Ernst Anschütz

A. war ein vielseitig begabter Künstler und ist v.a. als Dichter des bekannten Weihnachtslieds „O Tannenbaum“ in Erinnerung geblieben. – Nach Hausunterricht beim Vater und Besuch der Dorfschule studierte A., dem Wunsch des Vaters folgend, ab Ostern 1798 an der Universität Leipzig Theologie. 1802 wurde er dort zum Dr. phil. promoviert. Da er sich zum Freimaurertum bekannte und der Leipziger Loge „Apollo“ angehörte, blieben ihm alle weiteren Kirchenämter verschlossen. Vermutlich aus demselben Grund blieb ihm auch die Direktorenstelle an der Bürgerschule Zittau verwehrt. 1799 wurde A. als Lehrer an der von dem Buchhändler Johann Wendler gestifteten Armenschule (Wendlersche Freischule) in Leipzig angestellt, an der er Geschichtsunterricht erteilte. 1806 wechselte er an die dortige Bürgerschule auf der Moritzbastei. Zwei Jahre später legte er das Pädagogikexamen in Dresden ab. – A. pflegte Gesang, Klavier- und Orgelspiel, später auch Violine, Viola, Violoncello und Klarinette, studierte einige Jahre Generalbass bei dem sächsischen Kirchenkomponisten Johann Gottfried Schicht und nahm großen Anteil am musikalischen Leben Leipzigs. Er erteilte auch selbst Privatunterricht in den genannten Instrumenten, vorrangig im Hause des Verlegers Friedrich Arnold Brockhaus. Am 30.4.1819 übernahm A. die Organistenstelle an der Matthäikirche in Leipzig, für die er 1821 eine Vergütung von 130 Talern pro Jahr erhielt. Er sammelte Psalmodien und Liederbücher, musste allerdings viele davon wieder verkaufen, wenn seine Schulden zu groß geworden waren. – Am 15.12.1847 wurde A. von der Freimaurerloge „Zum goldenen Apfel im Orient“ in Dresden zum Ehrenmitglied ernannt. Im Februar 1849 brannte seine Wohnung aus, ein Freund konnte ihm die in losen Blättern gesammelten Gedichte retten, sodass A. diese 1851 als „Vermischte Gedichte“ im Verlag von Robert Friese in Leipzig veröffentlichen konnte. Ostern 1849 wurde er pensioniert. – Die literarischen und kompositorischen Arbeiten A.s waren eng mit seiner beruflichen Tätigkeit als Lehrer und Kantor verbunden. Sein „Musikalisches Schulgesangbuch“ (1824) stellte die für Volksschulen benötigten Elemente des Gesangsunterrichts bereit und führte Volkslieder in den Unterricht ein. Aus einem Fundus von über 2.000 musikalischen Sätzen suchte er gefällige Melodien aus. Die Texte fand er im tradierten Liedgut oder im laufenden Angebot der Zeitungen und Zeitschriften, an denen er mitarbeitete (z.B. „Abendzeitung“, „Der Freimütige“) oder er dichtete selbst Texte für Kinderlieder. Von den Liedern, die in dem Schulgesangbuch zum ersten Mal erschienen, hat A. u.a. „Es klappert die Mühle am rauschenden Bach“, „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“ oder „Alle meine Entchen schwimmen auf dem See“ gedichtet und komponiert. Später entstanden zudem die Lieder „Auf dem grünen Rasen“, „Alle Jahre wieder“ (Text: Wilhelm Hey, Komposition: A., 1837) und „Ei, ei, ei, ihr Hühnerchen“ (Komposition: A.). – Das bekannteste Lied von A. ist „O Tannenbaum“. Erst er machte es zu einem Weihnachtslied, indem er 1824 eine von dem Berliner Pädagogen, Prediger und Volksliedsammler August Zarnack bearbeitete Fassung um die 2. und 3. Strophe erweiterte. Ob auch die Melodie zu diesem Lied von ihm stammt, ist nicht nachgewiesen. Da das Notenblatt hierzu aber von 1824 stammt und sich von der Fassung Zarnacks unterscheidet, ist dies recht wahrscheinlich.

Quellen Stadtarchiv Leipzig, Familiennachlass Anschütz.

Werke Autobiographie [MS, Privatbesitz M. Altner]; Musikalisches Schulgesangbuch, Leipzig 1824, ³1830; Vermischte Gedichte, Leipzig 1851; Bald kommt der Weihnachtsmann, Erlangen 1997.

Literatur R. Anschütz, Magister Ernst A. [MS, vor 1980, Privatbesitz M. Altner]; E. Humperdinck (Hg.), Sang und Klang fürs Kinderherz, 2 Bde., Bd. 1, Berlin 1909, S. 17, Bd. 2, Berlin 1911, S. 29, 38; W. Hansen, Deutsche Volkspoesie, Genf 1994, S. 219, 223, 307; K. Franz/H. Gärtner (Hg.), Kinderlyrik zwischen Tradition und Moderne, Baltmannsweiler 1996, S. 124; B. Horn-Kolditz, „O Tannenbaum“, in: Sächsisches Archivblatt 2008, H. 2, S. 3f. – DBA I; M. Altner, Sächsische Lebensbilder, Radebeul 2001, S. 14-16 (Bildquelle); ders., Ernst A., in: K. Franz/G. Lange/F.-J. Payrhuber (Hg.), Kinder- und Jugendliteratur, 22. Ergänzungslieferung, Meitingen 2004, S. 1-7.

Manfred Altner
12.1.2011


Empfohlene Zitierweise:
Manfred Altner, Artikel: Ernst Anschütz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/17902 [Zugriff 23.12.2024].

Ernst Anschütz



Quellen Stadtarchiv Leipzig, Familiennachlass Anschütz.

Werke Autobiographie [MS, Privatbesitz M. Altner]; Musikalisches Schulgesangbuch, Leipzig 1824, ³1830; Vermischte Gedichte, Leipzig 1851; Bald kommt der Weihnachtsmann, Erlangen 1997.

Literatur R. Anschütz, Magister Ernst A. [MS, vor 1980, Privatbesitz M. Altner]; E. Humperdinck (Hg.), Sang und Klang fürs Kinderherz, 2 Bde., Bd. 1, Berlin 1909, S. 17, Bd. 2, Berlin 1911, S. 29, 38; W. Hansen, Deutsche Volkspoesie, Genf 1994, S. 219, 223, 307; K. Franz/H. Gärtner (Hg.), Kinderlyrik zwischen Tradition und Moderne, Baltmannsweiler 1996, S. 124; B. Horn-Kolditz, „O Tannenbaum“, in: Sächsisches Archivblatt 2008, H. 2, S. 3f. – DBA I; M. Altner, Sächsische Lebensbilder, Radebeul 2001, S. 14-16 (Bildquelle); ders., Ernst A., in: K. Franz/G. Lange/F.-J. Payrhuber (Hg.), Kinder- und Jugendliteratur, 22. Ergänzungslieferung, Meitingen 2004, S. 1-7.

Manfred Altner
12.1.2011


Empfohlene Zitierweise:
Manfred Altner, Artikel: Ernst Anschütz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/17902 [Zugriff 23.12.2024].