Hans Moritz von Brühl
B.s Wirken in Sachsen ist eng mit dem Rittergut Seifersdorf bei Dresden und seinem angrenzenden Tal verbunden, das durch seine und die Initiative seiner Frau zu einem beliebten Ausflugsziel und Anziehungspunkt von Gartenliebhabern wurde. – Als jüngster Sohn des einflussreichen sächsischen Premierministers Heinrich Graf von Brühl hatte B. zunächst beste Aussichten auf eine standesgemäße Karriere. Seine Erziehung durch Hofmeister, Studien in Leipzig (1754/55) und Straßburg (um 1757) sowie eine rege Reisetätigkeit zu europäischen Höfen (Wien und Warschau 1761, Paris 1762, Paris und Warschau 1764) waren die Etappen einer der Herkunft gemäßen Bildung. Doch die politischen Entwicklungen in Sachsen nach dem Siebenjährigen Krieg und der Tod des Vaters beendeten alle Aussichten auf eine glänzende Karriere. Die jahrzehntelange Auseinandersetzung zwischen der kursächsischen Fiskalverwaltung und der Familie von Brühl um das Familienvermögen zwangen B., sich um eine besoldete Tätigkeit zu bemühen. Als Heranwachsender, noch vom Vater protegiert, war B. 1763 zum Oberstleutnant in der sächsischen Armee avanciert, ließ sich jedoch bis 1770 beurlauben. 1766 wechselte er in französische Dienste. Nach Ablauf der Beurlaubungsfrist entschied er sich für den Verbleib in der französischen Armee. Während seiner aktiven Zeit in französischen Diensten, in der er u.a. gegen das aufständische Korsika zum Einsatz kam, übersetzte B. militärische Schriften aus dem Französischen ins Deutsche und versah sie z.T. mit Kupferstichen, so die 1771 in Straßburg gedruckten drei Bände der Schriften zur Taktik von
Paul Gédéon Joly von Maizeroy. Genannt wird B. (neben anderen) auch als Illustrator der „Commentaires sur les Mémoires de Montecuculi“ (1769 und 1770). Die militärische Laufbahn verließ B. 1771 nach seiner Heirat mit Johanne Margarethe Christina Schleierweber. Er kehrte mit seiner Frau nach Sachsen zurück und lebte auf dem ihm zugesprochenen Gut Seifersdorf als Rittergutsbesitzer. Eine standesgemäße Lebensführung war auf Dauer ohne zusätzliches Einkommen nicht realisierbar, sodass sich B. jahrelang bemühte, eine besoldete Stelle zu erhalten. 1791 wurde er vom preußischen König
Friedrich Wilhelm II. zum Generalinspekteur der Chausseen in Preußen und Pommern ernannt und übte diese Funktion bis zu seinem Tod aus. – B. und seine Gattin verkörperten den Typus des aufgeklärt patriarchalischen Gutsherrenpaars, welches die Bewirtschaftung eines Ritterguts mit der Gartenliebhaberei, der Pflege eines Freundeskreises, der Literatur und Musik verband. B. stand zeitweilig dem Weimarer Fürstenhaus nahe und unterhielt Kontakte mit dem Goethe-Kreis in Weimar und Karlsbad (tschech. Karlovy Vary). Seine zeichnerischen Fähigkeiten setzte er bei der Ausschmückung verschiedener Gartenarchitekturen des Seifersdorfer Tals ein. Eines seiner Landschaftswerke wurde 1793 auf der Berliner Kunstausstellung gezeigt. Die Nähe zu spirituellen Praktiken und die Beschäftigung mit Esoterik führten B. zur Dresdner Freimaurerloge „Zu den drei goldenen Schwertern“, in die er 1772 aufgenommen wurde. Als Anhänger des Mesmerschen Magnetismus war er Mitglied der „Société Harmonique des Amis Réunis“ in Straßburg. Über die Methode Mesmers, der Erkrankte mittels Hypnose zu heilen oder ihre Leiden zu lindern versuchte, waren die Zeitgenossen geteilter Meinung. B. wandte diese Methode in seinem Bekanntenkreis an und machte sie in Berlin bekannt. Er korrespondierte darüber auch mit Friedrich von Schiller, der dafür Interesse bekundet hatte. B. wurde von Zeitgenossen als unterhaltsamer, humorvoller und umgänglicher Mensch geschildert, der jede Gesellschaft mit Scherzen amüsierte.
Quellen U. Naumann (Hg.), Schillers Werke, Bd. 34,1, Weimar 1991, S. 176f.; Die jüngere Matrikel der Universität Leipzig 1559-1809, hrsg. von G. Erler, Bd. 3, Leipzig 1909 (ND Nendeln 1976), S. 43; Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Handschriftenabteilung, Mscr. Dresd. App. 514, Brühl.
Werke G. LeBlond, Versuch über die Lagerkunst oder Anleitung ein Feldlager auszumessen und abzustecken, Colmar 1767, Straßburg 21770 (Übersetzung aus dem Französischen); Commentaires sur les Mémoires de Montecuculi, généralisme des armées et grand-maître de l’artillerie de l’empereur par Monsieur le comte Turpin de Crissé, Paris 1769, Amsterdam/Leipzig 21770 (Illustration); P. G. J. de Maizeroy, Theoretisch-praktische Einleitung in die Taktik durch historische Beyspiele erläutert, 3 Bde., Straßburg 1771-1772 (Übersetzung aus dem Französischen, teilweise Illustration); Vorwort, in: N. Bergasse, Herrn Bergasse Betrachtungen über den thierischen Magnetismum oder die Theorie der Welt und der organisirten Wesen nach denen Grundsätzen des Hrn. Mesmer, nebst des Hrn. Marquis von Chatellux … Gedanken über die Bewegung, Dresden 1790.
Literatur G. Karo/M. Geyer (Hg.), Vor hundert Jahren, Stuttgart 1883; F. A. Peuckert, Die ger. und vollk. St. Johannisloge zu den drei Schwertern und Asträa zur grünenden Raute im Orient Dresden 1738-1882, Leipzig 1883, S. 246, Nr. 333; H. v. Krosigk, Karl Graf von Brühl. General-Intendant der Königlichen Schauspiele, später Museen in Berlin und seine Eltern, Berlin 1910; A. v. Boroviczény, Graf von Brühl, Zürich/Leipzig/Wien [1930], S. 256 (P); J. Lauchner (Hg.), Carl Wilhelm Heinrich Lyncker. Ich diente am Weimarer Hof, Köln/Weimar 1997; C. Schatz, Aufklärung und Gartenkunst am Beispiel der Parkgestaltung des Seifersdorfer Tals durch die Familie von Brühl, Hamburg 2003 [MS]. – ADB 3, S. 417; DBA I; NDB 2, S. 662; C. J. G. Haymann, Dresdens theils neuerlich verstorbne theils ietzt lebende Schriftsteller und Künstler wissenschaftlich classificirt nebst einem dreyfachen Register, Dresden 1809, S. 321; G. K. Nagler, Neues allgemeines Künstler-Lexicon, Bd. 2, München 1835, S. 160; H. Börsch-Supan (Bearb.), Die Kataloge der Berliner Akademie-Ausstellungen 1786-1850, Bd. 1, Berlin 1971, Nr. 244 (1793); Thieme/Becker, Bd. 14, München/Leipzig 1996, S. 489.
Porträt Hans Moritz Christian Maximilian Clemens v. B., A. Graff, 1796, Ölgemälde, Staatliche Kunstsammlung Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister, Galerienummer 3408, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).
Christine Schatz
14.3.2007
Empfohlene Zitierweise:
Christine Schatz, Artikel: Hans Moritz von Brühl,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/24314 [Zugriff 2.11.2024].
Hans Moritz von Brühl
Quellen U. Naumann (Hg.), Schillers Werke, Bd. 34,1, Weimar 1991, S. 176f.; Die jüngere Matrikel der Universität Leipzig 1559-1809, hrsg. von G. Erler, Bd. 3, Leipzig 1909 (ND Nendeln 1976), S. 43; Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Handschriftenabteilung, Mscr. Dresd. App. 514, Brühl.
Werke G. LeBlond, Versuch über die Lagerkunst oder Anleitung ein Feldlager auszumessen und abzustecken, Colmar 1767, Straßburg 21770 (Übersetzung aus dem Französischen); Commentaires sur les Mémoires de Montecuculi, généralisme des armées et grand-maître de l’artillerie de l’empereur par Monsieur le comte Turpin de Crissé, Paris 1769, Amsterdam/Leipzig 21770 (Illustration); P. G. J. de Maizeroy, Theoretisch-praktische Einleitung in die Taktik durch historische Beyspiele erläutert, 3 Bde., Straßburg 1771-1772 (Übersetzung aus dem Französischen, teilweise Illustration); Vorwort, in: N. Bergasse, Herrn Bergasse Betrachtungen über den thierischen Magnetismum oder die Theorie der Welt und der organisirten Wesen nach denen Grundsätzen des Hrn. Mesmer, nebst des Hrn. Marquis von Chatellux … Gedanken über die Bewegung, Dresden 1790.
Literatur G. Karo/M. Geyer (Hg.), Vor hundert Jahren, Stuttgart 1883; F. A. Peuckert, Die ger. und vollk. St. Johannisloge zu den drei Schwertern und Asträa zur grünenden Raute im Orient Dresden 1738-1882, Leipzig 1883, S. 246, Nr. 333; H. v. Krosigk, Karl Graf von Brühl. General-Intendant der Königlichen Schauspiele, später Museen in Berlin und seine Eltern, Berlin 1910; A. v. Boroviczény, Graf von Brühl, Zürich/Leipzig/Wien [1930], S. 256 (P); J. Lauchner (Hg.), Carl Wilhelm Heinrich Lyncker. Ich diente am Weimarer Hof, Köln/Weimar 1997; C. Schatz, Aufklärung und Gartenkunst am Beispiel der Parkgestaltung des Seifersdorfer Tals durch die Familie von Brühl, Hamburg 2003 [MS]. – ADB 3, S. 417; DBA I; NDB 2, S. 662; C. J. G. Haymann, Dresdens theils neuerlich verstorbne theils ietzt lebende Schriftsteller und Künstler wissenschaftlich classificirt nebst einem dreyfachen Register, Dresden 1809, S. 321; G. K. Nagler, Neues allgemeines Künstler-Lexicon, Bd. 2, München 1835, S. 160; H. Börsch-Supan (Bearb.), Die Kataloge der Berliner Akademie-Ausstellungen 1786-1850, Bd. 1, Berlin 1971, Nr. 244 (1793); Thieme/Becker, Bd. 14, München/Leipzig 1996, S. 489.
Porträt Hans Moritz Christian Maximilian Clemens v. B., A. Graff, 1796, Ölgemälde, Staatliche Kunstsammlung Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister, Galerienummer 3408, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).
Christine Schatz
14.3.2007
Empfohlene Zitierweise:
Christine Schatz, Artikel: Hans Moritz von Brühl,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/24314 [Zugriff 2.11.2024].