Friedrich Geyer

G. war einer der profilierten sozialdemokratischen Gegner des deutschen Militarismus. – G. besuchte die Volks- und Bürgerschulen in Großenhain, Berggießhübel und Pirna. Anschließend erlernte er den Beruf des Zigarrenmachers und kam in dieser Zeit in Kontakt zur Gewerkschaft der Zigarrenarbeiter, der er 1868 beitrat. 18-jährig ging G. nach Leipzig und war zwischen 1869 und 1874 Vorstandsmitglied der Filialen des Zigarrenarbeiterverbands in Frankenberg/Sachsen, Pirna, Leipzig und Berlin sowie 1874 bis 1878 Bevollmächtigter des Zigarrenarbeiterverbands in Großenhain. Seit 1871 Mitglied der SDAP wurde G. wegen eines Verstoßes gegen das Sozialistengesetz anlässlich der Reichstagswahlen 1881 zu einer Haftstrafe verurteilt. Nach deren Verbüßung gründete er mit anderen Sozialdemokraten 1882 in Großenhain ein eigenes Unternehmen zur Zigarrenfabrikation, das 1890 nach Leipzig verlegt wurde. Seine publizistische Tätigkeit konzentrierte sich zwischen 1890 und 1894 auf die Redaktion der Zeitungen „Der Wähler“ und „Leipziger Volkszeitung“ sowie 1895 bis 1918 des Verbandsorgans „Tabakarbeiter“. G. war 1885 bis 1897 Mitglied der Zweiten Kammer des Sächsischen Landtags für den Wahlkreis Chemnitz-Land. Auch gehörte er 1886/87 sowie ununterbrochen 1890 bis 1924 dem Deutschen Reichstag bzw. der Nationalversammlung an. Zwischen 1898 und 1902 fungierte G. als Vorsitzender des sozialdemokratischen Wahlvereins bzw. der SPD Leipzig. Weiterhin war er 1913 bis 1916 Mitglied des Zentralen SPD-Kontrollausschusses. Er nahm an den Parteitagen der Sozialdemokratie zwischen 1887 und 1913 sowie an den Internationalen Sozialistenkongressen von 1889 und 1910 mit Referaten zu Militär- und Finanzfragen teil. – In der Kriegsfrage ging G. auf Distanz zur Politik der Reichstagsfraktion und des SPD-Vorstands. Er stimmte 1915 gegen die Kriegskreditvorlage der Regierung. Nicht zuletzt aus seinem Dissens zur SPD in der Kriegsfrage heraus wurde er 1917 Mitbegründer der USPD und gehörte deren zentralem Kontrollausschuss bis 1920 an. Im November 1918 wurde G. Mitglied des Vollzugsausschusses des Arbeiter- und Soldatenrats in Leipzig und war vom 15.11.1918 bis zum 21.1.1919 sächsischer Finanzminister in der Regierung Richard Lipinski. Mit dem linken Flügel der USPD schloss er sich im Dezember 1920 der KPD an, verließ diese jedoch im September 1921 infolge seiner Ablehnung des Märzaufstands und trat der Kommunistischen Arbeitsgemeinschaft bei, die sich 1922 wieder mit der USPD vereinigte. Mit der USPD schloss er sich noch im gleichen Jahr wieder der SPD an. Zwei Jahre später zog sich G. aus der politischen Tätigkeit zurück. 1933 verlor er durch die Zerstörung der vom Verein Arbeiterpresse geschaffenen Versicherungseinrichtung seine Rentenansprüche und lebte bis zu seinem Tod bei seinem Sohn Fritz in Tharandt.

Literatur B. Spuler, Regenten und Regierungen der Welt, Teil 2, Bd. 4, Würzburg 1964, S. 490; T. Klein, Grundriß der deutschen Verwaltungsgeschichte 1815-1945, Bd. 14, Marburg 1982, S. 12; Beiträge zur Geschichte der Sozialdemokratie in Großenhain, hrsg. vom Ortsverein der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands in Großenhain, H. 2: Die Jahre 1878-1890, Großenhain 2008, S. 23f. (P). – DBA II, III; DBE III, S. 807; M. Schumacher (Hg.), M.d.R. Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus, Düsseldorf ³1994, S. 151; W. H. Schröder, Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs- und Landtagen 1867-1933, Düsseldorf 1995, S. 464; H. Weber/A. Herbst, Deutsche Kommunisten, Berlin 2004, S. 244f. (P).

Porträt Fotografie 1887, Kreismuseum Großenhain; Fotografie um 1919, gedruckt in: Reichstagshandbuch 1. Wahlperiode, Berlin 1920, S. 424 (Bildquelle).

Gunda Ulbricht
13.11.2015


Empfohlene Zitierweise:
Gunda Ulbricht, Artikel: Friedrich Geyer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1700 [Zugriff 19.3.2024].

Friedrich Geyer



Literatur B. Spuler, Regenten und Regierungen der Welt, Teil 2, Bd. 4, Würzburg 1964, S. 490; T. Klein, Grundriß der deutschen Verwaltungsgeschichte 1815-1945, Bd. 14, Marburg 1982, S. 12; Beiträge zur Geschichte der Sozialdemokratie in Großenhain, hrsg. vom Ortsverein der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands in Großenhain, H. 2: Die Jahre 1878-1890, Großenhain 2008, S. 23f. (P). – DBA II, III; DBE III, S. 807; M. Schumacher (Hg.), M.d.R. Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus, Düsseldorf ³1994, S. 151; W. H. Schröder, Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs- und Landtagen 1867-1933, Düsseldorf 1995, S. 464; H. Weber/A. Herbst, Deutsche Kommunisten, Berlin 2004, S. 244f. (P).

Porträt Fotografie 1887, Kreismuseum Großenhain; Fotografie um 1919, gedruckt in: Reichstagshandbuch 1. Wahlperiode, Berlin 1920, S. 424 (Bildquelle).

Gunda Ulbricht
13.11.2015


Empfohlene Zitierweise:
Gunda Ulbricht, Artikel: Friedrich Geyer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1700 [Zugriff 19.3.2024].