Friedrich David
D. besuchte die Volksschule in Krofdorf bei Gießen, danach die Gymnasien in Andernach und Neuwied. 14-jährig erlernte er autodidaktisch die Stenografie Gabelsbergers. Noch während seiner Schulzeit gründete er den „Gymnasial-Stenographen-Verein Gabelsberger Neuwied“ und erteilte Stenografieunterricht an seine Mitschüler. Nach der Reifeprüfung studierte er 1899 bis 1903 in Bonn, Berlin und Rostock Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften. – In Berlin schloss sich D. dem Akademischen Stenographenverein an. Hier erhielt er vielfältige fachliche Anregungen, die 1900 durch den Besuch des 6. Deutschen Stenografentags in Dresden und die Kontaktaufnahme mit dem damaligen Königlichen Stenographischen Institut verstärkt wurden. Er entschloss sich, den Beruf des Parlamentsstenografen zu ergreifen. Nach Absolvierung einer praktischen Prüfung arbeitete er bereits 1901 bis 1904 gegen Honorar als Hilfsstenograf in Dresden. – 1903 promovierte D. mit magna cum laude an der Universität Rostock zum Dr. phil. mit einer Arbeit zum Thema „Das Problem der Willensfreiheit bei
Friedrich Eduard Beneke“. 1904 legte er sein Staatsexamen für das höhere Lehramt ab, übte aber den Beruf eines Lehrers nie aus. – D. war im sächsischen Landtag, in der Zweiten Kammer der Badischen Ständeversammlung in Karlsruhe, der Journalistentribüne des Deutschen Reichstags, der Dresdner Stadtverordnetenversammlung, dem Schlesischen Provinziallandtag, den Landtagen von Sachsen-Weimar-Eisenach und Mecklenburg-Schwerin, in dem Stenografenbüro des Deutschen Reichstags und 1918 bei den Waffenstillstandsverhandlungen in Trier und Berlin tätig. – 1906 erhielt er eine feste Anstellung am Königlichen Stenographischen Institut Dresden. Dort wurde er 1909 zum Regierungsassessor ernannt und 1920 zum Regierungsrat. Neben seiner Tätigkeit als Stenograf arbeitete D. als Fachautor sowie als Lehrer und Prüfer für künftige Stenografielehrer, die am Institut ausgebildet wurden. Besondere Verdienste erwarb er sich auch beim Ausbau der Dresdner Stenographischen Bibliothek, die zum Königlichen Stenographischen Institut (später Stenographisches Landesamt) gehörte und als Arbeitsbibliothek für die dort tätigen Parlamentsstenografen und Beamten diente. Gleichzeitig war sie auch der Öffentlichkeit zugänglich. D. leitete die Bibliothek 1913 bis 1921 und 1946 bis 1950. Heute befindet sich ihr Bestand als Stenografische Sammlung in der Sächsischen Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden. – 1933 wurde D. aus politischen Gründen - er war seit 1921 Mitglied der SPD - in den vorzeitigen Ruhestand entlassen. Nach Kriegsende betraute die sächsische Landesverwaltung ihn mit der Rekonstruktion der berühmten stenografischen Fachbibliothek, die vom 1.7.1946 bis zum 31.8.1947 interimistisch der Sächsischen Landesbibliothek zugeordnet war. D. bemühte sich, die an verschiedenen Standorten ausgelagerten und in Unordnung geratenen Bestände zu retten, indem er sie zusammenführte, ordnete und aufstellte. – Am 1.9.1947 wurde die Bibliothek dem 1944 stillgelegten und nun wiederbegründeten Stenographischen Landesamt angeschlossen. Die Wiedereröffnung des Landesamts war u.a. auch den intensiven Bemühungen D.s zu danken, der mit dem Titel Oberregierungsrat zu seinem neuen Leiter berufen wurde. – In den folgenden Jahren kümmerte sich D. neben dem Bibliotheksaufbau und der Anknüpfung neuer fachlicher Kontakte im In- und Ausland um die Organisation des stenografischen Diensts beim Sächsischen Landtag sowie um entsprechende Ausbildungsfragen. – Am 1.10.1950, mit fast 69 Jahren, wurde D. offiziell pensioniert, arbeitete aber weiterhin fachwissenschaftlich auf seinem Gebiet. In Anerkennung seines lebenslangen Wirkens für die Stenografie verlieh ihm 1961 die „Gesellschaft für Stenografie und Maschinenschreiben“ die Ehrenmitgliedschaft. – D. galt als hervorragender Theoretiker und Praktiker der Stenografie, der in zahlreichen deutschen Stenografiesystemen hervorragende Kenntnisse besaß. Mit fundierten fachwissenschaftlichen Schriften hat er die Entwicklung der deutschen Stenografie begleitet und vorangetrieben. Seine bevorzugten Arbeitsgebiete waren die Methodik und die Systemtheorie, speziell zur deutschen Einheitskurzschrift, sowie die Geschichte der Stenografie. Nicht nur Lehrbücher, Aufsätze in Fachzeitschriften und Denkschriften zeugen von intensiver Beschäftigung mit diesen Themen, sondern auch sein aktives Mitwirken in Ausschüssen und in amtlichen Funktionen. Bereits in jungen Jahren hatte er sich für eine Reformierung des Systems Gabelsberger engagiert. Bei der Umstellung auf die Deutsche Einheitskurzschrift 1924, die sehnlich von ihm erwartet wurde, schrieb er einen Umlernlehrgang, dem im Lauf seines Berufslebens eine Reihe weiterer Schriften zur Modernisierung, methodischen Neugliederung und zum Erlernen der Deutschen Einheitskurzschrift folgte. Seine Veröffentlichung „Ausführliche Zeittafeln zur Geschichte der Stenographie“ gilt bis heute als zuverlässiges und wertvolles Nachschlagewerk.
Quellen Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Stenografische Sammlung.
Werke Ausführliche Zeittafeln zur Geschichte der Stenographie, Dresden 1909, 21922, Nachtrag 1930; mit E. Noë, Storia generale della stenografia, Triest 1912; Stenographie (System Gabelsberger). Methode Rustin, Potsdam/Leipzig 1913; Deutsche Reichskurzschrift. Verkehrsschrift, Dresden 1924; Deutsche Reichskurzschrift. Lehrbuch, Dresden 1925; Vollständiger Lehrgang der Einheitskurzschrift, Wolfenbüttel 1930; Deutsche Stenografie (Einheitskurzschrift), Berlin 1956.
Literatur E. Wedegärtner, Dr. Fritz D. Dresden wird 80 Jahre alt, in: Theorie und Praxis 7/1961, H. 1/2, S. 30-37 (WV); Dr. Friedrich D. 80 Jahre alt, in: Der Stenopraktiker 10/1961, S. 196f.; Dr. Friedrich D., in: Neue Stenografische Praxis 12/1964, H. 2/3, S. 64-68; J. Brandenburg, Dr. D.s vorbildliches Leben und Wirken, in: Einheit und Fortschritt 13/1965, S. 14-16; E. Wedegärtner, Dr. Friedrich D. (1881-1964), in: Deutsche Stenografenzeitung 113/2005, H. 1, S. 27-31, H. 2, S. 56-59, H. 4, S. 144-148, H. 5, S. 178-181, als Sonderdruck Dresden 2005. – DBA II.
Porträt Friedrich D., E. Müller, um 1907, Fotografie, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Stenografische Sammlung; R. Richter, um 1930, Reproduktionsnegativ, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).
Rosemarie Hänsel
2.9.2009
Empfohlene Zitierweise:
Rosemarie Hänsel, Artikel: Friedrich David,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/17559 [Zugriff 19.11.2024].
Friedrich David
Quellen Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Stenografische Sammlung.
Werke Ausführliche Zeittafeln zur Geschichte der Stenographie, Dresden 1909, 21922, Nachtrag 1930; mit E. Noë, Storia generale della stenografia, Triest 1912; Stenographie (System Gabelsberger). Methode Rustin, Potsdam/Leipzig 1913; Deutsche Reichskurzschrift. Verkehrsschrift, Dresden 1924; Deutsche Reichskurzschrift. Lehrbuch, Dresden 1925; Vollständiger Lehrgang der Einheitskurzschrift, Wolfenbüttel 1930; Deutsche Stenografie (Einheitskurzschrift), Berlin 1956.
Literatur E. Wedegärtner, Dr. Fritz D. Dresden wird 80 Jahre alt, in: Theorie und Praxis 7/1961, H. 1/2, S. 30-37 (WV); Dr. Friedrich D. 80 Jahre alt, in: Der Stenopraktiker 10/1961, S. 196f.; Dr. Friedrich D., in: Neue Stenografische Praxis 12/1964, H. 2/3, S. 64-68; J. Brandenburg, Dr. D.s vorbildliches Leben und Wirken, in: Einheit und Fortschritt 13/1965, S. 14-16; E. Wedegärtner, Dr. Friedrich D. (1881-1964), in: Deutsche Stenografenzeitung 113/2005, H. 1, S. 27-31, H. 2, S. 56-59, H. 4, S. 144-148, H. 5, S. 178-181, als Sonderdruck Dresden 2005. – DBA II.
Porträt Friedrich D., E. Müller, um 1907, Fotografie, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Stenografische Sammlung; R. Richter, um 1930, Reproduktionsnegativ, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).
Rosemarie Hänsel
2.9.2009
Empfohlene Zitierweise:
Rosemarie Hänsel, Artikel: Friedrich David,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/17559 [Zugriff 19.11.2024].