Georg Schwenk

S. war ein Dresdner Maler und Schriftsteller, dessen von Historismus und Jugendstil geprägte Bilder historische und christliche Motive thematisieren. Sein Wirken ist v.a. aber mit der Lebensreformbewegung verbunden, in der seine Arbeiten große Popularität genossen. – Als Sohn des Bildhauers Friedrich Wilhelm Schwenk, einem Schüler Ernst Rietschels, wuchs S. in einem von Kunst geprägten Haushalt auf. Diesem Weg folgend studierte er 1880 bis 1888 an der Königlichen Akademie der bildenden Künste in Dresden. Zu seinen Lehrern zählten hier u.a. Leon Pohle, Theodor Grosse und Hermann Prell. Nach seinem Studium zog S. nach Leipzig, wo er als Porträtmaler wirkte und Bilder von Personen der Leipziger Stadtgesellschaft wie Franz Delitzsch, Karl Heine, Hedwig von Holstein oder dem Ehepaar Justus und Wilhelmine Radius schuf. Diese Porträts befinden sich heute z.T. in den Sammlungen des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig. – 1894 kehrte er auf Anraten Prells nach Dresden zurück und arbeitete zwei Jahre in dessen Atelier. Wahrscheinlich durch die Verbindung mit Prell wurde S. auch Mitglied des Kompositionsvereins „Mappe“, dem - neben Prell - Maler und Bildhauer wie Christian Behrens, Otto Petrenz, Johann Edmund Hottenroth oder Robert Sterl angehörten. – S. widmete sich v.a. der Wandmalerei. Zu seinen ersten Werken gehörte - neben einem Wandgemälde für die Nikolaikirche in Eisenach, das er während der Zeit bei Prell fertigte - eine Reihe von Märchenbilder, die er 1897 im Auftrag des Sächsischen Ministeriums des Innern für den Saal des „Sächsischen Krüppelheims“ der Königin-Carola-Stiftung in Dresden-Trachenberge gestaltete und die auf eine Idee Königin Carolas zurückging. 1900 fertigte S. für den Stadtverordnetensaal des Bautzener Gewandhauses zwei monumentale, im Stil des Historismus gehaltene Wandgemälde: „Kaiser Karls IV. Fürstentag zu Bautzen im Jahre 1350“ und „Bautzens Bürger schlagen 1429 den Sturmangriff der Hussiten siegreich zurück“. Die Entwürfe waren zuvor im Wettbewerb mit dem 1. Preis ausgezeichnet worden. Beide wurden bei einem Brand 1976 zerstört. Zudem schuf S. 1908 im Auftrag der Stadt Dresden das Altargemälde für die von Hans Erlwein neu errichtete Kapelle des Maternihospitals. – S.s Schaffen ist eng mit der Lebensreformbewegung verbunden. Dies verdeutlicht nicht zuletzt das Bild „Treu der Natur“. Als Wandgemälde in der Zeit um 1900 ausgeführt, befand es sich sowohl in der Eingangshalle des Sanatoriums von Heinrich Lahmann auf dem Weißen Hirsch bei Dresden als auch im Speisesaal des Bilzbads in Kötzschenbroda. Es propagiert sowohl textlich als auch bildlich das Programm der Lebensreform und vereint in seiner Darstellung schwärmerisch-religiöse Naturverehrung, Vegetarismus, Freikörperkultur sowie Naturheilkunde. „Treu der Natur“ galt neben dem „Lichtgebet“ von Hugo Höppner (gen. Fidus) als ein Kultbild dieser Reformbewegung. Ab 1903 wurde es vom „Deutschen Bund der Vereine für naturgemäße Lebens- und Heilweise“ auch als Postkarte und Farbdruck vertrieben. Zu diesem programmatischen Werk gesellte sich auch das Bild „Dem Licht entgegen“, das in der Eingangshalle des Sanatoriums von Friedrich Eduard Bilz in Oberlößnitz hing. Zur Lebensreformbewegung kam S. bereits während seiner Leipziger Zeit durch Kontakte zu bekannten Vegetariern, wie Louis Kuhne und Johannes Guttzeit. Ab 1888 lebte er selbst vegetarisch. Das bildliche Programm des Wandgemäldes „Treu der Natur“ fasste er bereits 1891 in seiner Schrift „Kochs Heilmethode ein Segen für die Menschheit?“ zusammen, in der er die Naturheilkunde als natürliches Heilverfahren propagierte. An der Realisierung der Ideen der Naturheilbewegung interessiert, gehörte S. zudem 1907 zu den Mitbegründern des Naturheilbads „Erdsegen. Heimstätte für naturgemäßes Leben“, das im Inntal bei Brannenburg in Oberbayern lag und von dem Arzt Ernst Kallmeyer geleitet wurde. – Bereits 1898 war S. mit seiner Familie in das von Martin Pietzsch neu erbaute Künstlerhaus in Loschwitz gezogen, wo er bis an sein Lebensende wohnen blieb. Loschwitz wurde seit dieser Zeit Gegenstand und Ort seines künstlerischen Schaffens. So fertigte er u.a. im selben Jahr im Zuge der Umgestaltung der Loschwitzer Kirche durch den Architekten Emil Scherz die Entwürfe für zwei Altarglasfenster. Zu seinen wichtigsten Arbeiten in Loschwitz zählt die vom sächsischen Kunstfond finanzierte und 1913 fertiggestellte Sopraporte für die Aula der Schillerschule mit dem Titel „Die Erziehung der Jugend im Geiste Schillers“. 1951/1952 übermalt, wurde das Wandgemälde 2005 wieder freigelegt und bis 2009 restauriert. Darüber hinaus schuf er für die Schule zwei weitere Wandgemälde, die bedeutende Persönlichkeiten der Loschwitzer Ortsgeschichte darstellten: „Schiller mit dem kleinen Körner“ und „Ludwig Richter in Loschwitz“. Das vom Dresdner Architekten Georg Schramm entworfene Schulgebäude, bei dem v.a. auch Wert auf die künstlerische Ausgestaltung gelegt worden war, wurde auf der Weltausstellung in Brüssel 1910 vorgestellt. – Neben der Malerei widmete sich S. auch der schriftstellerischen Tätigkeit. So veröffentlichte er neben der bereits erwähnten Schrift „Kochs Heilmethode ein Segen für die Menschheit?“ (1891) u.a. 1915 sein romantisierendes Drama „Gottfried von Gutenbronn“, das 1933 uraufgeführt wurde. 1934 publizierte er das Gedicht „Das Neue Heil“, in dem er an Johann Wolfgang von Goethes Fragment „Geheimnisse“ anzuschließen versuchte. „Das Neue Heil“ vereint naturnahes Leben, Vegetarismus und Tierschutz und gilt daher als ein lebensreformerisches Lehrgedicht. – Spätestens nach 1918 geriet S. in eine wirtschaftliche Notlage. Dies zeigen z.B. auch Schreiben an das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig aus den 1920er-Jahren, in denen er eigene Werke zum Verkauf anbot. Zudem ließ sich seine Ehefrau Hedwig Schwenk von ihm scheiden und emigrierte gemeinsam mit der Tochter Rose Schwenk spätestens 1924 nach Kanada, wo bereits der Sohn Walter Schwenk lebte. Während der NS-Zeit erhielt S. mehrfach finanzielle Unterstützung. So bekam er etwa 1935 auf Empfehlung Pietzschs Hilfe vom Sächsischen Künstlerhilfsbund und im gleichen Jahr auch eine Unterstützung von der Reichskammer für Bildende Künste. S. verstarb 1936 nach schwerer Krankheit.

Quellen Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Handschriftenabteilung; Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Sammlung; Stadtarchiv Dresden, Eheaufgebote/Eheregister 1876-1922 (ancestry.de).

Werke Wilhelmine Radius, 1888, Öl auf Leinwand, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig; Justus Radius, 1888, Öl auf Leinwand, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig; Hedwig von Holstein, um 1890, Bleistiftzeichnung, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig; Wandgemälde, ca. 1894-1896, Nikolaikirche Eisenach; Märchenbilderzyklus, 1897, Wandgemälde, Sächsisches Krüppelheim, Königin-Carola-Stiftung, Dresden; Altarfenster, 1898, Pfarrkirche Loschwitz; Kaiser Karls IV. Fürstentag zu Bautzen im Jahre 1350, 1900, Wandgemälde, Gewandhaus Bautzen; Bautzens Bürger schlagen 1429 den Sturmangriff der Hussiten siegreich zurück, Gewandhaus Bautzen, Wandgemälde, 1900; Treu der Natur, um 1900; Dem Licht entgegen, um 1900; Altargemälde, 1908, Maternihospital Dresden; Die Erziehung der Jugend im Geiste Schillers, 1913, Wandgemälde, Schillerschule Loschwitz. – Schriften: Kochs Heilmethode ein Segen für die Menschheit? Nüchterne Betrachtungen, Leipzig 1891; Natürliche Lebensweise und bildende Kunst, Frankfurt/Main 1907; Gottfried von Gutenbronn. Drama in 5 Akten, Dresden 1915 (UA 1933); Das neue Heil. Eine an Goethe’s „Geheimnisse“ anknüpfende Dichtung, Dresden 1934.

Literatur Johann Edmund Hottenroth, Die „Mappe“. Ein Beitrag zur Geschichte der Akademie der bildenden Künste zu Dresden, in: Dresdner Geschichtsblätter 39/1931, S. 33-41; Maler Georg S. zum 70. Geburtstag, in: Dresdner Nachrichten 2.6.1933 (Frühausgabe), S. 5; G. Bäzner, Zum Tode des Malers Georg S., in: Dresdner Nachrichten 28.5.1936 (Frühausgabe), S. 4; Ulrich Linse, Das „natürliche“ Leben. Die Lebensreform, in: Richard van Dülmen (Hg.), Erfindung des Menschen. Schöpfungsträume und Körperbilder. 1500-2000, Köln/Weimar/Wien 1998, S. 435-458, bes. 448-451; Albrecht Scholz, Ärzte und Patienten in Dresdner Naturheilsanatorien, in: medizin - bibliothek - information 4/2003, Nr. 1, S. 13-19; Marina Lienert, Zum 100. Todestag von Heinrich Lahmann, in: Ärzteblatt 16/2005, Nr. 7, S. 379-383; Conny Dietrich, „Gebt mir eine Wand“. Max Klingers öffentliche Wandmalereiprojekte. Ein Beitrag zur Monumentalmalerei im Deutschen Kaiserreich, Baden-Baden 2020, bes. S. 459. – DBA II; Thieme/Becker, Bd. 29/30, S. 380; Künstler am Dresdner Elbhang, Bd. 1, hrsg. vom Ortsverein Loschwitz-Wachwitz e.V./Ortsverein Pillnitz e.V./Elbhangfest e.V., Dresden 1999, S. 155; Juliane Beier, S., Georg, in: Loschwitz. Illustrierte Ortsgeschichte, hrsg. vom Ortsverein Loschwitz-Wachwitz, Dresden 22016, S. 866f.

Henrik Schwanitz
14.12.2021


Empfohlene Zitierweise:
Henrik Schwanitz, Artikel: Georg Schwenk,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/27812 [Zugriff 22.11.2024].

Georg Schwenk



Quellen Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Handschriftenabteilung; Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Sammlung; Stadtarchiv Dresden, Eheaufgebote/Eheregister 1876-1922 (ancestry.de).

Werke Wilhelmine Radius, 1888, Öl auf Leinwand, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig; Justus Radius, 1888, Öl auf Leinwand, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig; Hedwig von Holstein, um 1890, Bleistiftzeichnung, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig; Wandgemälde, ca. 1894-1896, Nikolaikirche Eisenach; Märchenbilderzyklus, 1897, Wandgemälde, Sächsisches Krüppelheim, Königin-Carola-Stiftung, Dresden; Altarfenster, 1898, Pfarrkirche Loschwitz; Kaiser Karls IV. Fürstentag zu Bautzen im Jahre 1350, 1900, Wandgemälde, Gewandhaus Bautzen; Bautzens Bürger schlagen 1429 den Sturmangriff der Hussiten siegreich zurück, Gewandhaus Bautzen, Wandgemälde, 1900; Treu der Natur, um 1900; Dem Licht entgegen, um 1900; Altargemälde, 1908, Maternihospital Dresden; Die Erziehung der Jugend im Geiste Schillers, 1913, Wandgemälde, Schillerschule Loschwitz. – Schriften: Kochs Heilmethode ein Segen für die Menschheit? Nüchterne Betrachtungen, Leipzig 1891; Natürliche Lebensweise und bildende Kunst, Frankfurt/Main 1907; Gottfried von Gutenbronn. Drama in 5 Akten, Dresden 1915 (UA 1933); Das neue Heil. Eine an Goethe’s „Geheimnisse“ anknüpfende Dichtung, Dresden 1934.

Literatur Johann Edmund Hottenroth, Die „Mappe“. Ein Beitrag zur Geschichte der Akademie der bildenden Künste zu Dresden, in: Dresdner Geschichtsblätter 39/1931, S. 33-41; Maler Georg S. zum 70. Geburtstag, in: Dresdner Nachrichten 2.6.1933 (Frühausgabe), S. 5; G. Bäzner, Zum Tode des Malers Georg S., in: Dresdner Nachrichten 28.5.1936 (Frühausgabe), S. 4; Ulrich Linse, Das „natürliche“ Leben. Die Lebensreform, in: Richard van Dülmen (Hg.), Erfindung des Menschen. Schöpfungsträume und Körperbilder. 1500-2000, Köln/Weimar/Wien 1998, S. 435-458, bes. 448-451; Albrecht Scholz, Ärzte und Patienten in Dresdner Naturheilsanatorien, in: medizin - bibliothek - information 4/2003, Nr. 1, S. 13-19; Marina Lienert, Zum 100. Todestag von Heinrich Lahmann, in: Ärzteblatt 16/2005, Nr. 7, S. 379-383; Conny Dietrich, „Gebt mir eine Wand“. Max Klingers öffentliche Wandmalereiprojekte. Ein Beitrag zur Monumentalmalerei im Deutschen Kaiserreich, Baden-Baden 2020, bes. S. 459. – DBA II; Thieme/Becker, Bd. 29/30, S. 380; Künstler am Dresdner Elbhang, Bd. 1, hrsg. vom Ortsverein Loschwitz-Wachwitz e.V./Ortsverein Pillnitz e.V./Elbhangfest e.V., Dresden 1999, S. 155; Juliane Beier, S., Georg, in: Loschwitz. Illustrierte Ortsgeschichte, hrsg. vom Ortsverein Loschwitz-Wachwitz, Dresden 22016, S. 866f.

Henrik Schwanitz
14.12.2021


Empfohlene Zitierweise:
Henrik Schwanitz, Artikel: Georg Schwenk,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/27812 [Zugriff 22.11.2024].