Benedictus Born
Als einer der bedeutendsten Chemnitzer Stadtschreiber setzte B. wichtige Rationalisierungsmaßnahmen in der städtischen Verwaltungspraxis der Frühen Neuzeit durch. – Herkunft und Geburtsjahr B.s sind unbekannt. Anzunehmen ist, dass B. umfassend juristisch gebildet war und auch über lateinische Grundkenntnisse verfügte. Im Frühjahr 1526 wurde er - gegen den Vorschlag Herzog Georgs (der Bärtige) von Sachsen, der einen anderen Kandidaten favorisierte - zum Nachfolger des bisherigen Chemnitzer Stadtschreibers
Petrus Büttner berufen. Der erste Eintrag B.s in der Kämmereirechnung von Chemnitz stammt vom 27.4.1526. Wenngleich sich B.s Tätigkeit außerhalb der Ratsmitgliedschaft vollzog, behauptete er im politischen Gefüge der Stadt doch eine einflussreiche Stellung. Für die Vermutung, B. sei zum Lebensende doch noch in den Rat aufgestiegen, lassen sich keine stichhaltigen Belege beibringen. Wohl aber weisen Besitzumfang, soziale Kontakte und familiäre Beziehungen ihn als wohlhabenden Bürger der städtischen Oberschicht aus. – Als Stadtschreiber war B. mit der gesamten städtischen Verwaltungsorganisation befasst, die aufgrund der wirtschaftlichen und demografischen Dynamik des Chemnitzer Gemeinwesens, aber auch durch zunehmende soziale Differenzierung und wachsende innerstädtische Spannungen vor enormen Herausforderungen stand. Sein breites Aufgabenspektrum schloss u.a. die Führung der Ratsprotokolle, Stadtbücher und offiziellen Korrespondenzen sowie die Koordination von Kanzlei und Archiv ein. Zudem wurde B. in Unterstützung der Bürgermeister mit verschiedenen politischen Missionen betraut. Dabei gelang B. eine bemerkenswerte qualitative und quantitative Weiterentwicklung sowie Professionalisierung der kommunalen Administration. Im Sinne größerer Übersichtlichkeit und Arbeitseffizienz entwickelte er ein geordnetes Registratursystem und versah die Stadtbücher mit Namen- und Sachregistern. Mit der Neuanlage von Vormundschaftsbüchern und Hausgenossenregistern bewies B. ein gutes Gespür dafür, dass auch die Bewältigung sozialpolitischer und fiskalischer Aufgaben einer vermehrten Schriftlichkeit bedurfte. Von vergleichbarer Gründlichkeit zeugen die Türkensteuer- und Schocksteuer-Erhebungen, deren Abwicklung ebenfalls in B.s Händen lag. Mit der Gewährleistung eines sachgemäßen Rechnungswesens korrespondiert die Sicherung der Privilegien, Verträge und Urkunden der Stadt Chemnitz seit 1334. Eine entsprechende Abschriftensammlung enthält das sog. Rote Buch, dessen Zustandekommen man auf B. und seinen Nachfolger
Laurentius Ströer zurückführt. Jenseits der Kanzleitätigkeit, für die B. über Hilfspersonal verfügte, nahm er zusammen oder im Wechsel mit den Bürgermeistern als Vertreter der Stadt Chemnitz an den sächsischen Land- und Ausschusstagen teil. Ein Jahr vor seinem Tod zählte er noch zu der Chemnitzer Delegation, die an der Aushandlung des Grimmaer Vertrags vom 22.1.1555 beteiligt war. – Parallel zu seiner Funktion als Stadtschreiber bekleidete B. seit etwa 1536 das Amt eines Geleitsmanns. Als solcher hatte er u.a. die Ausbreitung der unzünftigen Handwerker im Umland von Chemnitz zu bekämpfen. Angesichts des mangelnden Erfolgs sah sich B. aus Teilen der Bürgerschaft und des Rats mit dem Vorwurf der Nachlässigkeit und der unrechtmäßigen Bereicherung konfrontiert. Der Konflikt gipfelte 1544/45 in einer Diffamierungskampagne, die allerdings vergeblich die Dienstentlassung B.s forderte. – B. wurde in der Chemnitzer Johanniskirche beigesetzt. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts soll dort ein Epitaph die Erinnerung an ihn festgehalten haben.
Quellen Stadtarchiv Chemnitz, Stadtbücher, Ratsprotokolle.
Literatur Codex diplomaticus Saxoniae regiae, II. Hauptteil, Bd. 6: Urkundenbuch der Stadt Chemnitz und ihrer Klöster, hrsg. von H. Ermisch, Leipzig 1879, Vorbericht; H. Bräuer, Stadtschreiber Benedictus von B. Bemerkungen zur Chemnitzer Verwaltungsgeschichte im 16. Jahrhundert, in: Sächsische Heimatblätter 24/1978, H. 6, S. 267-274; J. R. Mauersberger, Zur Geschichte der sächsischen Familien Horn und von Born im 16. Jahrhundert: eine Leichenpredigt als Fehlerquelle, in: Mitteldeutsche Familienkunde 20/1979, H. 4, S. 150-170; H. Bräuer, Chemnitz zwischen 1450 und 1650, Chemnitz 2005. – Von Alberti bis Zöppel. 125 Biografien zur Chemnitzer Geschichte, hrsg. vom Stadtarchiv Chemnitz, Chemnitz 2000, S. 18.
Michael Wetzel
10.9.2018
Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Benedictus Born,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22840 [Zugriff 2.11.2024].
Benedictus Born
Quellen Stadtarchiv Chemnitz, Stadtbücher, Ratsprotokolle.
Literatur Codex diplomaticus Saxoniae regiae, II. Hauptteil, Bd. 6: Urkundenbuch der Stadt Chemnitz und ihrer Klöster, hrsg. von H. Ermisch, Leipzig 1879, Vorbericht; H. Bräuer, Stadtschreiber Benedictus von B. Bemerkungen zur Chemnitzer Verwaltungsgeschichte im 16. Jahrhundert, in: Sächsische Heimatblätter 24/1978, H. 6, S. 267-274; J. R. Mauersberger, Zur Geschichte der sächsischen Familien Horn und von Born im 16. Jahrhundert: eine Leichenpredigt als Fehlerquelle, in: Mitteldeutsche Familienkunde 20/1979, H. 4, S. 150-170; H. Bräuer, Chemnitz zwischen 1450 und 1650, Chemnitz 2005. – Von Alberti bis Zöppel. 125 Biografien zur Chemnitzer Geschichte, hrsg. vom Stadtarchiv Chemnitz, Chemnitz 2000, S. 18.
Michael Wetzel
10.9.2018
Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Benedictus Born,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22840 [Zugriff 2.11.2024].