Heinrich Thein
T., einer der ausdrucksstärksten deutschen Kleinplastiker des 20. Jahrhunderts, wurde als voreheliches Kind in materiell sehr ärmliche Verhältnisse geboren. Er erlernte in der Ofenfabrik
Georg Bankel in Lauf/Pegnitz den Beruf des Töpfers; anderen Quellen zufolge den des Modelleurs. Im Anschluss besuchte er die Kunstgewerbeschule in München. Zusammen mit seinem Vater gründete T. 1913 in Nürnberg eine Kunsttöpferei. Ab 1915 wohnte er in Gunzenhausen, leistete 1916/17 Militärdienst und war dort 1919/20 als SPD-Kandidat in verschiedenen politischen Funktionen - u.a. als dritter Bürgermeister von Gunzenhausen - tätig. Im März 1920 trat er von seinem Bürgermeisteramt zurück und zog nach Hofheim. – 1925 wurde T. als künstlerischer Leiter der Sächsischen Ofen- und Wandplatten-Werke nach Meißen berufen. Hier hatte er die Verantwortung für die Modellabteilung und wirkte als Lehrer an der Werksschule. Aus dieser Schaffensperiode sind vor allem Kleinplastiken - z.T. sogar signiert - aus seiner Hand bekannt, während seine Gestaltungen von Öfen und Baukeramik weitgehend anonym blieben. Am 1.5.1933
trat T. in die NSDAP ein, doch während in seinem Schaffen 1933 zwei Kleinplastiken „Hitlerjugend“ und eine Hitler-Plastik
nachweisbar sind, weist seine Mitgliedskarte über seinen frühen
Eintritt hinaus keine Einträge auf wie Funktionen oder das Abonnement
einer Parteizeitung. Stilistisch und formell hatte T.s Kunst nichts
mit der offiziell geförderten, monumental-gefühllosen NS-Kunst
gemein. – T.s bekanntestes Werk in Meißen ist der Benno-Altar, den er 1934 für die katholische Pfarrkirche St. Benno Meißen zu Ehren des Heiligen Jahrs 1933/34 unentgeltlich schuf. Dieser Seitenaltar wurde 1958/59 wieder abgebrochen und lediglich die Figur des hl. Bischofs Benno ist erhalten. In der Pfarrkirche St. Benno Meißen finden sich von T. ebenfalls aus baukeramischen Massen Figuren der
Muttergottes sowie des hl. Bruders
Konrad von Parzham. – 1945 wechselte T. als künstlerischer Leiter zur Staatlichen Porzellanmanufaktur Meißen, wo er mehrere Porzellan-Kleinplastiken schuf und ebenfalls für die Berufsausbildung verantwortlich war. Als freischaffender Künstler fertigte er, der sich bisher ausschließlich der Kleinplastik zugewendet hatte, 1946 das Modell der Großplastik „Aufbau“, ein Denkmal für den Wiederaufbau der Meißner Elbbrücke, die 1945/46 als erste der in den letzten Kriegsjahren zerstörten Großbrücken in der SBZ wiedererrichtet wurde. Dieses mit Farbe präparierte Gipsmodell war seit der Einweihungsfeier bis ca. 1949 am Brückenkopf Wind und Wetter ausgesetzt und sollte danach in einer der Bildhauerwerkstätten in Riesensteingranit ausgeführt werden, geriet aber wegen Geldmangels in Vergessenheit und verfiel. – T. ging am 1.5.1949 als künstlerischer Leiter der Ofenfabrik
Rohna nach Nienburg/Weser. Ab 1951 wohnte T. in Haßfurt, wo er bis zu seinem Lebensende als freischaffender Künstler tätig war. Auch dort erfuhr er große Anerkennung und schuf Plastiken für den öffentlichen Raum, wie den Brunnen im Rosengarten. Um 1960 gestaltete er die Hauskapelle im Salesianum neu. Seit 1980 trägt in Haßfurt die Staatliche Berufsfachschule seinen Namen.
Quellen Stadtarchiv Nürnberg, Standesamt Höfen; Stadtmuseum Meißen, Künstlerverzeichnis (P); Bundesarchiv Berlin, Mitgliederkartei der NSDAP Gau Sachsen; Auskunft Helmut Reibig, Meißen, Volker Rohner, Nienburg.
Werke Pfarrkirche St. Benno Meißen, Keramische Figuren; Salesianum Haßfurt, Hauskapelle, um 1960; Stadtpark Rosengarten Haßfurt, Brunnen; Alter Friedhof an der Ritterkapelle, Haßfurt, fünf Grabdenkmäler, zwischen ca. 1953 und ca. 1969.
Literatur S. Förster/K. Harder, C+M+B 1887-2012. 125 Jahre Pfarrkirche St. Benno Meißen, Nieschütz 2012. – DBA II; Vollmer, Bd. 4, Leipzig 1999, S. 432f.
Porträt Heinrich T., 1960, Fotografie, Stadtmuseum Meißen (Bildquelle).
Steffen Förster
4.12.2017
Empfohlene Zitierweise:
Steffen Förster, Artikel: Heinrich Thein,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/23658 [Zugriff 4.11.2024].
Heinrich Thein
Quellen Stadtarchiv Nürnberg, Standesamt Höfen; Stadtmuseum Meißen, Künstlerverzeichnis (P); Bundesarchiv Berlin, Mitgliederkartei der NSDAP Gau Sachsen; Auskunft Helmut Reibig, Meißen, Volker Rohner, Nienburg.
Werke Pfarrkirche St. Benno Meißen, Keramische Figuren; Salesianum Haßfurt, Hauskapelle, um 1960; Stadtpark Rosengarten Haßfurt, Brunnen; Alter Friedhof an der Ritterkapelle, Haßfurt, fünf Grabdenkmäler, zwischen ca. 1953 und ca. 1969.
Literatur S. Förster/K. Harder, C+M+B 1887-2012. 125 Jahre Pfarrkirche St. Benno Meißen, Nieschütz 2012. – DBA II; Vollmer, Bd. 4, Leipzig 1999, S. 432f.
Porträt Heinrich T., 1960, Fotografie, Stadtmuseum Meißen (Bildquelle).
Steffen Förster
4.12.2017
Empfohlene Zitierweise:
Steffen Förster, Artikel: Heinrich Thein,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/23658 [Zugriff 4.11.2024].