Christian Bernhard Tauchnitz
T. machte sich v.a. durch den Erfolg seines in Leipzig gegründeten Verlags sowie durch die Edition englischsprachiger Bücher einen Namen. Indem er teure englische Literatur kostengünstig in Taschenbuchform herausgab, wurde er zu einem Wegbereiter des Taschenbuchs. Durch den Erfolg seines Verlags stieg T. zu einem der reichsten Bürger Leipzigs und Sachsens auf. – T. wurde als drittes von insgesamt fünf Kindern auf dem Rittergut
Schleinitz in der Nähe von
Naumburg geboren, das seinem Vater Johann Christian Leberecht Tauchnitz gehörte. Er besuchte zunächst die private Erziehungsanstalt für Jungen aus höheren Ständen von Carl Lang auf
Schloss Wackerbarth bei Radebeul und begann hiernach eine Ausbildung zum Buchhändler in der Buchhandlung von Christian Gottlob Kayser in Leipzig. T. soll bei der Wahl des Berufs insbesondere von seinem Onkel Karl Christoph Traugott Tauchnitz geprägt und inspiriert worden sein. Dieser hatte seine 1796 gegründete Buchdruckerei um 1800 zu einem Verlag ausgebaut. Der Verlag ist v.a. dafür bekannt, die aus Großbritannien stammende (Gips-)Stereotypie in Deutschland etabliert zu haben, wodurch insgesamt eine Qualitätssteigerung der Typografie ermöglicht wurde und der Preis für Bücher sank. Karl Christoph Traugotts Sohn Karl Christian Philipp Tauchnitz führte den Verlag nach dessen Tod fort, löste sich aber später sukzessive davon, bis er 1865 schließlich alle Bereiche der Druckerei sowie den Verlag an einen Herrn Metzler verkaufte. – In diesen Verlag stieg auch T. nach seiner Ausbildung ein und war sowohl unter Karl Christoph Traugott als auch unter dessen Sohn beschäftigt. Allerdings machte sich T. 1837 mit 21 Jahren selbstständig und gründete eine eigene Firma mit Buchdruckerei und Buchhandlung, die von da an bis 1852 seinen Namen trug. 1837 heiratete T. die aus einer Leipziger Kaufmannsfamilie entstammende Henriette Morgenstern. – Nachdem T. sich selbstständig gemacht hatte, sollte seine Druckerei und Buchhandlung schon bald erfolgreich laufen. Sein zweitältester Bruder Christian Theodor Tauchnitz, der Jurist war, unterstützte T. und arbeitete selbst als Autor und Redakteur mit, wodurch der Verlag bald einen juristischen Einschlag erhielt. Im Laufe der Jahre entstanden Bücher oder Buchreihen aus den verschiedensten Bereichen, wie Jura, Theologie und Lexik (es wurden verschiedene Wörterbücher herausgegeben), aber auch eine Buchreihe zur Altklassik. Von Bedeutung war auch die Herausgabe einer auf kritischer Grundlage beruhenden „Sammlung römischer und griechischer Klassiker“, die in drei Ausgaben erschien und mit der sich T. einem breiteren Themenspektrum widmete, um so eine größere Öffentlichkeit anzusprechen. Seine größten Leistungen waren aber zwei andere: Zum einen galt er als derjenige, der dem Taschenbuch, zumindest auf deutschem Gebiet, den Weg geebnet hat. Das tat er, indem er oft teure englischsprachige Werke eben nicht nur preisintensiv, sondern parallel auch in kostengünstigerer Ausführung drucken und verkaufen ließ, wodurch diese Literatur einer größeren Lesergruppe zugänglich wurde. Zum anderen ist T. berühmt für die „Tauchnitz Edition“, die noch vor seinem Tod mehr als 3.000 Bände umfasste. Dahinter verbirgt sich eine ganze Reihe an Sammelbänden, Monografien sowie allgemeiner Literatur aus verschiedensten Bereichen, die allesamt von englischen oder zumindest englischsprachigen Autoren stammten. Bereits 1841 begann T. mit seiner „Collection of British Authors“. Obwohl das Urheberrecht noch weit entfernt von der heutigen Situation war und klare Regelungen noch nicht existierten, schloss T. mit den Autoren Verträge ab, was sein Handeln nicht nur legaler und sein Geschäft lukrativer machte, sondern ihm gleichzeitig auch ein bedeutend größeres Ansehen im Ausland bescherte, was sich später auszahlen sollte. Zudem förderte dieses Vorgehen auch die Anerkennung und Entwicklung eines internationalen Urheberrechts. 1868 erweiterte T. seine Buchreihe um die „Collection of German Authors“, und 1886 folgten die „Students’ Tauchnitz Editions“ – beides in englischer Sprache. Mit seinen Sammlungen machte T. Leipzig zu einem der wichtigsten Produktionsorte für englischsprachige Bücher auf deutschem Gebiet. Diese Werke entstammten nicht nur der britischen, sondern bald auch der amerikanischen Literatur. Auf privater Ebene entstand für T. bald ein freundschaftliches Verhältnis mit dem britischen Schriftsteller Charles Dickens. Dessen Sohn Charles Dickens Jr. kam im Alter von 16 Jahren nach Deutschland und besuchte in Leipzig eine deutsche Schule, während T. seinen ältesten Sohn Bernhard Tauchnitz nach dessen Schulabschluss nach England schickte, wo er bei Dickens lebte und darüber hinaus weitere Kontakte zu anderen britischen Autoren knüpfte. Dies dürfte sein eigenes Engagement in Bezug auf den Verlag, den Karl Bernhard später übernehmen sollte, durchaus gestärkt haben. – T. erhielt 1860 von Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg-Gotha den erblichen Freiherrentitel, der ihm wegen seiner Verdienste für die englische Literatur verliehen wurde. 1872 wurde er zum britischen Generalkonsul in Leipzig ernannt. 1877 wurde er außerdem von König Albert zum Mitglied der I. Kammer des Sächsischen Landtags auf Lebenszeit ernannt und gehörte diesem bis zu seinem Tod an. – Neben seiner Verlagstätigkeit engagierte sich T. auch für soziale Belange. So ließ er in seinem Heimatdorf Wege pflastern und in Kleinzschocher, wo er seit 1848 das Schloss besaß, eine Volksbibliothek einrichten. Darüber hinaus schenkte er der Kinderbewahranstalt in Kleinzschocher ein Grundstück und finanzierte hier einen Kirchenneubau, der jedoch erst nach seinem Tod 1904 vollendet wurde (Taborkirche). Das Schloss Kleinzschocher ließ T. 1865 von dem Architekten Constantin Lipsius umbauen. Details, wie die Umbaumaßnahmen aussahen und was der Anlass dafür gewesen war, sind nicht bekannt. T. war neben dem Schloss in Kleinzschocher ebenso Besitzer der Rittergüter in Wanscha (poln. Spytków) und Trattlau in der Nähe Zittaus in der sächsischen Oberlausitz. Auf letzterem Gut starb er schließlich am 13.8.1895. – T. hinterließ seinen Erben ein beachtliches Vermögen. Allein Bernhard Tauchnitz, der 1866 in das Verlagsgeschäft mit eingestiegen war und selbiges nach T.s Tod übernahm, soll 1912 ein Gesamtvermögen von 12 Millionen Goldmark und ein Jahreseinkommen von 730.000 Goldmark besessen haben und damit einer der reichsten Männer Leipzigs gewesen sein. Insgesamt besaßen T.s Erben 1912 ein Gesamtvermögen von 27 Millionen Goldmark.
Werke (Hg.), Sammlung römischer und griechischer Klassiker; (Hg.), Collection of British Authors, seit 1841; (Hg.), Collection of German Authors, seit 1866; (Hg.), Students’ Tauchnitz Editions, seit 1886.
Literatur Rudolf Martin, Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre im Königreich Sachsen, Berlin 1912; Ann Bowden/William B. Todd, Tauchnitz international editions in English. 1841-1955. A bibliographical history, London 2003; Josef Matzerath, Aspekte der Sächsischen Landtagsgeschichte. Die Mitglieder und Wahlbezirke der sächsischen Landtage (1833-1952), T. 1: Mitglieder der sächsischen Landtage 1833 bis 1918, Dresden 2011; Christian Blees, Wohlfeilheit, Eleganz und Correctheit - die verlegerischen Pioniertaten des Christian Bernhard T., Sendeskript aus: Deutschlandradio Kultur. Kultur und Gesellschaft, gesendet am 4.6.2013; Maria Hübner, Die Familie Kees in Leipzig, Zöbigker und Gautzsch, Beucha/Markkleeberg 2016; Melanie Mienert u.a., Baron der englischen Bücher. Der Leipziger Verlag Bernhard Tauchnitz 1837-1973, Markleeberg 2017. – ADB 37, S. 442f.; DBA I, III; DBE II 8, S. 875; NDB 25, S. 805f.; Stadtlexikon Leipzig von A bis Z, hrsg. von ProLEIPZIG, S. 857; Lexikon Leipziger Straßennamen, hrsg. vom Stadtarchiv Leipzig, S. 119; Rudolf Schmidt, Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker, Bd. 5, Berlin/Eberswalde. S. 940-944.
Porträt Christian Bernhard von T., Th. Bornemann, 1837, Stahlstich, Fotografie: Sächsische Landesbibliothek- Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek, 1939 (Bildquelle).
Henrik Hamann
3.5.2021
Empfohlene Zitierweise:
Henrik Hamann, Artikel: Christian Bernhard Tauchnitz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3863 [Zugriff 19.11.2024].
Christian Bernhard Tauchnitz
Werke (Hg.), Sammlung römischer und griechischer Klassiker; (Hg.), Collection of British Authors, seit 1841; (Hg.), Collection of German Authors, seit 1866; (Hg.), Students’ Tauchnitz Editions, seit 1886.
Literatur Rudolf Martin, Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre im Königreich Sachsen, Berlin 1912; Ann Bowden/William B. Todd, Tauchnitz international editions in English. 1841-1955. A bibliographical history, London 2003; Josef Matzerath, Aspekte der Sächsischen Landtagsgeschichte. Die Mitglieder und Wahlbezirke der sächsischen Landtage (1833-1952), T. 1: Mitglieder der sächsischen Landtage 1833 bis 1918, Dresden 2011; Christian Blees, Wohlfeilheit, Eleganz und Correctheit - die verlegerischen Pioniertaten des Christian Bernhard T., Sendeskript aus: Deutschlandradio Kultur. Kultur und Gesellschaft, gesendet am 4.6.2013; Maria Hübner, Die Familie Kees in Leipzig, Zöbigker und Gautzsch, Beucha/Markkleeberg 2016; Melanie Mienert u.a., Baron der englischen Bücher. Der Leipziger Verlag Bernhard Tauchnitz 1837-1973, Markleeberg 2017. – ADB 37, S. 442f.; DBA I, III; DBE II 8, S. 875; NDB 25, S. 805f.; Stadtlexikon Leipzig von A bis Z, hrsg. von ProLEIPZIG, S. 857; Lexikon Leipziger Straßennamen, hrsg. vom Stadtarchiv Leipzig, S. 119; Rudolf Schmidt, Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker, Bd. 5, Berlin/Eberswalde. S. 940-944.
Porträt Christian Bernhard von T., Th. Bornemann, 1837, Stahlstich, Fotografie: Sächsische Landesbibliothek- Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek, 1939 (Bildquelle).
Henrik Hamann
3.5.2021
Empfohlene Zitierweise:
Henrik Hamann, Artikel: Christian Bernhard Tauchnitz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3863 [Zugriff 19.11.2024].