Fritz Karg

Nach dem Besuch einer Dresdner Bezirksschule, einer Bürgerschule und einer Realschule (1899-1910) wurde K. Schüler des Dreikönigsgymnasiums, wo er sein Reifezeugnis erhielt. 1913 begann er an der Universität Leipzig ein Studium der neueren Sprachen und der Geschichte, das er 1914 als Kriegsfreiwilliger unterbrach. Nach der Entlassung aus dem Heeresdienst 1918 nahm er seine Studien in Leipzig wieder auf. Er konzentrierte sich v.a. auf die Germanistik und wurde u.a. von André Jolles, Eugen Mogk, Eduard Sievers und Wilhelm Streitberg ausgebildet. 1921 promovierte er mit einer Abhandlung über „Die Klangformen des Kompositums im Althochdeutschen“ zum Dr. phil. Von November 1921 bis April 1922 leitete er provisorisch die Volkshochschule der Universität Leipzig. Mit einer Schrift zu syntaktischen Studien des Mittelhochdeutschen habilitierte er sich 1923 an der Universität Leipzig und wurde Privatdozent für Deutsche Sprache und Literatur. 1926 erhielt er einen sog. kleinen Lehrauftrag für die „Einführung in die althochdeutsche Grammatik“. Im selben Jahr lehnte er den ihm angebotenen Lehrstuhl für Germanistik an der Universität Kaunas (lit. Kowno) wegen ungünstiger Rahmenbedingungen ab. Im Auftrag von Theodor Frings, dem Leiter des Germanistischen Instituts der Universität Leipzig, begann K. 1928 mit der Übernahme des auf Ostmitteldeutschland bezogenen Kartenmaterials des deutschen Sprachatlas in Marburg. Zugleich begann er mit Recherchen zur Erstellung eines ostmitteldeutschen Wörterbuchs sowie mit der Erschließung Ostmitteldeutschlands für den deutschen Volkskundeatlas. 1929 wurde K. zum außerordentlichen Professor am neu eingerichteten Lehrstuhl für Deutsche Sprache, Literatur und Volkskunde an der Universität Leipzig ernannt. Zugleich wurde er Mitglied der Wissenschaftlichen und Pädagogischen Prüfungskommission für Kandidaten des höheren Schulamts sowie Leiter der am Germanistischen Institut der Universität neu etablierten Abteilung für deutsche Volkskunde. 1931 übernahm er in Leipzig die Leitung des neu etablierten Sächsischen Verbands für Volkskunde, der aus dem ehemaligen Sächsischen Verein für Volkskunde hervorgegangen war. Vonseiten der Universität wurde die Konzentration K.s auf die Volkskunde gefördert. So leitete er auch die Landesstelle Sachsen des 1928 konzipierten und 1929 in Angriff genommenen „Atlas der deutschen Volkskunde“. Ab 1930 war er Mitherausgeber der „Mitteldeutschen Blätter für Volkskunde“, in denen er auch vornehmlich zu Sprachgeografie und Mundartenkunde publizierte. Mit Frings gab er die „Mitteldeutschen Studien“ heraus. 1932/33 gehörte er mit Walter Frenzel und Adolf Spamer zu den Herausgebern und Autoren des „Grundrisses der Sächsischen Volkskunde“. Auch als Mitherausgeber der Reihe „Sächsisches Volkstum“ war er ab 1933 vorgesehen. – International bekannt wurde K. vornehmlich durch eine neuartige Orientierung auf phonetische Aspekte (Tonführung, Lautstärke, Klangfarbe, Rhythmus) bei der Untersuchung der Mundarten. Mitte der 1930er-Jahre kam es zu einem Abbruch seiner wissenschaftlichen Laufbahn, als ihm Betrug und Unterschlagungen sowie umfängliche Schulden nachgewiesen wurden. Der vorläufigen Amtsenthebung 1934 folgten ein Jahr später die Verurteilung zu einer neunmonatigen Gefängnisstrafe, die Dienstentlassung mit allen Begleiterscheinungen sowie die Aberkennung des Professorentitels. 1936 - und erneut noch einmal 1953 - wurde ihm auch der Gebrauch des Doktortitels untersagt. Allerdings ließen sich keine Beweise für die private Verwendung der veruntreuten Gelder beibringen. Diese hatte er vielmehr zur Finanzierung der ersten deutschen volkskundlichen Ausstellung im Grassi-Museum Leipzig 1931 und einiger anderer wissenschaftlicher Unternehmen verwendet. Ab 1935 lebte K. bis zu seinem Tod in Berlin. Wissenschaftliche Publikationen sind für diese Zeit nicht mehr nachweisbar.

Quellen Universität Leipzig, Universitätsarchiv, Personalakten; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Ministerium des Kultus und Öffentlichen Unterrichts, Landesregierung Sachsen, Ministerium für Volksbildung.

Werke Die Klangformen des Kompositums im Althochdeutschen, Diss. Leipzig 1921 (ND Halle 1922); Die Konstruktion άπό χοινοû im Mittelhochdeutschen, Habil. Leipzig 1923 (ND als: Syntaktische Studien, Halle 1929); mit J. Friedrich (Hg.), Stand und Aufgaben der Sprachwissenschaft, Heidelberg 1924; mit O. H. Brandt (Hg.), Grundriß der Deutschkunde, Bielefeld/Leipzig 1927; mit G. Ipsen, Schallanalytische Versuche, Heidelberg 1928; Das literarische Erwachen des deutschen Ostens im Mittelalter, Halle 1932 (ND Walluf 1972); mit W. Frenzel/A. Spamer (Hg.), Grundriß der Sächsischen Volkskunde, 2 Bde. Leipzig 1932/33; Flämische Sprachspuren in der Halle-Leipziger Bucht, Halle 1933.

Literatur DBA II; G. Lüdtke (Hg.), Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender, Berlin 41931.

Brigitte Emmrich †
5.5.2011


Empfohlene Zitierweise:
Brigitte Emmrich †, Artikel: Fritz Karg,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18159 [Zugriff 28.3.2024].

Fritz Karg



Quellen Universität Leipzig, Universitätsarchiv, Personalakten; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Ministerium des Kultus und Öffentlichen Unterrichts, Landesregierung Sachsen, Ministerium für Volksbildung.

Werke Die Klangformen des Kompositums im Althochdeutschen, Diss. Leipzig 1921 (ND Halle 1922); Die Konstruktion άπό χοινοû im Mittelhochdeutschen, Habil. Leipzig 1923 (ND als: Syntaktische Studien, Halle 1929); mit J. Friedrich (Hg.), Stand und Aufgaben der Sprachwissenschaft, Heidelberg 1924; mit O. H. Brandt (Hg.), Grundriß der Deutschkunde, Bielefeld/Leipzig 1927; mit G. Ipsen, Schallanalytische Versuche, Heidelberg 1928; Das literarische Erwachen des deutschen Ostens im Mittelalter, Halle 1932 (ND Walluf 1972); mit W. Frenzel/A. Spamer (Hg.), Grundriß der Sächsischen Volkskunde, 2 Bde. Leipzig 1932/33; Flämische Sprachspuren in der Halle-Leipziger Bucht, Halle 1933.

Literatur DBA II; G. Lüdtke (Hg.), Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender, Berlin 41931.

Brigitte Emmrich †
5.5.2011


Empfohlene Zitierweise:
Brigitte Emmrich †, Artikel: Fritz Karg,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18159 [Zugriff 28.3.2024].