Hugo Neubauer
N. gilt als Begründer der modernen Bodenuntersuchung. Die von ihm zu Beginn der 1920er-Jahre entwickelte „Keimpflanzenmethode“ machte aufwendige Feldversuche zur Bestimmung des Nährstoffhaushalts der Ackerböden überflüssig. 1924 wurde er zum Direktor der Landwirtschaftlichen Versuchsanstalt Dresden berufen, die sich unter seiner Leitung zur bedeutendsten deutschen Forschungsstätte für Pflanzenernährung entwickelte. – N. besuchte das Realgymnasium in Chemnitz. Nach dem Abitur wandte er sich dem Studium der Chemie an der Technischen Hochschule Dresden zu, das er aufgrund einer schweren Erkrankung jedoch 1890 abbrechen musste. Er fand daraufhin eine Anstellung an der Landwirtschaftlichen Versuchsstation Pommritz bei Bautzen, wo er auch seine spätere Frau kennenlernte. Nach seiner Genesung legte N. 1892 die Diplomprüfung in Dresden ab und wurde im darauffolgenden Jahr mit einer Arbeit über die Zuverlässigkeit der Phosphorsäurebestimmung aus Magnesiumpyrophosphat an der Universität Rostock zum Dr. phil. promoviert. Er wechselte anschließend nach Breslau (poln. Wrocław), wo er verschiedene Assistentenstellen bekleidete, ehe er 1897 zum Abteilungsvorstand an der dortigen Landwirtschaftlichen Versuchsstation avancierte. Sein wissenschaftliches Interesse galt dabei weiterhin den Bestimmungsmethoden für Phosphorsäure und Kalium in Pflanzenteilen und Bodenproben. 1905 folgte N. einem Ruf des Landwirtschaftlichen Vereins für Rheinpreußen und übernahm die Leitung der Versuchsstation Bonn. Zugleich wurde er mit der Vertretung der Agrikulturchemie an der Landwirtschaftlichen Hochschule Bonn-Poppelsdorf betraut. Sein Arbeitsschwerpunkt verlagerte sich nun zunehmend auf Fragen der Tierernährung. Bekanntheit erlangte er u.a. durch die Herausgabe der „Futterpreistafeln“, welche den praktischen Landwirten die Einschätzung der Preiswürdigkeit von Handelsfuttermitteln erleichtern sollten. Die Nachfolge Oskar Kellners an der Versuchsanstalt Leipzig-Möckern schlug er 1912 aus, nachdem ihm der Landwirtschaftliche Verein für Rheinpreußen die Errichtung eines Forschungsinstituts für Tierernährung in Aussicht gestellt hatte. Infolge der wirtschaftlichen Probleme der Nachkriegszeit musste das Projekt jedoch aufgegeben werden, sodass N. sich wieder vermehrt der Pflanzenernährung zuwandte. Gemeinsam mit seinem Assistenten
Wilhelm Schneider entwickelte er zu Beginn der 1920er-Jahre die „Keimpflanzenmethode“, mit der sich erstmals verlässliche Aussagen über den Phosphorsäure- und Kaliumhaushalt der Böden unter Berücksichtigung der komplexen Mechanismen der pflanzlichen Nährstoffaneignung treffen ließen. Dabei wurden auf den zu untersuchenden Bodenproben Roggen-Keimpflanzen angezüchtet und diese anschließend auf ihre chemische Zusammensetzung untersucht. Aufwendige Feldversuche erübrigten sich hierdurch. 1924 trat N. die Nachfolge Bruno Steglichs als Direktor der Landwirtschaftlichen Versuchsanstalt Dresden an, die er in den folgenden Jahren zu einer bodenkundlichen Forschungsstätte von Weltruf ausbaute. Bis zu seiner Pensionierung Ende 1934 brachte er die Keimpflanzenmethode zur Praxisreife, sodass diese 1936 vom Verband der landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Versuchsanstalten im Deutschen Reich als Standardmethode anerkannt wurde und sich auch international durchsetzen konnte. Für seine Verdienste um die Agrikulturchemie erhielt N. 1935 die Ehrendoktorwürde der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin und wurde 1938 mit dem Adlerschild des Deutschen Reichs ausgezeichnet. Auch nach seiner Pensionierung setzte er die Arbeit an der Keimpflanzenmethode fort, doch wurde beim Luftangriff auf Dresden am 13./14.2.1945 sein Privatlaboratorium an der Landwirtschaftlichen Versuchsanstalt zerstört und ein Großteil seines wissenschaftlichen Nachlasses vernichtet. N. verstarb im November 1945 an den Folgen eines Straßenbahnunfalls.
Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 11168 Ministerium für Wirtschaft, Landwirtschaftliche Versuchsanstalt Dresden.
Werke Das landwirtschaftliche Versuchs- und Kontrollwesen in Deutschland, Berlin 1911; Die Futterpreistafel. Einfaches Verfahren der Aufstellung preiswürdiger Futterrationen auf der Kellnerschen Grundlage zum Gebrauch der von Neubauer angegebenen Hilfsmittel, Futterpreistafel und Rechenschieber, Berlin 1914, ²1927; Ergebnisse der Bodenuntersuchung nach Neubauer und ihre praktische Anwendung, Dresden 1930; Die Keimpflanzenmethode. Ein physiologisch-chemisches Verfahren zur Bestimmung der den Pflanzen zugänglichen Bodennährstoffe Kalium und Phosphor, Berlin 1939; Zwanzig Jahre Keimpflanzenmethode, Dresden 1944.
Literatur Hugo N. zur Vollendung des 70. Lebensjahres (mit Bibliographie), Berlin 1938; F. Kertscher, Hugo N. - Mensch und Werk, in: Zeitschrift für das landwirtschaftliche Versuchs- und Untersuchungswesen 1/1955, S. 483-489; ders., Zum zehnjährigen Todestag von Hugo N., in: Die deutsche Landwirtschaft 7/1956, S. 152-154. – DBA II, III; NDB 19, S. 96.
Christian Augustin
3.4.2013
Empfohlene Zitierweise:
Christian Augustin, Artikel: Hugo Neubauer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/26490 [Zugriff 23.12.2024].
Hugo Neubauer
Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 11168 Ministerium für Wirtschaft, Landwirtschaftliche Versuchsanstalt Dresden.
Werke Das landwirtschaftliche Versuchs- und Kontrollwesen in Deutschland, Berlin 1911; Die Futterpreistafel. Einfaches Verfahren der Aufstellung preiswürdiger Futterrationen auf der Kellnerschen Grundlage zum Gebrauch der von Neubauer angegebenen Hilfsmittel, Futterpreistafel und Rechenschieber, Berlin 1914, ²1927; Ergebnisse der Bodenuntersuchung nach Neubauer und ihre praktische Anwendung, Dresden 1930; Die Keimpflanzenmethode. Ein physiologisch-chemisches Verfahren zur Bestimmung der den Pflanzen zugänglichen Bodennährstoffe Kalium und Phosphor, Berlin 1939; Zwanzig Jahre Keimpflanzenmethode, Dresden 1944.
Literatur Hugo N. zur Vollendung des 70. Lebensjahres (mit Bibliographie), Berlin 1938; F. Kertscher, Hugo N. - Mensch und Werk, in: Zeitschrift für das landwirtschaftliche Versuchs- und Untersuchungswesen 1/1955, S. 483-489; ders., Zum zehnjährigen Todestag von Hugo N., in: Die deutsche Landwirtschaft 7/1956, S. 152-154. – DBA II, III; NDB 19, S. 96.
Christian Augustin
3.4.2013
Empfohlene Zitierweise:
Christian Augustin, Artikel: Hugo Neubauer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/26490 [Zugriff 23.12.2024].