Edmund Fischer
Nach dem Besuch von Volks- und Mittelschule in Darmstadt erlernte F. das Handwerk des Holzbildhauers und besuchte die Gewerbeschule in Hornberg. Während seiner Wanderjahre, die ihn durch Deutschland, Frankreich und die Niederlande führten, trat er 1882 der Gewerkschaft und der Sozialdemokratischen Partei bei. 1890 wurde F. Mitbegründer und Vorstandsmitglied der SPD in Frankfurt/Main, war dort 1891/92 Expedient und von März bis Dezember 1892 Vorsitzender der Parteiorganisation und Redakteur der „Volksstimme“. Im gleichen Jahr arbeitete F. im sächsischen Zentralagitationskomitee gegen das Dreiklassenwahlrecht mit. 1893 kam er als Redakteur der „Sächsischen Arbeiterzeitung“ nach Dresden und lebte nach seinem Ausscheiden aus der Redaktion 1898 als Publizist und freier Schriftsteller in Briesnitz bei Dresden. Diese Trennung rührte hauptsächlich aus einer Kontroverse mit dem damals bestimmenden Vertreter der sächsischen Arbeiterpresse Parvus (eigentl. Alexander Helphand) her, die sich um die Rolle der Gemeinwirtschaft, der Sozialisierung und Kommunalisierung auf dem Weg zum Sozialismus entspann. F. war ein entschiedener Vertreter einer weitgehenden Kommunalisierung lebenswichtiger Betriebe, die im Zusammenhang mit quasiparlamentarisch organisierter Vertretung und Verwaltung der Städte und Gemeinden allmählich zu einem wirtschaftlich verankerten munizipalen Sozialismus führen sollte. – Als eigene Presseprojekte gab F. 1898 bis 1908 die Wochenschrift „Der arme Teufel aus der Oberlausitz“ und 1901 bis 1904 „Der arme Lazarus aus dem Erzgebirge“ heraus sowie um 1914 eine „Leitartikel-Korrespondenz“. Danach war er 1914 bis 1922 ständiger Mitarbeiter der „Sozialistischen Monatshefte“ für die Rubrik Staatssozialismus. – F. war Delegierter der SPD-Parteitage zwischen 1895 und 1916. Von 1898 bis 1907 und 1912 bis 1918 war F. sozialdemokratischer Reichstagsabgeordneter, 1903 hatte er den Zittauer Wahlkreis für seine Partei gewonnen. 1905 bis 1912 wurde er zum Gemeinderat in Briesnitz gewählt. F. verzichtete auf sein Mandat zur Nationalversammlung, weil er 1919 als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter in das sächsische Ministerium des Innern berufen wurde, um eine umfassende Reform der Vertretung und Verwaltung der sächsischen Gemeinden vorzubereiten. Aus diesem Projekt gingen zahlreiche Veröffentlichungen in der „Sächsischen Gemeindezeitung“, deren Redaktion er von 1922 bis zu seinem Tode leitete, und anderen Presseorganen hervor. Gleichzeitig 1922 zum Direktor der Landesstelle für Gemeinwirtschaft in Sachsen berufen, war F. der wesentliche Urheber der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen vom 1.8.1923, die eines der bedeutendsten Gesetzesprojekte der sozialdemokratischen Regierungen Sachsens darstellte, auch wenn er persönlich mit der letztlich verabschiedeten Fassung wegen mangelnder Konsequenz unzufrieden war. – 1924 wurde F. zum Stadtverordneten in Dresden und im selben Jahr vom Kollegium zum Vorsteher der Stadtverordnetenversammlung sowie 1925 zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. – Problematisch für seine politische Tätigkeit blieben zeitlebens sein aufbrausendes Temperament und seine Leidenschaft in Auseinandersetzungen, die immer wieder zum Streit innerhalb der Partei über seine öffentlichen Äußerungen führten. F. beendete sein Leben durch Suizid aufgrund einer schweren Krankheit.
Quellen Sächsische Gemeindezeitung; B. Rackwitz, Biographischer Anhang zur Geschichte der Stadtverordneten 1837 bis 1947, Dresden 1949; Bundesarchiv Berlin, Nachlass F.
Werke Die Lage der Arbeiter in der Sächs. Oberlausitz speziell im I. Sächs. Reichtags-Wahlkreis ..., Zittau 1898; Frauenarbeit und Familie, Dresden 1914; Das sozialistische Werden: die Tendenzen der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, Leipzig 1918; Sozialismus und Beamtenschaft, Berlin [1919]; Demokratie, München 1919; Die gemeinwirtschaftliche Regelung der Milchversorgung, Dresden 1919; Die Reform der Gemeinde-Gesetzgebung in Sachsen, Dresden [1919]; Die Reform der Gemeinde-Gesetzgebung: zwei Vorträge geh. am 7. November 1919, Dresden 1920; Die Entwicklung der Gemeinwirtschaft in Sachsen, Dresden 1920; Die Sozialisierung der Wasserwirtschaft, Dresden 1920; Die Sozialisierung des Bestattungswesens, Dresden 1921; Die Sozialisierung des Wohnungswesens und der Baustoffproduktion, Dresden 1921.
Literatur Nachruf, in: Dresdner Volkszeitung 12.6.1925, S. 1. – DBA II, III; W. H. Schröder, Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs- und Landtagen 1867-1933, Düsseldorf 1995, S. 439.
Porträt Reproduktion nach Fotopostkarte, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).
Gunda Ulbricht
9.6.2005
Empfohlene Zitierweise:
Gunda Ulbricht, Artikel: Edmund Fischer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/10095 [Zugriff 23.12.2024].
Edmund Fischer
Quellen Sächsische Gemeindezeitung; B. Rackwitz, Biographischer Anhang zur Geschichte der Stadtverordneten 1837 bis 1947, Dresden 1949; Bundesarchiv Berlin, Nachlass F.
Werke Die Lage der Arbeiter in der Sächs. Oberlausitz speziell im I. Sächs. Reichtags-Wahlkreis ..., Zittau 1898; Frauenarbeit und Familie, Dresden 1914; Das sozialistische Werden: die Tendenzen der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, Leipzig 1918; Sozialismus und Beamtenschaft, Berlin [1919]; Demokratie, München 1919; Die gemeinwirtschaftliche Regelung der Milchversorgung, Dresden 1919; Die Reform der Gemeinde-Gesetzgebung in Sachsen, Dresden [1919]; Die Reform der Gemeinde-Gesetzgebung: zwei Vorträge geh. am 7. November 1919, Dresden 1920; Die Entwicklung der Gemeinwirtschaft in Sachsen, Dresden 1920; Die Sozialisierung der Wasserwirtschaft, Dresden 1920; Die Sozialisierung des Bestattungswesens, Dresden 1921; Die Sozialisierung des Wohnungswesens und der Baustoffproduktion, Dresden 1921.
Literatur Nachruf, in: Dresdner Volkszeitung 12.6.1925, S. 1. – DBA II, III; W. H. Schröder, Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs- und Landtagen 1867-1933, Düsseldorf 1995, S. 439.
Porträt Reproduktion nach Fotopostkarte, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).
Gunda Ulbricht
9.6.2005
Empfohlene Zitierweise:
Gunda Ulbricht, Artikel: Edmund Fischer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/10095 [Zugriff 23.12.2024].