Ernst Hauschild

H. besuchte zunächst die Friedrich-August-Bürgerschule und die Kreuzschule in Dresden, um dann 1821 an die Fürstenschule St. Afra in Meißen zu wechseln. Ab 1826 studierte er Philologie, Philosophie und Theologie an der Universität Leipzig, ging 1828 nach München und promovierte dort zum Dr. phil., vermutlich über ein sprachwissenschaftliches Thema. Seit 1830 arbeitete H. als Lehrer in Amalienburg bei Grimma und anschließend ab 1831 für drei Jahre als Hilfslehrer an der Kreuzschule in Dresden. 1834 bis 1836 unternahm er eine Bildungsreise nach Österreich und Ungarn. Nach seiner Rückkehr ging er nach Leipzig und unterrichtete dort 1837 bis 1849 an der 1. Bürgerschule sowie an der Nikolaischule. – Mit dem „Modernen Gesamtgymnasium“ gründete H. 1849 in Leipzig eine eigene Lehranstalt, die 1854 durch die Errichtung der „Höheren Töchterschule“ erweitert wurde. Sein pädagogisches Konzept, das er ausführlich in den von ihm herausgegebenen „Leipziger Blättern“ beschrieb, lag die Idee vom Gesamtgymnasium zugrunde. Dieses sollte aus einem von allen Schülern zu besuchendem „Progymnasium“ mit den Fremdsprachen Englisch und Französisch bestehen, dem sich entweder das mathematisch-naturwissenschaftliche „Realgymnasium“ oder das humanistische „Gelehrte Gymnasium“ anschloss. H. verbesserte die Methodik des Fremdsprachenunterrichts, führte 1855 den Stenografie- und Turnunterricht für Mädchen ein und legte erste Schulgärten an. – Nachdem H. 1857 seine Privatschulen in andere Hände gegeben hatte, wurde er im selben Jahr zum Direktor der evangelischen Schule in Brünn (tschech. Brno) berufen, kehrte jedoch 1859 nach Leipzig zurück. Er bekleidete zuerst ein Lehramt an der 3. Bürgerschule und übernahm 1860 vorübergehend auch wieder die „Höhere Töchterschule“. Ab 1862 wurde ihm die Leitung der 4. Bürgerschule übertragen. – Außerdem verfasste er zahlreiche Lehrbücher und pädagogische Schriften, in denen er für neue Unterrichtsmethoden plädierte und sich für körperliche Ertüchtigung der Schüler aussprach. – H. setzte sich für eine engere Zusammenarbeit von Schule und Elternhaus ein und unterstützte Moritz Schrebers Forderung nach der Errichtung von Spielplätzen. Am 10.5.1864 wurde auf H.s Initiative hin ein Erziehungsverein gegründet, der dieses Anliegen als Hauptaufgabe betrachtete und nach dem 1861 verstorbenen Schreber benannt wurde. Der erste „Schreberplatz“, ein Spielplatz im Freien, wurde am 29.5.1865 in der Leipziger Westvorstadt eingeweiht. Karl Gesell ließ 1868 in erzieherischer Absicht von den Kindern um den Spielplatz herum Blumenbeete anlegen, die bald mit Unterstützung der Eltern zu Familiengärten wurden. Diese umzäunten Parzellen erhielten den Namen „Schrebergärten“, weil sie nahe der Spielplätze der Schrebervereine entstanden. So entwickelten sich letztere allmählich von Erziehungs- zu Kleingärtnervereinen. – H. gilt heute als Mitinitiator der Schreberbewegung, eines Lebensreformansatzes, der versuchte, Körper und Geist durch Betätigung im Freien miteinander in Einklang zu bringen. Bei der Betrachtung seines Gesamtwerks zeigt sich, dass H. nicht nur ein bedeutender Pädagoge war, sondern auch eine wichtige Rolle bei der Entstehung des Stadtgrüns einnahm, denn das Bild der meisten deutschen Großstädte wird heute auch durch eine Vielzahl von Kleingartenanlagen geprägt.

Quellen Deutsches Kleingärtnermuseum Leipzig, Schreber-Archiv; Sächsisches Staatsarchiv - Staatsarchiv Leipzig, Ahnenlistensammlung, Amtsgericht Leipzig.

Werke Über Erziehung und Unterricht der Kinder in und außer dem elterlichen Hause, auf dem Lande und in der Stadt, Leipzig 1840; Die Bildungselemente der deutschen, französischen und englischen Sprache, Leipzig 1847; Über formale und reale Bildung, Leipzig 1849; (Hg.), Leipziger Blätter über Erziehung und Unterricht 1/1855-3/1857; Pädagogische Briefe aus der Schule an das Elternhaus, Bd. 1, Bremen 1860, Bd. 2, Leipzig 1862, Bd. 3, Leipzig 1865.

Literatur T. Hagen, Erinnerungen an meinen Vater Dr. H., in: Der Freund der Schrebervereine 11/1908, S. 227-229; P. Benndorf, Der Alte Johannisfriedhof in Leipzig, Leipzig 1922, S. 181; M. Bähr, Erziehung zur Lebenstüchtigkeit durch harmonisches Miteinander von Körper und Geist, in: Leipzig 7/1990, hrsg. vom Museum für Geschichte der Stadt Leipzig, S. 59-75; G. Katsch, Moritz Schreber und die Leipziger Schrebervereine, in: Der Schrebergärtner 3/2003, S. 57-65; ders., Von der Parteien Gunst und Hass verwirrt. Moritz Schreber und Ernst H., in: ebd. 8/2008, S. 7-10; C. Hildebrand, Der Beitrag des Deutschen Kleingärtnermuseums zum 200. Jubiläum der Geburt von Schreber und H., in: ebd. 8/2008, S. 11-18. – ADB 11, S. 83f.; DBA I, III; DBE 4, S. 446; J. B. Heindl (Hg.), Galerie berühmter Pädagogen, verdienter Schulmänner, Jugend- und Volksschriftsteller und Componisten, Bd. 1, München 1859, S. 301-304 (WV); C. v. Wurzbach (Hg.), Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 8, Wien u.a. 1862, S. 305-311.

Porträt Fotografie, Deutsches Kleingärtnermuseum Leipzig, Schreber-Archiv, Signatur VIII-1, Blatt 17, Bild 97 (Bildquelle).

Andrea Mallon
21.10.2010


Empfohlene Zitierweise:
Andrea Mallon, Artikel: Ernst Hauschild,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1985 [Zugriff 2.11.2024].

Ernst Hauschild



Quellen Deutsches Kleingärtnermuseum Leipzig, Schreber-Archiv; Sächsisches Staatsarchiv - Staatsarchiv Leipzig, Ahnenlistensammlung, Amtsgericht Leipzig.

Werke Über Erziehung und Unterricht der Kinder in und außer dem elterlichen Hause, auf dem Lande und in der Stadt, Leipzig 1840; Die Bildungselemente der deutschen, französischen und englischen Sprache, Leipzig 1847; Über formale und reale Bildung, Leipzig 1849; (Hg.), Leipziger Blätter über Erziehung und Unterricht 1/1855-3/1857; Pädagogische Briefe aus der Schule an das Elternhaus, Bd. 1, Bremen 1860, Bd. 2, Leipzig 1862, Bd. 3, Leipzig 1865.

Literatur T. Hagen, Erinnerungen an meinen Vater Dr. H., in: Der Freund der Schrebervereine 11/1908, S. 227-229; P. Benndorf, Der Alte Johannisfriedhof in Leipzig, Leipzig 1922, S. 181; M. Bähr, Erziehung zur Lebenstüchtigkeit durch harmonisches Miteinander von Körper und Geist, in: Leipzig 7/1990, hrsg. vom Museum für Geschichte der Stadt Leipzig, S. 59-75; G. Katsch, Moritz Schreber und die Leipziger Schrebervereine, in: Der Schrebergärtner 3/2003, S. 57-65; ders., Von der Parteien Gunst und Hass verwirrt. Moritz Schreber und Ernst H., in: ebd. 8/2008, S. 7-10; C. Hildebrand, Der Beitrag des Deutschen Kleingärtnermuseums zum 200. Jubiläum der Geburt von Schreber und H., in: ebd. 8/2008, S. 11-18. – ADB 11, S. 83f.; DBA I, III; DBE 4, S. 446; J. B. Heindl (Hg.), Galerie berühmter Pädagogen, verdienter Schulmänner, Jugend- und Volksschriftsteller und Componisten, Bd. 1, München 1859, S. 301-304 (WV); C. v. Wurzbach (Hg.), Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 8, Wien u.a. 1862, S. 305-311.

Porträt Fotografie, Deutsches Kleingärtnermuseum Leipzig, Schreber-Archiv, Signatur VIII-1, Blatt 17, Bild 97 (Bildquelle).

Andrea Mallon
21.10.2010


Empfohlene Zitierweise:
Andrea Mallon, Artikel: Ernst Hauschild,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1985 [Zugriff 2.11.2024].