Gustav Pauli
P. stammte aus einer alten hanseatischen, wohlhabenden und kunstinteressierten Familie. Bereits während seiner Schulzeit in Bremen wurde u.a. durch die Eltern sein Interesse an der Malerei und der italienischen Kunst geweckt. Er erhielt so beispielsweise von dem Dresdner
Bernhard Reinhold Unterricht im Aquarellieren. Nach dem 1885 bestandenen Abitur ließ sich P. im Oktober 1885 an der Universität in Straßburg (frz. Strasbourg) immatrikulieren. 1886 wechselte er an die Universität Leipzig und lernte dort
Harry Graf Kessler kennen. P. führte mehrere Studienreisen durch das europäische Ausland (u.a. nach Italien und Belgien) durch. 1888 ging er an die Universität Basel (Schweiz), um Vorlesungen bei dem Kulturhistoriker
Jacob Burckhardt zu hören. Im Dezember 1889 wurde P. von der Universität Leipzig zum Dr. phil. promoviert. Anschließend absolvierte er eine längere Italienreise, bis ihm 1890 angeboten wurde, als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Kupferstich-Kabinett in Dresden zu arbeiten. Seinen im Herbst desselben Jahrs angetretenen Militärdienst musste er aus gesundheitlichen Gründen bereits im Juni 1891 abbrechen. Nach mehreren Sanatoriumsaufenthalten kehrte P. 1894 nach Dresden zurück, wo er die Stelle des Bibliothekars der Kunstakademie erhielt. Er lernte als solcher zahlreiche Künstler und Professoren kennen, mit denen er z.T. auch privat verkehrte. P. ordnete die Bibliothek komplett neu und erstellte einen Zettelkatalog. 1896 übernahm er die Leitungen der großen prinzlichen Kupferstichsammlung, der Sekundogeniturbibliothek und der Privatbibliothek des Königs Albert von Sachsen. 1899 wurde er Direktor der neu organisierten Kunsthalle seiner Vaterstadt Bremen. Für diese kaufte er v.a. zeitgenössische Kunst wie Gemälde von Paula Modersohn-Becker,
Lovis Corinth,
Max Liebermann,
Max Slevogt,
Hans Thoma und
Wilhelm Leibl an und organisierte entsprechende Ausstellungen. Neben Malerei und Grafik beschäftigte er sich im Rahmen seiner Museumsarbeit besonders mit dem aufblühenden Kunstgewerbe. Für die Gemäldegalerie erwarb er als Schwerpunkt Werke der niedersächsischen Malerei. Zu einer kontroversen Diskussion in ganz Deutschland sorgte 1911 der Kauf des Gemäldes „Mohnfeld“ von
Vincent van Gogh, der in mehreren Gerichtsprozessen mündete. Neben seiner Tätigkeit an der Kunsthalle betreute P. 1908 bis 1912 das Jahrbuch der bremischen Sammlungen. P. stand, was für seine Arbeit unerlässlich war, weiterhin mit vielen Künstlern seiner Zeit in Kontakt. Neben
Rudolf Alexander Schröder zählte so auch
Rainer Maria Rilke, den er wie zahlreiche andere auf seinen Reisen kennengelernt hatte, zu seinen Freunden. – 1914 wurde P. zum Direktor der Hamburger Kunsthalle ernannt. Im Mai 1919 konnte er die dortige Gemäldegalerie eröffnen, 1922 das Kupferstich-Kabinett und ein Jahr später einen Vortragssaal. In Hamburg baute er durch den Ankauf von Kunst verschiedener Epochen eine ausgezeichnete Mustersammlung auf, die einen besonderen Schwerpunkt im Expressionismus hatte. In dieser Zeit begann P. eine umfangreiche Lehr- und Vortragstätigkeit und versuchte, alle gesellschaftlichen Schichten für die Sammlungen zu interessieren. Im Wintersemester 1928 hielt P. zudem Vorlesungen an der Harvard University in Cambridge (USA). Seit seiner Hamburger Zeit verband P. mit dem Kunsthistoriker
Aby Warburg eine enge Freundschaft. Aus politischen Gründen im Herbst 1933 in den Ruhestand versetzt unternahm er 1935 eine längere Vortragsreise durch die USA. – P. veröffentlichte zahlreiche populäre Bücher und Aufsätze, größtenteils über bedeutende Künstler und ihre Werke. Seine Monografie über Paula Modersohn-Becker z.B. erschien 1934 in der dritten Auflage. – P.s spätere Frau
Magdalene durfte ihre frühere Jugendliebe
Gustav Rösing nicht heiraten. Unter dem Pseudonym „Marga Berck“ publizierte sie ihren Briefwechsel mit Rösing 1951 unter dem Titel „Sommer in Lesmona“.
Werke Die Renaissancebauten Bremens. Im Zusammenhange mit der Renaissance in Nordwestdeutschland, Diss. Leipzig 1891; Katalog der Bibliothek der Königl. Sächsischen Akademie der Bildenden Künste zu Dresden, Dresden 1897; Gainsborough. Künstlermonographie, Bielefeld/Leipzig 1904, ²1909; Philipp Otto Runge. Bilder und Bekenntnisse, Berlin 1918; Die Kunst und die Revolution, Berlin 1921; (Hg.), Alfred Lichtwark. Briefe an die Kommission für die Verwaltung der Kunsthalle, Hamburg 1923; Die Hamburger Meister der guten alten Zeit, München 1925; Die Kunst des Klassizismus und der Romantik, Berlin 1925, ³1942; Paula Modersohn-Becker, Berlin 1919, ³1934; Erinnerungen aus sieben Jahrzehnten, Tübingen 1936, 81936.
Literatur Gustav P. zum 65. Geburtstage am 2. Februar 1931, Hamburg 1931; A. Lichtwark, Briefe an Gustav P., im Auftrag der Lichtwark-Stiftung hrsg. von C. Schellenberg, Hamburg 1946; E. Lutze, Gustav P., Karl Schaefer, Emil Waldmann. Ein Kapitel deutscher Museumsgeschichte in Bremen, in: Jahrbuch der Wittheit zu Bremen 3/1959, S. 73-91; C. Ring, Gustav P. und die Entstehung des modernen Galeriekataloges, in: AKMB-News. Informationen zu Kunst, Museum und Bibliothek 14/2008, H. 2, S. 32-39; ders., Gustav P. und die Hamburger Kunsthalle, Köln 2010. – DBA II, III; DBE 7, S. 575; NDB 20, S. 121f.; Metzler-Kunsthistoriker-Lexikon, Stuttgart u.a. ²2007, S. 322-325.
Porträt Gustav P., M. Slevogt, 1924, Ölgemälde, Kunsthalle Bremen; Gustav P., um 1933, Fotografie, Privatbesitz Seiler (Bildquelle).
Konstantin Hermann
12.1.2011
Empfohlene Zitierweise:
Konstantin Hermann, Artikel: Gustav Pauli,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/10842 [Zugriff 22.12.2024].
Gustav Pauli
Werke Die Renaissancebauten Bremens. Im Zusammenhange mit der Renaissance in Nordwestdeutschland, Diss. Leipzig 1891; Katalog der Bibliothek der Königl. Sächsischen Akademie der Bildenden Künste zu Dresden, Dresden 1897; Gainsborough. Künstlermonographie, Bielefeld/Leipzig 1904, ²1909; Philipp Otto Runge. Bilder und Bekenntnisse, Berlin 1918; Die Kunst und die Revolution, Berlin 1921; (Hg.), Alfred Lichtwark. Briefe an die Kommission für die Verwaltung der Kunsthalle, Hamburg 1923; Die Hamburger Meister der guten alten Zeit, München 1925; Die Kunst des Klassizismus und der Romantik, Berlin 1925, ³1942; Paula Modersohn-Becker, Berlin 1919, ³1934; Erinnerungen aus sieben Jahrzehnten, Tübingen 1936, 81936.
Literatur Gustav P. zum 65. Geburtstage am 2. Februar 1931, Hamburg 1931; A. Lichtwark, Briefe an Gustav P., im Auftrag der Lichtwark-Stiftung hrsg. von C. Schellenberg, Hamburg 1946; E. Lutze, Gustav P., Karl Schaefer, Emil Waldmann. Ein Kapitel deutscher Museumsgeschichte in Bremen, in: Jahrbuch der Wittheit zu Bremen 3/1959, S. 73-91; C. Ring, Gustav P. und die Entstehung des modernen Galeriekataloges, in: AKMB-News. Informationen zu Kunst, Museum und Bibliothek 14/2008, H. 2, S. 32-39; ders., Gustav P. und die Hamburger Kunsthalle, Köln 2010. – DBA II, III; DBE 7, S. 575; NDB 20, S. 121f.; Metzler-Kunsthistoriker-Lexikon, Stuttgart u.a. ²2007, S. 322-325.
Porträt Gustav P., M. Slevogt, 1924, Ölgemälde, Kunsthalle Bremen; Gustav P., um 1933, Fotografie, Privatbesitz Seiler (Bildquelle).
Konstantin Hermann
12.1.2011
Empfohlene Zitierweise:
Konstantin Hermann, Artikel: Gustav Pauli,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/10842 [Zugriff 22.12.2024].