Arthur Pfeifer

P. erwarb sich Verdienste als kosmopolitisch denkender und vielseitig gebildeter Reform-, Sozial- und Friedenspädagoge. – P. besuchte 1901 bis 1904 nach einer Bäckerlehre das älteste sächsische Lehrerseminar in Dresden-Friedrichstadt. Wegen Lehrermangels wurde er noch vor Abschluss der Ausbildung im öffentlichen Schuldienst eingestellt. Erste pädagogische Praxiserfahrungen sammelte er zunächst in Blasewitz bei Dresden, anschließend in Riesa und Umgebung. 1907 begann P. ein Studium der Philologie und Pädagogik an der Leipziger Universität, das er aber nach seiner Heirat und der Geburt seines Sohns bereits 1908 aus finanziellen Gründen wieder abbrechen musste. Stattdessen nahm er den Schuldienst in Waldheim auf. Während der Weimarer Republik zählte P. zu den Mitbegründern der Volkshochschulbewegung in Sachsen und Thüringen. So übernahm er 1920 bis 1933 die Leitung der Waldheimer Volkshochschule. 1923/24 wurde P. in die Lehrplankommission des Sächsischen Lehrervereins berufen. Dadurch war er u.a. Mitautor des Landeslehrplans für die Volksschulen Sachsens, der 1928 von Paul Weinhold in Dresden herausgegeben wurde. Seine Lungentuberkulose, wegen der er sich bereits 1913 in einem Schweizer Lungensanatorium aufgehalten hatte, verhinderte schließlich die Einberufung zum Kriegseinsatz. Seine pazifistische Einstellung führte bereits im März 1933 zu seiner Entlassung aus dem Schuldienst durch die Nationalsozialisten. Dennoch wurde er im darauffolgenden Jahr als Lehrer nach Zschopau zwangsversetzt, gefolgt von verschiedenen Maßregelungen sowie Verwarnungen und Gehaltskürzungen. 1941 strengte seine vorgesetzte Schulbehörde vor dem Dresdner Verwaltungsgericht einen Prozess gegen ihn an mit dem Ziel, ihn ganz aus dem Schuldienst zu entfernen. Schließlich musste sich sogar das Reichsverwaltungsgericht in Berlin mit dem nicht-regimetreuen Pädagogen befassen. P. wurde nach Oederan versetzt und vermochte hier noch mildernd auf die Vermittlung der NS-Ideologie an die Schüler einzugreifen und ihnen die allgemeine humanistische Ethik nahezubringen. Nach Kriegsende kehrte er nach Waldheim zurück, wo er 1946 die Leitung der Volksschule übernahm. Dort leistete P. angesichts der ihm anvertrauten ca. 1.700 Schüler - hinzu kam noch die Betreuung von 14 Landschulen und 70 Neulehrern - ein enormes Arbeitspensum als Reform- und Sozialpädagoge. Des Weiteren engagierte er sich in der Erwachsenenbildung als Referent der Volkshochschule, in der Aus- und Fortbildung von Lehrern sowie als Kursleiter für jugendliche Gefangene im Zuchthaus Waldheim. 1949 erfolgte seine Berufung an die Oberschule Döbeln, wo er bis 1954 lehrte. – Über sein schulisches Engagement hinaus trat P. in vielfacher Weise für seine fachlichen Vorstellungen ein. Seinen Erziehungsratgeber „Technik der geistigen Arbeit“ veröffentlichte er 1914. In der Zwischenkriegszeit erwarb sich P. sowohl im „Internationalen Versöhnungsbund“ als auch im „Weltbund für Erneuerung der Erziehung“ als Friedens- und Reformpädagoge internationale Wertschätzung. Im Versöhnungsbund avancierte er an der Seite des Leipziger Theologen Alfred Dedo Müller und des Leipziger Pädagogen Waldus Nestler zu den führenden Köpfen in der deutschen Geschäftsstelle des Bunds. Seine Hauptaktivität in dem 1921 als „New Education Fellowship“ gegründeten „Weltbund für Erneuerung der Erziehung“ verband sich v.a. mit seiner Dolmetschertätigkeit auf den damals alle zwei Jahre stattfindenden Weltbundkonferenzen. Zudem betrieb er in seiner Waldheimer Wohnung die „Zentrale der Arbeitsgemeinschaft der berufsmäßigen Lehrer“. Seine engen Kontakte zu dem Philosophen Friedrich Wilhelm Foerster und dessen Bruder Karl, dem Gartenbauer, sowie später zu Hermann Hesse oder dem Waldheimer Bildhauer Georg Kolbe legen schließlich Zeugnis von seinen vielschichtigen Interessen ab. Seit 1950 war er außerdem aktives Mitglied in der Goethe-Gesellschaft. – P. galt in sächsischen Schulreformerkreisen als „der gescheiteste Schulmeister“, wie es u.a. der Dresdner und späterer Zschopauer Reformpädagoge und Heimatforscher Kurt Schumann wiederholt betonte. Neben seiner umfassenden Belesenheit in unterschiedlichsten Fachgebieten faszinierte P. seine Schüler und deren Eltern gleichermaßen durch sein ebenso vielfältiges handwerkliches Geschick. Bis ins hohe Alter war der hochgebildete P. noch als Pädagoge, Philosoph und Kunstkenner tätig und schrieb in zahllosen Briefen an vertraute Wegbegleiter und Schüler mit Humor, Selbstironie und sächsischer Gemütsstärke gegen Missstände und Unwissenheit an. – Seit 2001 bewahrt und pflegt der „Freundeskreis Arthur P. e.V.“ das Erbe von P. einschließlich seines Nachlasses und macht sich um die wissenschaftliche Aufarbeitung verdient.

Quellen Auskunft Freundeskreis Arthur P. e.V., Waldheim (P).

Werke Technik der geistigen Arbeit, Dresden 1914; Weltanschauungschaos und Schularbeit, in: A. D. Müller (Hg.), F. W. Foerster und die wirkliche Welt, Leipzig/Zürich 1928, S. 77-88.

Literatur F. und S. Mierau, Arthur P. Ein sächsischer Schulmeister, Waldheim 1999; dies., Von der Kunst der Menschenbehandlung. Briefe aus der sächsischen Provinz, in: M. Schmidt (Hg.), Die Oberlausitz und Sachsen in Mitteleuropa, Görlitz/Zittau 2003, S. 373-386; dies. (Hg.), Arthur P. Briefe aus Waldheim (1960-1976), Berlin 2004; F. Mierau, Autorität und Freiheit. Mein Lehrer Arthur P., in: Sinn und Form. Beiträge zur Literatur 57/2005, S. 472-496.

Porträt Arthur P., Fotografie, Privatbesitz G. Schlesier (Bildquelle).

Andreas Pehnke
14.9.2016


Empfohlene Zitierweise:
Andreas Pehnke, Artikel: Arthur Pfeifer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/24056 [Zugriff 22.12.2024].

Arthur Pfeifer



Quellen Auskunft Freundeskreis Arthur P. e.V., Waldheim (P).

Werke Technik der geistigen Arbeit, Dresden 1914; Weltanschauungschaos und Schularbeit, in: A. D. Müller (Hg.), F. W. Foerster und die wirkliche Welt, Leipzig/Zürich 1928, S. 77-88.

Literatur F. und S. Mierau, Arthur P. Ein sächsischer Schulmeister, Waldheim 1999; dies., Von der Kunst der Menschenbehandlung. Briefe aus der sächsischen Provinz, in: M. Schmidt (Hg.), Die Oberlausitz und Sachsen in Mitteleuropa, Görlitz/Zittau 2003, S. 373-386; dies. (Hg.), Arthur P. Briefe aus Waldheim (1960-1976), Berlin 2004; F. Mierau, Autorität und Freiheit. Mein Lehrer Arthur P., in: Sinn und Form. Beiträge zur Literatur 57/2005, S. 472-496.

Porträt Arthur P., Fotografie, Privatbesitz G. Schlesier (Bildquelle).

Andreas Pehnke
14.9.2016


Empfohlene Zitierweise:
Andreas Pehnke, Artikel: Arthur Pfeifer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/24056 [Zugriff 22.12.2024].