Christian Gottlob Wild

W. gilt als Begründer der erzgebirgischen Mundartdichtung. Wenngleich sein literarisches Schaffen deutlich weniger Bekanntheit erlangte als die vergleichbaren Werke von Johann Peter Hebel, Johann Heinrich Voß, Ludwig Thoma, Klaus Groth, Peter Rosegger und Fritz Reuter, so teilt W. mit jenen Autoren doch das Anliegen, die regionalen Dialekte und Volksdichtungen zum anerkannten Bestandteil der deutschen Literatur zu machen. – Aufgewachsen im Milieu einer erzgebirgischen Kleinstadt, erhielt W. seine schulische Ausbildung in Annaberg und Schneeberg und nahm 1805 ein Theologiestudium in Wittenberg auf. Bereits als Student schuf W. die Grundlagen seiner späteren volkskundlichen und dichterischen Tätigkeit, indem er ausgedehnte Wanderungen durch Thüringen, den Harz, das Erzgebirge, die Sächsische Schweiz, die Lausitz und Böhmen unternahm. Sein einziges größeres Werk mit dem Titel „Interessante Wanderungen durch das Sächsische Ober-Erzgebirge“ geht auf das Jahr 1807 zurück und wurde ohne Verfasserangabe 1809 in Freiberg gedruckt. Regionaler Schwerpunkt dieser detaillierten und gefühlsbetonten Landschaftsliteratur ist die Gegend um Johanngeorgenstadt, Schneeberg, Bockau und das Auersberg-Gebiet. Ob die Veröffentlichung, wie vielfach vermutet, aus Geldsorgen erfolgte, ist unsicher, doch tritt dagegen das Motiv, die bei seinen Zeitgenossen weit verbreitete Unkenntnis und Geringschätzung des Erzgebirges als „Sächsisches Sibirien“ zu überwinden, umso deutlicher zutage. W.s romantisch verbrämtes Werk verdrängte die Vorstellung von der Wildnis des Gebirges und regte dazu an, die beschriebenen Wanderungen selbst nachzuvollziehen. Darin folgt W. dem literarischen Schaffen Gotthelf Friedrich Oesfelds. – Nach verschiedenen Anstellungen als Lehrer wurde W. 1816 als Pfarrer nach Carlsfeld bei Eibenstock berufen. Im selben Jahr erschien sein Sammelband „Vermischte Gedichte“, der neben Naturschilderungen auch drei Gedichte in erzgebirgischer und zwei in vogtländischer Mundart enthielt. Insgesamt werden W. heute 18 Mundartlieder und -gedichte zugeschrieben, fast alle davon sind Jugendwerke. Seine Dichtungen weisen ihn als trefflichen Beobachter, exzellenten Kenner erzgebirgischer Bräuche und Alltagskultur und kräftigen Förderer der erzgebirgischen Mundart aus. Unter dem Eindruck der ärmlichen Lebensverhältnisse der erzgebirgischen Wald-, Berg- und Hüttenarbeiter stehend, lässt W.s Werk darüber hinaus einen bemerkenswerten Mut zur Sozialkritik erkennen. – Gleichwohl genoss W. zu Lebzeiten als Prediger größere Popularität denn als Dichter. Nach achtjähriger Tätigkeit in Carlsfeld wechselte er am 12.12.1824 als Pfarrer nach Breitenbrunn. Hier wirkte er an der Konzeption eines neuen, den ländlichen Verhältnissen angepassten Lehrplans für den Schulunterricht mit und trat als Lokalschulinspektor für den Bau einer zweiten Dorfschule ein. In seiner Funktion als Pfarrer gelang es W., erzgebirgisches Brauchtum, namentlich Bergumzüge und Weihnachts-Krippenspiele, in das geistliche Leben seiner Parochie zu integrieren. W.s Gesamtwerk stellt einen unschätzbaren Beitrag für die Volkskunde des Erzgebirges dar. Seine Lieder und Gedichte zählen heute zum Standard-Repertoire erzgebirgischer Gesangs- und Instrumentalgruppen. – W. starb im Alter von 53 Jahren nach einem schweren Gichtleiden. Sein Grabmal gilt als verschollen.

Werke Interessante Wanderungen durch das Sächsische Ober-Erzgebirge, Freiberg 1809 (ND Berlin 1997); Vermischte Gedichte, Schneeberg 1816; H. Köselitz (Hg.), Pfarrer Wildsche und einige andere Gedichte, Annaberg 1896 (Dresden ³1921).

Literatur R. Jahn, Christian Gottlob W., in: Heimatblätter. Beilage des Erzgebirgischen Volksfreunds 1935, Bl. 11; F. H. Löscher, Christian Gottlob W. Der Vater der erzgebirgischen Mundartdichtung, in: Kalender für das Erzgebirge und das übrige Sachsen, Leipzig 1935 (ND in: E. Löscher (Hg.), Heimat Erzgebirge, Berlin 1997, S. 228-230); A. Zirkler, Christian Gottlob W., in: Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz 26/1937, S. 147-151; C. Teller, Christian Gottlob W. - zum 200. Geburtstag, in: Sächsische Heimatblätter 32/1986, H. 5, S. 229-233 (P, WV); E. Werner, Mundart im Erzgebirge, Marienberg 1999. – DBA I.

Michael Wetzel
14.11.2013


Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Christian Gottlob Wild,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25250 [Zugriff 22.12.2024].

Christian Gottlob Wild



Werke Interessante Wanderungen durch das Sächsische Ober-Erzgebirge, Freiberg 1809 (ND Berlin 1997); Vermischte Gedichte, Schneeberg 1816; H. Köselitz (Hg.), Pfarrer Wildsche und einige andere Gedichte, Annaberg 1896 (Dresden ³1921).

Literatur R. Jahn, Christian Gottlob W., in: Heimatblätter. Beilage des Erzgebirgischen Volksfreunds 1935, Bl. 11; F. H. Löscher, Christian Gottlob W. Der Vater der erzgebirgischen Mundartdichtung, in: Kalender für das Erzgebirge und das übrige Sachsen, Leipzig 1935 (ND in: E. Löscher (Hg.), Heimat Erzgebirge, Berlin 1997, S. 228-230); A. Zirkler, Christian Gottlob W., in: Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz 26/1937, S. 147-151; C. Teller, Christian Gottlob W. - zum 200. Geburtstag, in: Sächsische Heimatblätter 32/1986, H. 5, S. 229-233 (P, WV); E. Werner, Mundart im Erzgebirge, Marienberg 1999. – DBA I.

Michael Wetzel
14.11.2013


Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Christian Gottlob Wild,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25250 [Zugriff 22.12.2024].