Paul Mehnert
M. wuchs auf dem erzgebirgischen Rittergut Klösterlein in der Nähe von Aue auf, das sein Vater 1848 bis 1874 besaß. Er besuchte zunächst die Volksschule, dann eine Privatschule und schließlich das Vitzthumsche Gymnasium in Dresden. Nach dem Abitur leistete M. seinen Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger. Er gehörte in der Folge als Reserveoffizier dem 1. sächsischen Husaren-Regiment an. 1873 begann er ein Jurastudium in Leipzig, wechselte 1874 an die Universität Bonn, kehrte aber zum Examen 1875 nach Leipzig zurück. Hier promoviert er 1876. M. arbeitete vom Oktober 1876 bis zum März 1877 als Accessist beim Amtsgericht in Schandau und legte anschließend sein Referendarexamen ab. Im Mai 1877 wurde er bereits Bevollmächtigter des Direktoriums vom Landwirtschaftlichen Kreditverein in Dresden, dem M.s Vater vorstand. Bis zum März des folgenden Jahrs war er zugleich Mitarbeiter eines Dresdner Rechtsanwalts, bevor er die Tochter des Kammerpräsidenten Karl Ackermann heiratete. M. wechselte in die Anwaltskanzlei seines Schwiegervaters, allerdings nur für zwei Jahre, denn im Oktober 1885 folgte er seinem Vater als Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreditvereins. Diese Position behielt er bis zum Sommer 1922. Beim Landtag 1885/86 gelangte M. als Mandatsträger des 27. ländlichen Wahlkreises (Roßwein, Waldheim, Hainichen, Oederan) in die Zweite Kammer des sächsischen Parlaments. Der konservative Abgeordnete erhielt 1890 bis 1893 auch einen Sitz im Reichstag. Seit 1895 führte er vier Jahre lang die konservative Fraktion im sächsischen Unterhaus. In dieser Zeit war er entscheidend an der Einführung des Dreiklassenwahlrechts in Sachsen beteiligt. Die Position an der Spitze der konservativen Fraktion gab M. erst auf, als er 1899 seinem Schwiegervater als Präsident der Zweiten Kammer nachfolgen konnte. Auch in diesem Amt galt der einflussreiche Protagonist der sächsischen Konservativen als „ungekrönter König Sachsens“. Als die Konservativen nach der Wahlniederlage im Jahr 1909 aufgrund des 1906 eingeführten Pluralwahlrechts die Hälfte ihrer Mandate einbüßten und absehbar war, dass der 56-Jährige auf dem beginnenden Landtag seine Präsidentenwürde nicht wieder erhalten würde, berief ihn der sächsische König auf Lebenszeit in die Erste Kammer. Dort nahm er noch an der letzten Sitzung dieses Parlamentshauses am 6.11.1918 teil. – M. war im Besitz der Rittergüter Klösterlein, Medingen und Drehbach bei Wolkenstein. Sein Vermögen wurde 1912 auf 1,2 Millionen Mark geschätzt. Er gehörte als Präsident oder Vorstandsmitglied bis in die Weimarer Republik mehreren landwirtschaftlichen Interessenvertretungen an, saß im Aufsichtsrat der Vogtländischen Maschinenfabrik und der deutschen Lebensversicherungsbank Arminia AG in München. Zudem erhielt M. vor 1918 die Titel Hofrat und Wirklicher Geheimer Rat. Aufgrund der letztgenannten Ehre durfte er sich mit Exzellenz anreden lassen. M. starb auf einer Reise nach Norwegen.
Quellen Sächsisches Staatsarchiv – Hauptstaatsarchiv Dresden, Personennachlass Karl Paul M.
Werke Wieder das Actienwesen, Dresden 1877; Wesen und Bedeutung der Hypothek und dessen Mobilisirung: Vortrag gehalten in der Oekonomischen Gesellschaft im Königreiche Sachsen, Dresden am 14. Februar 1879, Dippoldiswalde 1879.
Literatur Geheimer Hofrat M., in: Kalender für den sächsischen Staatsbeamten, Dresden 1902, S. 6; Geheimer Hofrat M., Präsident der zweiten Kammer, in: Heimatsklänge 1/1905, S. 719; R. Martin, Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre im Königreich Sachsen, Bd. 1, Berlin 1912, S. 107; Gedenken führender Männer der sächsischen Landwirtschaft, in: Sächsischer Bauernkalender 1/1922, S. 31f.; G. Andrä, Exellenz M. †, in: ebd. 2/1923, S. 29f.; J. Matzerath, Aspekte sächsischer Landtagsgeschichte. Präsidenten und Abgeordnete von 1833 bis 1952, Dresden 2001, S. 77f. (Bildquelle). – DBA II.; H. A. L. Degener (Hg), Wer ist’s?, Leipzig 81922, S. 1019f.; E. Döscher/W. Schröder, Sächsische Parlamentarier 1869-1918, Düsseldorf 2001, S. 425f.
Josef Matzerath
21.7.2008
Empfohlene Zitierweise:
Josef Matzerath, Artikel: Paul Mehnert,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2835 [Zugriff 22.11.2024].
Paul Mehnert
Quellen Sächsisches Staatsarchiv – Hauptstaatsarchiv Dresden, Personennachlass Karl Paul M.
Werke Wieder das Actienwesen, Dresden 1877; Wesen und Bedeutung der Hypothek und dessen Mobilisirung: Vortrag gehalten in der Oekonomischen Gesellschaft im Königreiche Sachsen, Dresden am 14. Februar 1879, Dippoldiswalde 1879.
Literatur Geheimer Hofrat M., in: Kalender für den sächsischen Staatsbeamten, Dresden 1902, S. 6; Geheimer Hofrat M., Präsident der zweiten Kammer, in: Heimatsklänge 1/1905, S. 719; R. Martin, Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre im Königreich Sachsen, Bd. 1, Berlin 1912, S. 107; Gedenken führender Männer der sächsischen Landwirtschaft, in: Sächsischer Bauernkalender 1/1922, S. 31f.; G. Andrä, Exellenz M. †, in: ebd. 2/1923, S. 29f.; J. Matzerath, Aspekte sächsischer Landtagsgeschichte. Präsidenten und Abgeordnete von 1833 bis 1952, Dresden 2001, S. 77f. (Bildquelle). – DBA II.; H. A. L. Degener (Hg), Wer ist’s?, Leipzig 81922, S. 1019f.; E. Döscher/W. Schröder, Sächsische Parlamentarier 1869-1918, Düsseldorf 2001, S. 425f.
Josef Matzerath
21.7.2008
Empfohlene Zitierweise:
Josef Matzerath, Artikel: Paul Mehnert,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2835 [Zugriff 22.11.2024].