Eduard Schmidlin

Als Kunst- und Handelsgärtner, Gartenplaner, Botaniker, viel gelesener Verfasser von Gartenbüchern und später als erfolgreicher Hotelier und Tourismuspionier war S. eine äußerst vielseitige Persönlichkeit und außerdem ein eminent politischer Kopf mit engen Verbindungen zu republikanischen Kreisen. – S. entstammte einer alteingesessenen Württemberger Familie, die mehrere höhere Beamte und kirchliche Würdenträger hervorgebracht hatte. Er besuchte in Stuttgart das Gymnasium und begann 1824 eine Ausbildung als Gärtner im Hofgarten in Stuttgart. Ab 1828 studierte er für ein Jahr an der Eberhard Karls Universität Tübingen, hörte dort Naturgeschichte, Physik sowie Chemie und hospitierte an der staatswissenschaftlichen Fakultät. Nach seiner Rückkehr nach Stuttgart arbeitete er als Gärtnergehilfe und blieb in dieser Funktion bis 1833 im Hofdienst tätig; daneben unterrichtete er als Privatdozent Botanik. Für einen Gärtner war S. damit außerordentlich gut ausgebildet. – Als Mitglied der burschenschaftlichen Tübinger Feuerreiter war S. an den revolutionären Ereignissen im Umkreis des Stuttgarter Buchhändlers Friedrich Gottlob Franckh beteiligt und gehörte zu den Verschwörern, die am 3.4.1833 die Frankfurter Hauptwache stürmten. S. wurde verhaftet und 1838 wegen „intellectuelle[r] Beihülfe zu versuchtem Hochverrathe“ zu zehn Monaten Festungshaft auf dem Hohenasperg verurteilt. – 1832 erschien S.s erstes Buch (Flora von Stuttgart), und er machte sich bald einen Namen als Autor von weiteren Pflanzen- und Gartenbüchern. 1834 eröffnete er in Stuttgart eine eigene Gärtnerei und im Jahr darauf wurde er mit der Ausführung der Parkanlage auf der Schillerhöhe in Marbach/Neckar betraut. Etwa 1838 bis 1843 lebte er im Raum Konstanz und legte u.a. im Auftrag von Prinz Louis Napoléon, dem späteren französischen Kaiser, und/oder dessen Mutter Hortense eine Parkanlage bei Schloss Gottlieben (Schweiz, Kanton Thurgau) an. Das 1843 veröffentlichte und mehrfach neu aufgelegte Standardwerk „Die bürgerliche Gartenkunst“ machte S. zu einem der meistgelesenen Gartenbuchautoren des 19. Jahrhunderts. 1848 bis 1853 war er als Hofgärtner und Ökonomie-Verwalter für Fürst Constantin von Waldburg-Zeil tätig. Seine großen Pläne zur Neugestaltung der Außenanlagen konnten allerdings nicht finanziert werden, weshalb sich S. schließlich erneut in Stuttgart niederließ, wo er v.a. als Gartenautor tätig war. – Mitte 1857 wurde S. von Conrad von Rappard in die Schweiz berufen. Rappard war als Abgeordneter im Frankfurter Parlament nach dem Scheitern der Revolution von 1848/49 nach Zürich geflüchtet und hatte dann im Kanton Bern Wohnsitz genommen. 1854 kaufte Rappard mit seinem Bruder das Gelände am Giessbach über dem Brienzersee im Berner Oberland und ließ dort ein neues großes Hotel erbauen. S.s Aufgabe war zunächst die Gestaltung der Garten- und Parkanlagen, aber nach kurzer Zeit übernahm er auch die Verwaltung des Hotels und war in dieser Funktion so tüchtig, dass er 1858, nach dem Verkauf der Anlage an die Vereinigte Dampfschifffahrtsgesellschaft für den Thuner- und Brienzersee, weiterhin als Verwalter tätig war. Er machte den Giessbach zu einer der meist besuchten Fremdenverkehrsattraktionen im Berner Oberland. Im April 1868 wurde S. und seiner Familie das Schweizer Bürgerrecht erteilt. 1870 kaufte die Hoteliersfamilie Hauser die Hotelanlage und S. musste sich mit über 60 Jahren nach einer neuen Arbeit umsehen. Nach zwei Jahren als Verwaltungsdirektor der Wasserheilanstalt „Königliches Bad Teinach“ (heute Bad Teinach-Zavelstein) im Schwarzwald, kehrte er 1872 in die Schweiz zurück und übernahm die Direktion des Hotels Bellevue in Thun. Ende 1882 zog er sich als Privatier nach Dresden zurück, wo seine Tochter Bertha lebte.

Quellen Diözesanarchiv Rottenburg; Staatsarchiv des Kantons Bern; Württembergisches Staatsarchiv.

Werke Flora von Stuttgart oder Beschreibung der in der Umgegend von Stuttgart wildwachsenden sichtbar blühenden Gewächse. Nebst einem Anhange über die in der Stuttgarter Umgegend im Größeren angebauten ökonomischen Gewächse, Stuttgart 1832; Gründliche Anleitung zur Kultur der Gurken, Melonen und übrigen kürbisfrüchtigen Gewächse, Stuttgart 1833; (Bearb.), Johann Jakob Walters allgemeines deutsches Gartenbuch oder neue gemeinnützliche und vollständige praktische Anleitung zur Anlegung und Behandlung der Lust-, Küchen- und Baumgärten, 3 Teile, Stuttgart 41834/35; Flor- oder Blumenkalender enthaltend eine alphabetische Zusammenstellung aller für Lust- und Blumengärten, so wie für Gewächshäuser und die Zimmer-Gärtnerei vorzugsweise geeigneten Zierpflanzen, nach ihrer Blüthezeit, Höhe und Farbe der Blumen geordnet, Stuttgart 1835; Die Blumensprache, ausgedrückt durch in Teutschland wild wachsende Pflanzen, nebst Beschreibung derselben und genauer Angabe ihrer Standörter, Blüthezeit etc., Stuttgart 1839; Die bürgerliche Gartenkunst oder praktische Anleitung zur zweckmäßigen Anlage, Eintheilung und Bestellung der Haus- und Wirthschafts-Gärten, Stuttgart 1843, 31863 (ND Holzminden 2001); Anleitung zum Botanisiren und zur Anlegung der Pflanzensammlungen, Stuttgart 1846, 21858; Der Wintergarten. Vollständige und fassliche Anleitung zur Blumenzucht im Zimmer, Stuttgart 1847; Abbildung und Beschreibung der wichtigsten Futtergräser nebst Angabe ihrer Cultur und ihres Nutzens, Stuttgart 1849, Esslingen 21868; H. Stephens, Buch der Land- und Hauswirthschaft, 2 Bde., Stuttgart 1855 (Übersetzung aus dem Englischen); Populäre Botanik oder gemeinfassliche Anleitung zum Studium der Pflanze und des Pflanzenreiches, Stuttgart 1857, 31876; Souvenir du Giessbach, Stuttgart.

Literatur K. Philipp, Burschenschaft Germania Tübingen. Gesamtverzeichnis der Mitglieder seit der Gründung 12. Dezember 1816, Tübingen 2008; T. Krebs, Eduard S. - Gärtner, Botaniker und Hotelier, in: G. Taddey u.a. (Hg.), Lebensbilder aus Baden-Württemberg, Stuttgart 2010, S. 176-198; ders., Eduard S. (1808-1890), in: Zandera. Mitteilungen aus der Bücherei des Deutschen Gartenbaues e.V. 26/2011, S. 14-28; D. Gügel, Unbekanntes Gottlieben. Ein Beitrag zur Exilgeschichte der Bonapartes am Bodensee, in: Das Delphin-Buch. Konstanzer Beiträge zu Geschichte und Gegenwart NF 11/2013, S. 80-118. – C. Hünemörder (Hg.), Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft, Bd. I: Politiker, Teilbd. 5: R-S, Heidelberg 2002, S. 264.

Thomas Krebs
14.7.2015


Empfohlene Zitierweise:
Thomas Krebs, Artikel: Eduard Schmidlin,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25544 [Zugriff 22.11.2024].

Eduard Schmidlin



Quellen Diözesanarchiv Rottenburg; Staatsarchiv des Kantons Bern; Württembergisches Staatsarchiv.

Werke Flora von Stuttgart oder Beschreibung der in der Umgegend von Stuttgart wildwachsenden sichtbar blühenden Gewächse. Nebst einem Anhange über die in der Stuttgarter Umgegend im Größeren angebauten ökonomischen Gewächse, Stuttgart 1832; Gründliche Anleitung zur Kultur der Gurken, Melonen und übrigen kürbisfrüchtigen Gewächse, Stuttgart 1833; (Bearb.), Johann Jakob Walters allgemeines deutsches Gartenbuch oder neue gemeinnützliche und vollständige praktische Anleitung zur Anlegung und Behandlung der Lust-, Küchen- und Baumgärten, 3 Teile, Stuttgart 41834/35; Flor- oder Blumenkalender enthaltend eine alphabetische Zusammenstellung aller für Lust- und Blumengärten, so wie für Gewächshäuser und die Zimmer-Gärtnerei vorzugsweise geeigneten Zierpflanzen, nach ihrer Blüthezeit, Höhe und Farbe der Blumen geordnet, Stuttgart 1835; Die Blumensprache, ausgedrückt durch in Teutschland wild wachsende Pflanzen, nebst Beschreibung derselben und genauer Angabe ihrer Standörter, Blüthezeit etc., Stuttgart 1839; Die bürgerliche Gartenkunst oder praktische Anleitung zur zweckmäßigen Anlage, Eintheilung und Bestellung der Haus- und Wirthschafts-Gärten, Stuttgart 1843, 31863 (ND Holzminden 2001); Anleitung zum Botanisiren und zur Anlegung der Pflanzensammlungen, Stuttgart 1846, 21858; Der Wintergarten. Vollständige und fassliche Anleitung zur Blumenzucht im Zimmer, Stuttgart 1847; Abbildung und Beschreibung der wichtigsten Futtergräser nebst Angabe ihrer Cultur und ihres Nutzens, Stuttgart 1849, Esslingen 21868; H. Stephens, Buch der Land- und Hauswirthschaft, 2 Bde., Stuttgart 1855 (Übersetzung aus dem Englischen); Populäre Botanik oder gemeinfassliche Anleitung zum Studium der Pflanze und des Pflanzenreiches, Stuttgart 1857, 31876; Souvenir du Giessbach, Stuttgart.

Literatur K. Philipp, Burschenschaft Germania Tübingen. Gesamtverzeichnis der Mitglieder seit der Gründung 12. Dezember 1816, Tübingen 2008; T. Krebs, Eduard S. - Gärtner, Botaniker und Hotelier, in: G. Taddey u.a. (Hg.), Lebensbilder aus Baden-Württemberg, Stuttgart 2010, S. 176-198; ders., Eduard S. (1808-1890), in: Zandera. Mitteilungen aus der Bücherei des Deutschen Gartenbaues e.V. 26/2011, S. 14-28; D. Gügel, Unbekanntes Gottlieben. Ein Beitrag zur Exilgeschichte der Bonapartes am Bodensee, in: Das Delphin-Buch. Konstanzer Beiträge zu Geschichte und Gegenwart NF 11/2013, S. 80-118. – C. Hünemörder (Hg.), Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft, Bd. I: Politiker, Teilbd. 5: R-S, Heidelberg 2002, S. 264.

Thomas Krebs
14.7.2015


Empfohlene Zitierweise:
Thomas Krebs, Artikel: Eduard Schmidlin,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25544 [Zugriff 22.11.2024].