Christian Benjamin Müller
M. kam 15-jährig zu Samuel Bottschildt in die Ausbildung und blieb nach dessen Tod weiterhin an der nun von Heinrich Christoph Fehling geleiteten Dresdner Zeichenschule, der Vorgängerin der Kunstakademie. Nebenher bildete er sich unter der Anleitung des Zittauer Malers und Zeichenlehrers
Johann Christian Leubner in der Miniaturmalerei aus. Anschließend unternahm er ausgedehnte Studienreisen - u.a. nach Böhmen, Holland und Niedersachsen - auf denen er zahlreiche Landschaften zeichnete. Besonders wichtig wurde für ihn der Kontakt zu
Jan Kupezcky, den er schon in Prag kennengelernt hatte. 1727 reiste er zu ihm nach Nürnberg, um sich bis 1732 in der Ölmalerei unterweisen zu lassen. Dass M. nebenher intensive Naturstudien betrieb, zeigen mehrere aus jenen Jahren datierte Zeichnungen mit Motiven aus der Nürnberger Umgebung. Im Landschaftszeichnen fand er bei Johann Alexander Thiele Anleitung. M. arbeitete seit 1737 - in den letzten Jahren durch Krankheit behindert - als sächsisch-polnischer Hofmaler in Dresden und machte sich als Porträtmaler einen Namen. Seit 1753 lebte M. in Rengersdorf bei Görlitz auf dem Gut des sächsischen Generals und Kabinettsministers Karl August von Gersdorf und unterrichtete dessen Sohn Adolf Traugott im Zeichnen. Adolf Traugott verfasste wenige Jahre später eine Biografie seines Lehrers. M. lebte ab 1754 bis zu seinem Tod als Privatier in Görlitz, zuletzt auf einem Adelsgut in der Nähe von Görlitz. – Nach M.s Bildnissen fertigten u.a. Johann Martin Bernigeroth, Christian Friedrich Boetius und
Lorenzo Zucchi Kupferstiche. Obwohl M. nur als Porträtist Gemälde hinterlassen hat, ist er heute besonders als einer der spätbarocken Landschaftszeichner aus dem Umkreis von Thiele und aufgrund seines daraus resultierenden Einflusses auf die sächsische Landschaftskunst der folgenden Jahrzehnte bedeutsam. In der Oberlausitz sind z.B. die Alben von Johann Gottfried Schultz mit lausitzischen Landschaftszeichnungen auf das Vorbild von M.s Blättern zurückzuführen. – Ca. 800 Blätter von M. waren in größeren Gruppen auf mehrere Sammlungen verstreut. Christian Ludwig von Hagedorn besaß allein 44 Blatt. Weitere 120 Ansichten aus Sachsen, Böhmen und Bayern haben sich ehemals im Kunstkabinett der Universität Warschau befunden, sind jedoch während des Zweiten Weltkriegs verloren gegangen. Im Nachlass von Adolf Traugott von Gersdorf in der von ihm mitbegründeten Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften befand sich ein Konvolut von 74 Landschaftszeichnungen von M.s Hand: Baumstudien, Gartentore, Brunnen und Treppenanlagen sowie Ansichten von Burgen und Prospekte beispielsweise von Pirna, Meißen, Leipzig und aus dem Thüringer Wald. Im Unterschied zu den bildmäßig ausgeführten Blättern der nachfolgenden Görlitzer Landschaftszeichner kultivierte M. in seinen mit Grafit gezeichneten, braun lavierten Ansichten das „infinito“, sprich den Papierton. Damit gehörte er zu den Künstlern des Thiele-Kreises, deren dokumentarisches Interesse an der Umwelt sich mit hoher, schon präromantisch zu nennender Sensibilität für die Stimmungswerte der realen Natur verband.
Werke Die Gegend von Lilienstein, bey dem Schlosse Rathen, 1721, Pinsel in Braun über Graphit, Städtische Sammlungen für Geschichte und Kultur Görlitz; Schrammens Hausthür zu Copitz bey Pirna, 1735, Pinsel in Grau über Bleistift, braun laviert, ebd.; Inwendiger Thurm aus dem Schloss zu Vielstädtel, ohnweit der Festung Königstein, 1755, Pinsel in Grau über Bleistift, braun laviert, ebd.; Ein Stück Felsen bey Neurathen, wo das Münchsloch befindlich ist, 1756, Pinsel in Braun über Graphit, ebd.; Steinbrüche bei Lieberthal ohnweit Pirna, 1757, Pinsel in Grau über Graphit, ebd.; Weide bey Töplitz, Pinsel in Grau, weiß gehöht, ebd.; Baum auf der Berg-Festung Königstein, Pinsel in Grau, weiß gehöht, ebd.
Literatur A. T. Freiherr v. Gersdorf, Biographie seines Zeichenlehrers Christoph Benjamin M., Dresden 1758 [MS, Städtische Sammlungen für Geschichte und Kultur Görlitz]; C. J. G. Haymann, Dresdens theils neuerlich verstorbene theils jetzt lebende Schriftsteller und Künstler, Dresden 1809, S. 75; M. Altner, Dresden, Dresden 1990, S. 41; A. Fröhlich, Landschaftsmalerei in Sachsen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Weimar 2002, S. 93-97; B. Bärnighausen (Bearb.), „Wie über die Natur die Kunst des Pinsels steigt“, Weimar/Jena 2003, S. 170-173. – DBA I, II; Thieme/Becker, Bd. 25, Leipzig 1999, S. 222; G. K. Nagler (Hg.), Neues allgemeines Künstler-Lexicon, Bd. 11, Linz ²1913, S. 64f.; G. F. Otto, Lexikon der seit dem funfzehenden Jahrhunderte verstorbenen und jetztlebenden Oberlausitzischen Schriftsteller und Künstler, Bd. 2, 2. Abteilung, Görlitz 1803, S. 646.
Porträt Kupferstich nach einen Selbstporträt, G. Lichtensteger, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett; Porträt Christian Benjamin M. an der Staffelei, G. M. Preissler, schwarze und blaue Kreide, Museum der bildenden Künste Leipzig, Graphische Sammlung (Bildquelle).
Anke Fröhlich
17.11.2011
Empfohlene Zitierweise:
Anke Fröhlich, Artikel: Christian Benjamin Müller,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22165 [Zugriff 22.11.2024].
Christian Benjamin Müller
Werke Die Gegend von Lilienstein, bey dem Schlosse Rathen, 1721, Pinsel in Braun über Graphit, Städtische Sammlungen für Geschichte und Kultur Görlitz; Schrammens Hausthür zu Copitz bey Pirna, 1735, Pinsel in Grau über Bleistift, braun laviert, ebd.; Inwendiger Thurm aus dem Schloss zu Vielstädtel, ohnweit der Festung Königstein, 1755, Pinsel in Grau über Bleistift, braun laviert, ebd.; Ein Stück Felsen bey Neurathen, wo das Münchsloch befindlich ist, 1756, Pinsel in Braun über Graphit, ebd.; Steinbrüche bei Lieberthal ohnweit Pirna, 1757, Pinsel in Grau über Graphit, ebd.; Weide bey Töplitz, Pinsel in Grau, weiß gehöht, ebd.; Baum auf der Berg-Festung Königstein, Pinsel in Grau, weiß gehöht, ebd.
Literatur A. T. Freiherr v. Gersdorf, Biographie seines Zeichenlehrers Christoph Benjamin M., Dresden 1758 [MS, Städtische Sammlungen für Geschichte und Kultur Görlitz]; C. J. G. Haymann, Dresdens theils neuerlich verstorbene theils jetzt lebende Schriftsteller und Künstler, Dresden 1809, S. 75; M. Altner, Dresden, Dresden 1990, S. 41; A. Fröhlich, Landschaftsmalerei in Sachsen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Weimar 2002, S. 93-97; B. Bärnighausen (Bearb.), „Wie über die Natur die Kunst des Pinsels steigt“, Weimar/Jena 2003, S. 170-173. – DBA I, II; Thieme/Becker, Bd. 25, Leipzig 1999, S. 222; G. K. Nagler (Hg.), Neues allgemeines Künstler-Lexicon, Bd. 11, Linz ²1913, S. 64f.; G. F. Otto, Lexikon der seit dem funfzehenden Jahrhunderte verstorbenen und jetztlebenden Oberlausitzischen Schriftsteller und Künstler, Bd. 2, 2. Abteilung, Görlitz 1803, S. 646.
Porträt Kupferstich nach einen Selbstporträt, G. Lichtensteger, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett; Porträt Christian Benjamin M. an der Staffelei, G. M. Preissler, schwarze und blaue Kreide, Museum der bildenden Künste Leipzig, Graphische Sammlung (Bildquelle).
Anke Fröhlich
17.11.2011
Empfohlene Zitierweise:
Anke Fröhlich, Artikel: Christian Benjamin Müller,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22165 [Zugriff 22.11.2024].