wohl auch alle deutschen Verlage überflügelte. Diesen Erfolg verdankte W. sowohl seinem Gespür für erfolgversprechende Autoren und die literarische Avantgarde als auch seinem unerbittlichen Geschäftsgebaren. Er verlegte bedeutende Dramatiker des „Sturm und Drang“, wie Johann Wolfgang Goethe, Jakob Michael Reinhold Lenz oder Friedrich Maximilian Klinger, und förderte die jungen Talente des „Göttinger Hain“. Darunter bescherten ihm Goethes „Werther“ und Johann Martin Millers „Siegwart“ ‚Bestseller‘. Zu W.s Autoren zählten außerdem Johann Gottfried Herder, Joachim Heinrich Campe und Johann Heinrich Jung-Stilling. Einen großen Raum seines Verlagsprogramms nahmen Übersetzungen ein, die bis zu zwei Drittel seiner Messeneuerscheinungen ausmachen konnten. Darunter waren Werke von James Beattie, David Hume, Samuel Johnson, Joseph Priestley und Edward Gibbon. Neben den großen Namen veröffentlichte W. in der Masse ephemere Schriften und populäre Lesestoffe, wie die historischen Romane Benedikte Nauberts. Die Förderung literarisch relevanter Autoren ordnete er stets dem finanziellen Erfolg unter. Verhandlungen mit Friedrich Schiller um „Kabale und Liebe“ etwa scheiterten schon im Vorfeld an der Honorarfrage. Auch seine bereits etablierten Autoren verärgerte W. durch niedrige Honorarzahlungen und schlechten platzsparenden Druck. Unter den viel gescholtenen Verlegern des 18. Jahrhunderts gehörte W. zu den meist geschmähten. Für Ludwig Christoph Heinrich Hölty und Gottfried August Bürger war er ein „unleidlicher Patron“ (Hölty) und „rechter Filz“ (Briefe von und an G. A. Bürger). Johann Heinrich Voß galt er gar als „Esel aller Esel“ (Briefe von und an G. A. Bürger). W. versäumte so zwar bedeutende Autoren dauerhaft an seinen Verlag zu binden, repräsentierte in seinem Bestreben nach Gewinnmaximierung aber wie kaum ein Zweiter einen neuen Verlegertyp, der mit den veränderten Bedingungen des Buchmarkts nach dem Übergang vom Tausch- zum Nettohandel im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts in Erscheinung trat. Er setzte markt- und umsatzorientiertes Denken an die Stelle des alten Berufsethos und orientierte sich in erster Linie an den Bedürfnissen eines wachsenden Lesepublikums.

Quellen Briefe von und an Gottfried August Bürger, hrsg. von A. Strodtmann, 4 Bde., Berlin 1874; L. C. H. Hölty, Sämtliche Werke, hrsg. von W. Michael, 2 Bde., Weimar 1914-1918; F. Schiller, Briefe, Bd. 1: 1772-1795, hrsg. von G. Kurscheidt, Frankfurt/Main 2002.

Literatur A. Kirchhoff, Friedrich W.s in Leipzig Plan einer Ausspielung seiner Handlung 1800-1802, in: Archiv für Geschichte des Deutschen Buchhandels 18/1896, S. 220-231; W. Eule, Helmstedter Universitäts-Buchdrucker, Helmstedt 1921; H. Koch, Johann Friedrich W., in: Archiv für Geschichte des Buchwesens 9/1969, Sp. 434-447 (P); R. Wittmann, Der Verleger J. F. W. in Briefen des Göttinger Hains, in: ebd. 10/1970, Sp. 319-344; ders., Zur Verlegertypologie der Goethezeit, in: Jahrbuch für Internationale Germanistik 8/1976, H. 1, S. 99-130.

Jennifer Willenberg
24.7.2006


Empfohlene Zitierweise:
Jennifer Willenberg, Artikel: Johann Friedrich Weygand,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/24196 [Zugriff 13.5.2024].

Johann Friedrich Weygand



Quellen Briefe von und an Gottfried August Bürger, hrsg. von A. Strodtmann, 4 Bde., Berlin 1874; L. C. H. Hölty, Sämtliche Werke, hrsg. von W. Michael, 2 Bde., Weimar 1914-1918; F. Schiller, Briefe, Bd. 1: 1772-1795, hrsg. von G. Kurscheidt, Frankfurt/Main 2002.

Literatur A. Kirchhoff, Friedrich W.s in Leipzig Plan einer Ausspielung seiner Handlung 1800-1802, in: Archiv für Geschichte des Deutschen Buchhandels 18/1896, S. 220-231; W. Eule, Helmstedter Universitäts-Buchdrucker, Helmstedt 1921; H. Koch, Johann Friedrich W., in: Archiv für Geschichte des Buchwesens 9/1969, Sp. 434-447 (P); R. Wittmann, Der Verleger J. F. W. in Briefen des Göttinger Hains, in: ebd. 10/1970, Sp. 319-344; ders., Zur Verlegertypologie der Goethezeit, in: Jahrbuch für Internationale Germanistik 8/1976, H. 1, S. 99-130.

Jennifer Willenberg
24.7.2006


Empfohlene Zitierweise:
Jennifer Willenberg, Artikel: Johann Friedrich Weygand,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/24196 [Zugriff 13.5.2024].