Christian Gottlob Lorenz

Nicht zuletzt aufgrund seiner 33 Jahre währenden Lehrtätigkeit galt L. in seiner Zeit als eine der „Säulen“ der Fürsten- und Landesschule Grimma. Darüber hinaus machte sich L. mit der Geschichte Grimmas um die wissenschaftlichen Grundlagen der Stadtgeschichtsforschung verdient, mit denen er für jene Zeit Maßstäbe setzte. Weiterhin trat er als Bearbeiter des Urkundenbuchs von Grimma und Kloster Nimbschen hervor. – In Marienberg absolvierte L. die Lateinschule und wechselte 1819 nach Grimma. Ab 1824 studierte er an der Universität Leipzig zunächst Theologie und anschließend bis zur Promotion 1828 klassische Philologie. L. war vorübergehend Vesperprediger an der Universitätskirche, bevor ihm 1831 die Rückkehr ins angestrebte Lehramt an der Grimmaer Eliteschule gelang, wo er fortan Latein, Griechisch, Geschichte und Geografie unterrichtete. Nebenher galt sein Interesse zunächst weiter der Altertumskunde mit fünf lateinisch verfassten Publikationen, darunter einer Ausgabe der Reden Ciceros. Er rückte zum Oberlehrer auf und erhielt 1840 den Professorentitel. Zur 300-Jahr-Feier der in den Traditionen der Wittenberger Reformation und des Renaissance-Humanismus stehenden Bildungseinrichtung übernahm er Arbeiten über die Schulgeschichte. Hervorzuheben ist sein „Grimmenser Album“ (1850). Danach wandte sich L. der Stadtgeschichte Grimmas zu und stellte sich als erster in Sachsen der Herausforderung einer von den Anfängen bis an die Gegenwart reichenden Gesamtdarstellung, die auf breiter Quellenbasis und unter der damals neuartigen kulturgeschichtlichen Perspektive entstand. Bestechend ist die Dichte seiner Detailforschung, verbunden mit einer Inventarisierung und ausführlichen Beschreibung der historischen Bausubstanz der Stadt. L. berücksichtigte dabei nicht nur Rathaus und Schloss, sondern auch Bürgerhäuser, Kornhaus und Schäferwohnung. Er verstand das Gemeinwesen als soziales Phänomen und sah darin die Leistung vieler Bürger-Generationen. Die erste Lieferung des Werks erschien 1856, die letzte 1870. Ihr folgte im Jahr darauf die dreiteilige Ausgabe mit insgesamt 1.600 Seiten. – Parallel entstanden Studien, wie die über Georg Joachim Göschen, den Leipziger Verleger der deutschen Klassik, der 1797 seine Druckerei und 1823 auch die Buchhandlung nach Grimma verlegt hatte. Wann L. für die Mitwirkung am Codex diplomaticus Saxoniae regiae gewonnen wurde, lässt sich nicht genau ausmachen. Vermutlich begann sie um 1860 und damit noch in den Anfängen des Urkundenwerks, sodass editorische und stadtgeschichtliche Arbeit über ein Jahrzehnt ineinander griffen, was sichtlich beiden zugute kam. Der Schriftwechsel mit dem Hauptstaatsarchiv Dresden gibt den Fortgang deutlich zu erkennen. So waren die Nimbschener Urkunden 1872 und die der Stadt Grimma Anfang 1873 druckfertig. – Bereits 1864 war L. aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand getreten. Als er im Juli 1873 starb, war das Manuskript seines Urkundenbuchs abgeschlossen, wie Berichte der Redaktion in Dresden ausweisen. Gleichwohl verzögerte sich der Druck um nicht weniger als 20 Jahre. Wahrscheinlich ging es nur um die Beendigung des Satzes und das Register, kaum um Nachträge. Als der Band schließlich 1895 vorlag, stand als Bearbeiter ein anderer auf dem Titelblatt und L.s Leistungen blieben auf „Vorarbeiten“ reduziert. – Die Stadt Grimma verlieh L. die Ehrenbürgerwürde. Vonseiten der Regierung erhielt er den Sächsischen Verdienstorden. In der Geschichtsschreibung Sachsens gehört sein wissenschaftliches Werk zu dem hohen Leistungstand, den sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu erreichen vermochte.

Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Staatsarchiv Leipzig, Landesschule Grimma, Nachlass C. G. L.; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Codex diplomaticus Saxoniae regiae.

Werke Bericht über die Gründung und Eröffnung der Landesschule zu Grimma im Jahre 1550, Grimma 1850; Grimmenser Album. Verzeichnis sämtlicher Schüler der Kgl. Landesschule zu Grimma, Grimma 1850; Zur Erinnerung an Georg Joachim Göschen, Grimma 1861; Die Stadt Grimma im Königreiche Sachsen, historisch beschrieben, Grimma 1871; (Bearb.), Codex diplomaticus Saxoniae regiae, II. Hauptteil, Bd. 15: Urkundenbuch der Stadt Grimma und des Klosters Nimbschen, hrsg. von L. Schmidt, Leipzig 1895.

Literatur M. Unger, Die Papiere des Magisters L. (1804-1873), in: Archiv – Geschichte – Region. Symposium zum 40-jährigen Bestehen des Sächsischen Staatsarchivs Leipzig (1954-1994), Leipzig 1994, S. 92-101; ders., Zur Erinnerung an Christian Gottlob L., den Historiker der Stadt Grimma, in: Sächsische Heimatblätter 43/1997, H. 1, S. 27-33 (Bildquelle); J. Flöter/G. Wartenberg (Hg.), Die sächsischen Fürsten- und Landesschulen, Leipzig 2004. – ADB 52, S. 78-80; DBA I.

Manfred Unger
28.7.2008


Empfohlene Zitierweise:
Manfred Unger, Artikel: Christian Gottlob Lorenz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2717 [Zugriff 20.4.2024].

Christian Gottlob Lorenz



Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Staatsarchiv Leipzig, Landesschule Grimma, Nachlass C. G. L.; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Codex diplomaticus Saxoniae regiae.

Werke Bericht über die Gründung und Eröffnung der Landesschule zu Grimma im Jahre 1550, Grimma 1850; Grimmenser Album. Verzeichnis sämtlicher Schüler der Kgl. Landesschule zu Grimma, Grimma 1850; Zur Erinnerung an Georg Joachim Göschen, Grimma 1861; Die Stadt Grimma im Königreiche Sachsen, historisch beschrieben, Grimma 1871; (Bearb.), Codex diplomaticus Saxoniae regiae, II. Hauptteil, Bd. 15: Urkundenbuch der Stadt Grimma und des Klosters Nimbschen, hrsg. von L. Schmidt, Leipzig 1895.

Literatur M. Unger, Die Papiere des Magisters L. (1804-1873), in: Archiv – Geschichte – Region. Symposium zum 40-jährigen Bestehen des Sächsischen Staatsarchivs Leipzig (1954-1994), Leipzig 1994, S. 92-101; ders., Zur Erinnerung an Christian Gottlob L., den Historiker der Stadt Grimma, in: Sächsische Heimatblätter 43/1997, H. 1, S. 27-33 (Bildquelle); J. Flöter/G. Wartenberg (Hg.), Die sächsischen Fürsten- und Landesschulen, Leipzig 2004. – ADB 52, S. 78-80; DBA I.

Manfred Unger
28.7.2008


Empfohlene Zitierweise:
Manfred Unger, Artikel: Christian Gottlob Lorenz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2717 [Zugriff 20.4.2024].