Salomon Veith

Salomon Veith ist v.a. mit der ersten Verleihung des Bürgerrechts an einen Juden in Sachsen 1839 in Verbindung zu bringen. Die sonst recherchierbaren Umstände seiner Biografie offenbaren jedoch nur wenig Erfreuliches und zeichnen das Bild eines unsteten Lebens, das letztlich in einer Einrichtung für psychisch Erkrankte sein Ende fand. – Der als Sohn eines jüdischen Kaufmanns geborene Veith litt laut späterer Krankenakte bereits in seiner Jugend an Rachitis und Krampfanfällen, dazu sollen Misshandlungen durch den Vater und Gleichaltrige gekommen sein. Nach seinem bis zum 13. Lebensjahr erfolgten Schulbesuch wechselte Veith um 1822 an die Dresdner Kunstakademie, wo er als Landschaftsmaler ausgebildet wurde. Da er nicht davon ausging, mit diesem Beruf seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können, bat er im September und Dezember 1828 als Schüler der Kunstakademie - wahrscheinlich erfolgreich - König Anton um finanzielle Unterstützung zum Erlernen der Graveurskunst, um in „Zukunft als ein nützliches Mitglied im Staate auftreten und mitwirken zu können“ (Supplik vom 10.12.1828). Wahrscheinlich unmittelbar danach begann er als Graveur tätig zu sein, worauf seine Erwähnung in den Dresdner Adressbüchern ab 1836 hinweist. Die Frage nach anderen Tätigkeiten in seinen jungen Jahren bleibt offen. Auch über den wirtschaftlichen Ertrag seiner Arbeit besteht Unklarheit. Die 1839 geschlossene Ehe Veiths verlief wohl eher unglücklich und war seinerseits von Entfremdung von der Gattin und Scheidungsversuchen überschattet, u.a. aufgrund des von ihm gehegten Verdachts, eines der Kinder könnte nicht von ihm stammen. Dieser Verdacht könnte jedoch falsch gewesen und im Kontext von Veiths psychischen Auffälligkeiten zu erklären sein. Es bleibt spekulativ, ob auch dies dazu beitrug, dass Veith zwischen 1840 und 1842 vorübergehend in Leipzig lebte. Fest steht dagegen, dass er in der Messestadt bereits am 7.1.1839 als erster Jude in Sachsen das Bürgerrecht verliehen bekam. Die feierliche Ableistung der Eidesformel mit der Hand auf der Tora vor dem versammelten Rat der Stadt Leipzig wurde seinerzeit auch in den „Israelitischen Annalen“ aufgegriffen, die das Ereignis als ein „erhebendes, noch nie dagewesenes Schauspiel des Fortschrittes der Emancipationsfrage“ bezeichneten (Israelitische Annalen, 1/1839, S. 64). Während seiner kurzen Leipziger Zeit war Veith weiterhin als Graveur tätig und absolvierte zudem den Dienst in der Kommunalgarde. Dies brachte ihm jedoch Ärger und ein Polizeiverhör ein, da der Vorwurf gegen Veith im Raum stand, er habe sein Gewehr und Bajonett nicht rechtzeitig zurückgegeben, ehe er sich zur Rückkehr nach Dresden entschloss. Hier erscheint er ab 1843 wiederum als Graveur in den Adressbüchern. Das spätere Krankenblatt der Heilanstalt Sonnenstein vermerkt, dass Veith der häuslichen Enge des Öfteren entflohen sei und Ablenkung durch heitere Gesellschaft, Musik und Tanz und womöglich auch Essen und Trinken gesucht habe. Charakterlich wird er als misstrauisch und zugleich aufbrausend beschrieben, wobei er dann auch wieder eine Versöhnung suchte. Um 1857/1858 hielt sich Veith zur Pflege eines erkrankten Onkels in Prag auf, soll zu dieser Zeit jedoch schon häufiger Ausfallerscheinungen an den Tag gelegt haben. Als er nach dem Tod seines Verwandten mit einer überschaubaren Erbschaft nach Dresden zurückkam, zeigte sich Veith offenbar sehr freigiebig und lebte, im Glauben reich zu sein, über die eigenen Verhältnisse. Immer mehr wurde er offenbar von übersteigerten Wahnideen geplagt, die letztlich mit einer Einweisung ins Dresdner Stadtkrankenhaus endeten. Von hier überstellte man ihn am 11.5.1860 in die Heilanstalt Pirna-Sonnenstein. Das ärztliche Gutachten beschreibt den körperlichen Zustand Veiths zwar als gut, psychisch dagegen zeichne sich der Patient durch ständiges Halluzinieren aus, zeige einen „Wahnsinn mit gesteigertem Selbstgefühl“ sowie eine „Überschätzung des eigenen Ich und der ihm zu Gebote stehenden Mittel.“ Veith, der bereits einen Bruder durch suizidales Ertrinken verloren haben soll und dem Befund des Arztes nach keine besondere Familienbindung erkennen ließ, verstarb kurz nach seiner Ankunft in Pirna-Sonnenstein mit 56 Jahren. Als Todesursache wird Erschöpfung vermerkt. Inwieweit sein unsteter Lebenswandel Raum für ein spezifisch jüdisches Selbstverständnis Veiths und ein besonderes Engagement in der Israelitischen Gemeinde von Dresden bot, kann nicht abschließend geklärt werden. Tatsache ist allerdings, dass der Dresdner Oberrabbiner Wolf Landau unmittelbar vom Tod Veiths unterrichtet wurde und die Heilanstalt per Schreiben um die Überführung des Verstorbenen nach Dresden bat, damit er dort nach israelitischem Ritus beigesetzt werden könne.

Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 10823 Heil- und Pflegeanstalt Sonnenstein, Nr. 10823: Patientenakte Salomon Veith, 11126 Kunstakademie Dresden, Nr. 058: Unterstützung für Zöglinge und Künstler; Stadtarchiv Leipzig, 0008 Ratstube, Titelakten LI Nr. 235, 0359 Kommunalgarde Leipzig, Nr. 568; Aus Sachsen, in: Israelitische Annalen 1/1839, Nr. 8, S. 64; Historische Adressbücher für Leipzig und Dresden 1836-1860.

Literatur Richard Markgraf, Der Einfluß der Juden auf die Leipziger Messen in früherer Zeit, in: Archiv für Kulturgeschichte 5/1907, Nr. 3, S. 363-376; Henning Steinführer, Der Alte israelitische Friedhof im Leipziger Johannisthal, in: Judaica Lipsiensia. Zur Geschichte der Juden in Leipzig, hrsg. von der Ephraim Carlebach Stiftung, Leipzig 1994, S. 246-249; Bernd-Lutz Lange/Andrea Lorz, Jüdische Spuren in Leipzig, Leipzig 2016.

Lucas Böhme
12.11.2024


Empfohlene Zitierweise:
Lucas Böhme, Artikel: Salomon Veith,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/27932 [Zugriff 30.1.2025].

Salomon Veith



Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 10823 Heil- und Pflegeanstalt Sonnenstein, Nr. 10823: Patientenakte Salomon Veith, 11126 Kunstakademie Dresden, Nr. 058: Unterstützung für Zöglinge und Künstler; Stadtarchiv Leipzig, 0008 Ratstube, Titelakten LI Nr. 235, 0359 Kommunalgarde Leipzig, Nr. 568; Aus Sachsen, in: Israelitische Annalen 1/1839, Nr. 8, S. 64; Historische Adressbücher für Leipzig und Dresden 1836-1860.

Literatur Richard Markgraf, Der Einfluß der Juden auf die Leipziger Messen in früherer Zeit, in: Archiv für Kulturgeschichte 5/1907, Nr. 3, S. 363-376; Henning Steinführer, Der Alte israelitische Friedhof im Leipziger Johannisthal, in: Judaica Lipsiensia. Zur Geschichte der Juden in Leipzig, hrsg. von der Ephraim Carlebach Stiftung, Leipzig 1994, S. 246-249; Bernd-Lutz Lange/Andrea Lorz, Jüdische Spuren in Leipzig, Leipzig 2016.

Lucas Böhme
12.11.2024


Empfohlene Zitierweise:
Lucas Böhme, Artikel: Salomon Veith,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/27932 [Zugriff 30.1.2025].