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Ernst II. von Mansfeld-Friedeburg

Als einer der großen Militärunternehmer, der die ersten Jahre des Dreißigjährigen Kriegs wesentlich mitgeprägt hat, ist der wegen seiner rücksichtslosen Kriegsführung als „der wilde Mansfelder“ bezeichnete E. der bekannteste Vertreter des alten Grafenhauses, obwohl er die Stammlande nie betreten hat. – Von seinem Vater legitimiert, aber seinen ehelich geborenen Halbgeschwistern nicht gleichgestellt, wurde der sprachbegabte E. am „Hof“ seines Vaters in Luxemburg erzogen. 1594/95 begleitete er seinen Halbbruder Karl II. auf dessen Ungarnfeldzug. Trotz ständiger Schulden und Privatfehden erwarb sich E. frühzeitig große militärische Anerkennung. 1603 kommandierte er kurzzeitig eine Reiterabteilung in Ungarn und diente 1604 bis 1606 als spanischer Offizier in den Niederlanden. Danach machte er sich im Jülich-Klevischen Erbfolgestreit unter Erzherzog Leopold durch seine Plünderungen einen gefürchteten Namen. Vom Erzherzog aus der Gefangenschaft nicht freigekauft und verbittert über die nicht eingehaltenen kaiserlichen Zusagen bezüglich der Durchsetzung seiner Erbansprüche, trat der überschuldete E. als Feind des Hauses Habsburg 1610 im Elsass mit seinen Truppen zur protestantischen Union über. Für deren Verbündeten, den Herzog Karl Emanuel I. von Savoyen, kämpfte er in Italien gegen die Spanier und erhielt zum Dank den Titel eines Markgrafen von Castelnuovo. 1617 teilte der Herzog E. als General der Artillerie den aufständischen böhmischen Ständen zu, worauf er nach der Eroberung von Pilsen (tschech. Plzeň) der Reichsacht verfiel. Aufgrund seiner Zurückhaltung bei der Niederlage des protestantischen „Winterkönigs“ Friedrichs V. von der Pfalz 1620 in der Schlacht am Weißen Berg konnte er die verbliebenen Truppen des böhmischen Ständeheers aufnehmen. E. verhandelte nun ohne Erfolg über einen Übertritt zur katholischen Liga, zog nach Südwestdeutschland und schlug 1622, mit Markgraf Georg Friedrich von Baden vereinigt, eine kaiserliche Armee unter Johann von Tilly bei Wiesloch. Gleichzeitig verhandelte er über einen Separatfrieden mit dem Kaiser und Spanien, wobei er sein großes Ziel, den Reichsfürstenrang und - mit der österreichischen Landvogtei Hagenau im Elsass - ein eigenes Reichsfürstentum zu realisieren hoffte. Nach selbstständig durchgeführten Raubzügen in Hessen und im Elsass trat E. nach der Kapitulation des Winterkönigs und vergeblichen Verhandlungen mit Spanien, Frankreich und den Hugenotten gemeinsam mit Christian von Halberstadt schließlich in den Dienst der niederländischen Generalstaaten. E. wurde nach einer Niederlage gegen die Spanier entlassen, woraufhin er eigenmächtig Ostfriesland verwüstete und 1623 nach erfolglosen Verhandlungen mit der spanischen Statthalterin Isabella einen Dienstvertrag mit Frankreich schloss. Bedrängt durch kaiserliche Truppen ging E. nach England, mit dem er 1624 einen Subsidienvertrag abschloss. 1625 führte er seine neu aufgestellte Armee nach Mitteldeutschland, wurde aber 1626 an der Dessauer Brücke von Albrecht von Wallenstein vernichtend geschlagen. Nur wenige Monate später fiel er mit einer neuen, nun von Frankreich finanzierten Armee in Böhmen und Schlesien ein und schloss sich dann - von Wallenstein in Mähren abgefangen - dem Fürsten Bethlen Gábor von Siebenbürgen an. Nach dessen abermaliger Einigung mit dem Kaiser versuchte E. über das türkische Bosnien zunächst nach Venedig zu gelangen, erlag aber unterwegs einer plötzlichen Krankheit - der zeitgenössischen Überlieferung zufolge aufrecht im Harnisch stehend. – E. verkörperte den Tyus des skrupellosen Condottiere und erscheint - auch nach zeitgenössischen Maßstäben - als eine der negativsten Gestalten der militärisch-politischen Bühne des frühen 17. Jahrhunderts. Über die Konfession des Mansfelders ist seit seinem Lagerwechsel von 1610 zwar viel spekuliert worden, ein förmlicher Übertritt zum Calvinismus ist jedoch nicht belegbar.

Literatur Acta Mansfeldica, 1624; J. G. Zeidler, Acht hundert jähriger an einander hangender Stammbaum Des Uralten Hochlöblichen Helden=Hauses … zu Mannsfeld …, Halle 1703; C. G. Hoffmann, Die Ehre des Fürst= und Gräflichen Hauses Von Mannsfeld …, Leipzig 1717; E. C. Francke, Historie der Graffschaft Manßfeld …, Leipzig 1723; L. F. Niemann, Geschichte der Grafen von Mansfeld, Aschersleben 1834; G. F. Busch, Chronik der Grafschaft Mansfeld, Leimbach 1849; R. Reuss, Graf Ernst von M. im Böhmischen Kriege, Braunschweig 1865; A. C. H. de Villermont, Ernest de Mansfeldt, 2 Bde., Brüssel 1866; L. W. S. Ütterodt zu Scharffenberg, Ernest Graf zu M., Gotha 1867; K. Krumhaar, Die Grafen von Mansfeld und ihre Besitzungen, Eisleben 1872; F. Stieve, Ernst von M., in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Philologische und Historische Klasse 1890, S. 507-548; W. Büningk, Der Graf von M. in Ostfriesland 1622-1624, Aurich 1957; C. V. Wedgwood, Der Dreißigjährige Krieg, Bergisch Gladbach ³1988; V. Press, Kriege und Krisen, München 1991; R. Seidel, Die Grafen von Mansfeld, Egelsbach/Frankfurt/Main/Washington 1998 (P). – ADB 20, S. 222-232; DBA I, II, III; DBE 6, S. 598f.; NDB 16, S. 78f.; C. v. Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreichs, Bd. 16, Wien 1867, S. 400; K. Bosl/G. Franz/H. H. Hofmann (Bearb.), Biographisches Wörterbuch zur Deutschen Geschichte, Bd. 2, Augsburg ²1995, Sp. 1776f.

Porträt E. von Mansfeld, W. Kilian, Kupferstich, Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel.

Jochen Vötsch
7.2.2005


Empfohlene Zitierweise:
Jochen Vötsch, Artikel: Ernst II. von Mansfeld-Friedeburg,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/23573 [Zugriff 29.3.2024].

Ernst II. von Mansfeld-Friedeburg



Literatur Acta Mansfeldica, 1624; J. G. Zeidler, Acht hundert jähriger an einander hangender Stammbaum Des Uralten Hochlöblichen Helden=Hauses … zu Mannsfeld …, Halle 1703; C. G. Hoffmann, Die Ehre des Fürst= und Gräflichen Hauses Von Mannsfeld …, Leipzig 1717; E. C. Francke, Historie der Graffschaft Manßfeld …, Leipzig 1723; L. F. Niemann, Geschichte der Grafen von Mansfeld, Aschersleben 1834; G. F. Busch, Chronik der Grafschaft Mansfeld, Leimbach 1849; R. Reuss, Graf Ernst von M. im Böhmischen Kriege, Braunschweig 1865; A. C. H. de Villermont, Ernest de Mansfeldt, 2 Bde., Brüssel 1866; L. W. S. Ütterodt zu Scharffenberg, Ernest Graf zu M., Gotha 1867; K. Krumhaar, Die Grafen von Mansfeld und ihre Besitzungen, Eisleben 1872; F. Stieve, Ernst von M., in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Philologische und Historische Klasse 1890, S. 507-548; W. Büningk, Der Graf von M. in Ostfriesland 1622-1624, Aurich 1957; C. V. Wedgwood, Der Dreißigjährige Krieg, Bergisch Gladbach ³1988; V. Press, Kriege und Krisen, München 1991; R. Seidel, Die Grafen von Mansfeld, Egelsbach/Frankfurt/Main/Washington 1998 (P). – ADB 20, S. 222-232; DBA I, II, III; DBE 6, S. 598f.; NDB 16, S. 78f.; C. v. Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreichs, Bd. 16, Wien 1867, S. 400; K. Bosl/G. Franz/H. H. Hofmann (Bearb.), Biographisches Wörterbuch zur Deutschen Geschichte, Bd. 2, Augsburg ²1995, Sp. 1776f.

Porträt E. von Mansfeld, W. Kilian, Kupferstich, Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel.

Jochen Vötsch
7.2.2005


Empfohlene Zitierweise:
Jochen Vötsch, Artikel: Ernst II. von Mansfeld-Friedeburg,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/23573 [Zugriff 29.3.2024].