Bruno Tanzmann
T. wuchs auf einem kleinen Gut seiner Großeltern in Waltersdorf an der Lausche auf, wo er für acht Jahre die Volksschule besuchte und bis zum 17. Lebensjahr auf verschiedenen Rittergütern als Knecht arbeitete. Anschließend begab er sich auf Wanderschaft, gelangte über Antwerpen nach Genua, durchwanderte Italien und kam von Syrakus aus als Leichtmatrose nach Hamburg und von dort nach Hause zurück. Bei den sächsischen Schützen in Dresden absolvierte er seine zweijährige militärische Dienstzeit. 1910 ließ er sich zusammen mit seinem Bruder in Hellerau nieder und begründete mit diesem eine „deutschbewusste Wanderschriftenzentrale“, ein Jahr später eröffnete er eine Buchhandlung. Während des Ersten Weltkriegs war T. an der Ostfront in der sächsischen Brigade
Traugott Graf von Pfeils eingesetzt und begründete die größte Feldbücherei der Ostfront, die bereits nach rassischen und völkischen Gesichtspunkten eingerichtet war. Im Lauf des Kriegs wurde T. zum Sergeant befördert, auch verfasste er in dieser Zeit seine vielbeachtete „Denkschrift zur Begründung einer deutschen Volkshochschule“. Der von ihm 1919 erworbene „Gral-Verlag“, den er im selben Jahr in „Hakenkreuz-Verlag“ umbenannte, avancierte zum Treffpunkt eines völkischen Lesezirkels. Auf T.s Initiative gründete sich im März 1921 in Hellerau auf dem „Ersten Germanischen Bauernhochschultag“ die „Schirmherrschaft der Deutschen Bauernhochschule“. T. selbst übernahm den Vorsitz und fungierte darin unter dem Titel „Reichsherr der Deutschen Bauernhochschulbewegung“. Die ersten Gründungen von Bauernhochschulen erfolgten im Winter. Hinter diesen Bemühungen stand die Absicht T.s, die Erneuerung des deutschen Volkes aus dem Bauernstand heraus zu betreiben und somit zum Ende der Weimarer Republik beizutragen. Der Sächsische Landeskulturrat schloss T. 1922 wegen seiner Aktivitäten von der „Grünen Woche“ aus. – Zusammen mit
Wilhelm Kotzde rief T. die „Artamanen“ ins Leben, ein völkischer Jugendbund, der sich das Ziel stellte, durch freiwilligen Arbeitsdienst polnische Wanderarbeiter zu verdrängen. Die erste Gruppe entstand im April 1924 auf dem Gut Limbach bei Wilsdruff. Im gleichen Jahr arbeiteten 80 Mitglieder in zehn weiteren Gruppen in ganz Mitteldeutschland. Das erste Treffen fand in Proschwitz bei Meißen statt, der Bundestag 1929 auf Schloss Gauernitz. 1927 zog sich T. aufgrund eigener fehlender finanzieller Mittel sowie wegen Differenzen mit führenden Mitgliedern aus dem Artamanenbund zurück. Aufgrund der Geldknappheit entzog ihm auch die Gartenstadtverwaltung Hellerau wegen Mietrückstands sein von Heinrich Tessenow erbautes Heidehaus. T. zog kurzzeitig nach Klotzsche in eine ehemalige Bauernkantine, bevor er 1929 als Hauptschriftleiter der „Ostpreußischen Sonntagszeitung“ und 1930 bis 1933 als Herausgeber der „Deutschen Ostwacht“ in Königsberg (russ. Kaliningrad) fungierte. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten kehrte T. nach Hellerau zurück und gab ab Dezember 1933 die „Weltwacht der Deutschen“ heraus, welche sich für ein starkes Auslandsdeutschtum einsetzte. T.s Neigung, ihm missliebige Personen öffentlich zu diskreditieren, ließ ihn aber immer mehr ins Abseits geraten. Sein Aufnahmeantrag in die NSDAP wurde 1937 wegen Diffamierung von Parteigenossen abgelehnt. Aufgrund der wachsenden persönlichen und auch finanziellen Probleme nahm sich T. das Leben.
Werke (Hg.), Deutsche Ostwacht; (Hg.), Die Deutsche Bauernhochschule; (Hg.), Hakenkreuz-Jahrweiser; (Hg.), Jahrbuch der deutschen Volkshochschulbewegung; (Hg.), Weltwacht der Deutschen; Pflug und Lied, Großschönau 1905; Mutter und Kind, in: Am Lebensquell, Dresden 1906 (ND 1930); Das Heimatfest der Vögel. Gedichtzyklus, in: Dresdner Arbeiterzeitung, Dresden 1907; Was zum Liede reifte, Hellerau 1912; Jahresbericht der Wanderschriften-Organisation, Hellerau 1913; Denkschrift für eine Deutsche Volkshochschule, Hellerau 1917; Als Landwehrmann mit der Brigade Graf von Pfeil, Hellerau 1916; Der deutsche Prophet, Hellerau 1917; Dresdner Weihnachtsbilderbogen, 1918; Die Rettung von Schopenhauers Philosophie für die völkische Erziehung, Hellerau 1919; Die Feldbücherei der Brigade Graf von Pfeil, Hellerau 1921; Vor dem Angesicht. Chronik eines deutschen Geisteskünders, 3 Bde., Leipzig 1938.
Literatur M. Geißler, Führer durch die deutsche Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts, Weimar 1913, S. 640; K. A. Findeisen (Hg.), Handschrift des Pfluges. Ehrenbüchlein für Bruno T., Berlin 1938 (Bildquelle); Bruno T., in: Deutschtum im Ausland 22/1939, H. 9/10, S. 594; L. Heydick/G. Hoppe/J. John (Hg.), Historischer Führer. Stätten und Denkmale der Geschichte in den Bezirken Dresden, Cottbus, Leipzig/Jena/Berlin 1982, S. 88, 141f.; J. H. Ulbricht, Keimzellen „deutscher Wiedergeburt“ - die Völkischen in Hellerau und Dresden, in: Dresdner Hefte 51/1997, S. 80-86; T. Nitschke, Die Gartenstadt Hellerau als pädagogische Provinz, Dresden 2003; M. Piefel, Bruno T. Ein völkischer Agitator zwischen wilhelminischem Kaiserreich und nationalsozialistischem Führerstaat, in: W. Schmitz/C. Vollnhals (Hg.), Völkische Bewegung - Konservative Revolution - Nationalsozialismus, Dresden 2005, S. 255-280; A. Peschel, Die Bündische Jugend, in: Dresdner Hefte 90/2007, S. 35-42. – DBA II, III; G. Wolgast/J. H. Knoll (Hg.), Biographisches Handwörterbuch der Erwachsenenbildung, Stuttgart/Bonn 1986, S. 395f.
Andreas Peschel
17.2.2015
Empfohlene Zitierweise:
Andreas Peschel, Artikel: Bruno Tanzmann,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3857 [Zugriff 22.12.2024].
Bruno Tanzmann
Werke (Hg.), Deutsche Ostwacht; (Hg.), Die Deutsche Bauernhochschule; (Hg.), Hakenkreuz-Jahrweiser; (Hg.), Jahrbuch der deutschen Volkshochschulbewegung; (Hg.), Weltwacht der Deutschen; Pflug und Lied, Großschönau 1905; Mutter und Kind, in: Am Lebensquell, Dresden 1906 (ND 1930); Das Heimatfest der Vögel. Gedichtzyklus, in: Dresdner Arbeiterzeitung, Dresden 1907; Was zum Liede reifte, Hellerau 1912; Jahresbericht der Wanderschriften-Organisation, Hellerau 1913; Denkschrift für eine Deutsche Volkshochschule, Hellerau 1917; Als Landwehrmann mit der Brigade Graf von Pfeil, Hellerau 1916; Der deutsche Prophet, Hellerau 1917; Dresdner Weihnachtsbilderbogen, 1918; Die Rettung von Schopenhauers Philosophie für die völkische Erziehung, Hellerau 1919; Die Feldbücherei der Brigade Graf von Pfeil, Hellerau 1921; Vor dem Angesicht. Chronik eines deutschen Geisteskünders, 3 Bde., Leipzig 1938.
Literatur M. Geißler, Führer durch die deutsche Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts, Weimar 1913, S. 640; K. A. Findeisen (Hg.), Handschrift des Pfluges. Ehrenbüchlein für Bruno T., Berlin 1938 (Bildquelle); Bruno T., in: Deutschtum im Ausland 22/1939, H. 9/10, S. 594; L. Heydick/G. Hoppe/J. John (Hg.), Historischer Führer. Stätten und Denkmale der Geschichte in den Bezirken Dresden, Cottbus, Leipzig/Jena/Berlin 1982, S. 88, 141f.; J. H. Ulbricht, Keimzellen „deutscher Wiedergeburt“ - die Völkischen in Hellerau und Dresden, in: Dresdner Hefte 51/1997, S. 80-86; T. Nitschke, Die Gartenstadt Hellerau als pädagogische Provinz, Dresden 2003; M. Piefel, Bruno T. Ein völkischer Agitator zwischen wilhelminischem Kaiserreich und nationalsozialistischem Führerstaat, in: W. Schmitz/C. Vollnhals (Hg.), Völkische Bewegung - Konservative Revolution - Nationalsozialismus, Dresden 2005, S. 255-280; A. Peschel, Die Bündische Jugend, in: Dresdner Hefte 90/2007, S. 35-42. – DBA II, III; G. Wolgast/J. H. Knoll (Hg.), Biographisches Handwörterbuch der Erwachsenenbildung, Stuttgart/Bonn 1986, S. 395f.
Andreas Peschel
17.2.2015
Empfohlene Zitierweise:
Andreas Peschel, Artikel: Bruno Tanzmann,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3857 [Zugriff 22.12.2024].