Georg Markgraf
M. gehört zu den frühesten deutschen Forschungsreisenden in Südamerika und erstellte die erste, auf exakter Vermessung beruhende Karte Brasiliens. – 1627 begann er mit dem Studium der Medizin und Mathematik an der Universität Leipzig. Es schlossen sich Studien in Erfurt, Wittenberg, Straßburg, Basel, Greifswald und Rostock an, ehe er 1636 nach Leiden (Niederlande) kam, wo M. v.a. Botanik und Astronomie hörte. Nachdem sein Lehrer
Willem Piso 1638 zum Leibarzt des niederländischen Gouverneurs in Brasilien, Graf
Johann Moritz von Nassau-Siegen, ernannt worden war, begleitete ihn M. als Gehilfe nach Pernambuco (heute Recife). Johann Moritz förderte den jungen M. und holte ihn als „mathematicus“ in seinen Hofstaat. Für eine im November 1640 erwartete Sonnenfinsternis errichtete Johann Moritz die erste Sternwarte auf der südlichen Hemisphäre und beauftragte M., das Ereignis wissenschaftlich exakt zu beobachten. Auf Reisen ins Landesinnere sammelte M. Pflanzen und Tiere und legte im Park des Gouverneurs einen zoologischen und botanischen Garten an, in dem 1640 bereits 800 Bäume vorhanden waren, darunter wahrscheinlich die ersten Kaffeepflanzen in Südamerika, die aus Batavia (Indonesien) eingeführt worden waren. Vermutlich im Auftrag des Gouverneurs reiste M. 1644 in das damals niederländische São Paulo de Loanda (Angola), wo er bereits bei der Ankunft, nur 34-jährig, dem Tropenfieber erlag. – Die wissenschaftlichen Ergebnisse von M.s sechsjährigen Forschungen in Brasilien brachte Johann Moritz von Nassau-Siegen nach Europa, wo sie aber nicht als geschlossene Sammlung zusammen blieben. M.s wohl bedeutendstes Manuskript „Progymnastica Mathematica Americana“, in dem er sich mit den Sternbildern der südlichen Hemisphäre, astronomischen Ortsbestimmungen und den Planetentafeln befasste, ist verschollen. Ein Teil der Naturaliensammlung gelangte nach Leiden, ein Teil nach Kopenhagen. Seine umfangreichen Aufzeichnungen der Tier- und Pflanzenwelt sowie meteorologische, geografische und ethnografische Beobachtungen blieben erhalten und fanden Eingang in das 1648 von
Jan de Laet im Amsterdamer Verlag von
Caspar Barlaeus herausgegebene Werk „Historia Naturalis Brasiliae“. Der Text von über 300 Seiten wird angereichert durch 429 Holzschnitte, beruhend auf Zeichnungen M.s. Wissenschaftlich ebenso bedeutend sind seine 24 großformatigen Manuskriptkarten. Drei Jahre lang hatte er die Küstenregion zwischen fünf und elf Grad südlicher Breite erforscht und kartografisch aufgenommen. M.s Karten wurden von
Joan Blaeu in Kupfer gestochen, die ersten vier erschienen 1647 in Caspar Barlaeus’ „Rerum per Octennium in Brasiliae ... historia“. Im selben Jahr kam bei Blaeu eine vierteilige Wandkarte „Brasilia qua parte paret Belgis“ auf der Grundlage der Markgraf-Karte heraus. Die Monumentalkarte (161 x 101 cm) im Maßstab 1:400.000 ist die erste auf exakter Vermessung beruhende Karte Brasiliens. Sie zeigt die Küste zwischen dem Rio Grande im Norden und dem Rio São Francisco im Süden sowie das Binnenland entlang der Flussläufe bis zu 80 km landeinwärts. Am Rand der Karte und auf den unerforschten Flächen im Landesinneren befinden sich Texte und Zeichnungen zur Ethnografie und Wirtschaftsweise. Die Markgraf-Karte war so bedeutend, dass sie häufig nachgestochen wurde und sich in allen großen Atlaswerken der Zeit befindet, u.a. im Atlas des Großen Kurfürsten
Friedrich Wilhelm von Brandenburg („Serenissimo potentissimo Principi Friderico Wilhelmo Die gratia marchioni Brandenburgico ... atlantem“, ca. 1684).
Werke Tractatus Topographicus & Meteorologicus Brasiliae cum Eclipsi Solaris, Amsterdam 1658; Die Werke von Marcgrave und Piso über die Naturgeschichte Brasiliens, erläutert aus den wieder aufgefundenen Originalzeichnungen von Hinrich Lichtenstein, Berlin 1818-1829.
Literatur J. Moreira, Marcgrave e Piso, in: Revista de Museu Paulista 14/1926, S. 649-673; G. Hauswald, Forschungsreise nach Brasilien, in: Sächsische Heimatblätter 7/1961, H. 5, S. 271-274; L. Wiesinger, Erhaltene Abbildungen verschollener Zeichnungen des 17. Jahrhunderts aus Brasilien, in: Medizinhistorisches Journal 11/1976, S. 27-42; C. Stücken, Leben und Werk des Georg Marcgraf, Bamberg 1992; E. Klemp, Georg M. als Naturforscher, Landmesser und Kartograph in Brasilien (1638-1643), in: Cartographica helvetica 8/1993, S. 44-46; A. Medeiros/F. Araújo, Conversando com Marcgrave, in: Revista Latino-Americana de Educação em Astronomia 2/2005, S. 9-48. – ADB 20, S. 295f.; DBA II, III; DBE 6, S. 615f.; NDB 16, S. 167.
Heinz Peter Brogiato
26.3.2007
Empfohlene Zitierweise:
Heinz Peter Brogiato, Artikel: Georg Markgraf,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/24342 [Zugriff 19.11.2024].
Georg Markgraf
Werke Tractatus Topographicus & Meteorologicus Brasiliae cum Eclipsi Solaris, Amsterdam 1658; Die Werke von Marcgrave und Piso über die Naturgeschichte Brasiliens, erläutert aus den wieder aufgefundenen Originalzeichnungen von Hinrich Lichtenstein, Berlin 1818-1829.
Literatur J. Moreira, Marcgrave e Piso, in: Revista de Museu Paulista 14/1926, S. 649-673; G. Hauswald, Forschungsreise nach Brasilien, in: Sächsische Heimatblätter 7/1961, H. 5, S. 271-274; L. Wiesinger, Erhaltene Abbildungen verschollener Zeichnungen des 17. Jahrhunderts aus Brasilien, in: Medizinhistorisches Journal 11/1976, S. 27-42; C. Stücken, Leben und Werk des Georg Marcgraf, Bamberg 1992; E. Klemp, Georg M. als Naturforscher, Landmesser und Kartograph in Brasilien (1638-1643), in: Cartographica helvetica 8/1993, S. 44-46; A. Medeiros/F. Araújo, Conversando com Marcgrave, in: Revista Latino-Americana de Educação em Astronomia 2/2005, S. 9-48. – ADB 20, S. 295f.; DBA II, III; DBE 6, S. 615f.; NDB 16, S. 167.
Heinz Peter Brogiato
26.3.2007
Empfohlene Zitierweise:
Heinz Peter Brogiato, Artikel: Georg Markgraf,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/24342 [Zugriff 19.11.2024].