Otto Simonson

Der in Dresden bei Gottfried Semper als Architekt ausgebildete Otto Simonson war der entscheidende Kopf bei dem Bau der im maurischen Stil gehaltenen Leipziger Gemeindesynagoge. Danach verließ er Sachsen und war als Architekt in St. Petersburg (russ. Sankt-Peterburg) und Tiflis tätig. – Simonson wurde vermutlich als fünftes von acht Kindern eines jüdischen Synagogeninspektors und Gemeindedieners in Dresden geboren, wo er die Königliche Akademie der bildenden Künste absolvierte. U.a. zählte der bekannte Architekt und Kunsttheoretiker Gottfried Semper dort zu seinen Lehrmeistern, der die 1840 geweihte Synagoge in Dresden erbaut hatte. Womöglich war dieser Umstand ausschlaggebend dafür, dass mit Simonson einer seiner Schüler den Auftrag für den Synagogenbau in Leipzig erhielt, nachdem Semper selbst nach Konflikten mit der Obrigkeit im Zuge der Revolution 1848/1849 ins Exil geflüchtet war. Die Israelitische Religionsgemeinde zu Leipzig hatte nach ihrer formalen Gründung 1847 die früher gescheiterten Pläne für die Errichtung einer zentralen Synagoge wieder aufgenommen und dazu 1852 einen formalen Beschluss gefasst. Mit dem Erwerb eines Areals an der heutigen Gottschedstraße in Leipzig 1853 ging es an die Umsetzung des Plans. Simonson führte den Synagogenbau 1854/1855 in Kooperation mit der Gemeinde durch. Das Ergebnis war ein monumentaler, repräsentativer Neubau, der nicht zuletzt das Selbstbewusstsein der damaligen jüdischen Gemeindemitglieder in Leipzig repräsentierte. Der dabei erfolgte Rückgriff auf den maurischen Stil bei dem Bauwerk gilt heute als richtungsweisender Ausdruck des jüdischen Selbstverständnisses. In der zeitgenössischen Presse wurde besonders die architektonische Lösung bei der Harmonisierung der unregelmäßigen Grundfläche durch Simonson lobend erwähnt. – Nach Abschluss des Projekts ging Simonson 1854 nach St. Petersburg, wo er Teil der offiziellen Gesandtschaft des Königreichs Sachsen und entsprechend bevollmächtigt war. Vermutlich um 1854 ließ sich Simonson taufen, was die Hochzeit mit der lettischen Beamtentochter Maria Lacarius ermöglichte. Aus der Ehe gingen mehrere Kinder hervor. Nach seiner Berufung ins georgische Tiflis wurde Simonson dort Generalarchitekt, entwarf den heutigen Jugendpalast, das Klassische Gymnasium sowie den Alexandergarten (heute Park des 9. April). Simonson sollte seine 1898 verstorbene Ehefrau Maria deutlich überleben. Selbst bereits im fortgeschrittenen Lebensalter stehend, zog er schließlich nach Riga zu seiner Tochter Olga. Hier verstarb er hochbetagt 1914.

Quellen Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden, 10731 Sächsische Gesandtschaft für Russland, St. Petersburg, Nr. 19; Stadtarchiv Leipzig, 0015 Baupolizeiamt, 0528 BauA Nr. 5254.

Werke Bauwerke: Große Gemeindesynagoge Leipzig, 1854-1855; Alexanderpark Tiflis, 1862; Umbau und Rekonstruktion des Nationalen Jugendpalast in Tiflis, 1865-1869; Rekonstruktion des Klassischen Gymnasiums in Tiflis, 1870-1873. – Schriften: Der Neue Tempel in Leipzig. Entworfen und ausgeführt von Otto Simonson, Berlin 1858.

Literatur Adolf Diamant, Chronik der Juden in Dresden, Darmstadt 1973; Hannelore Künzl, Islamische Stilelemente im Synagogenbau des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, Frankfurt/Main 1984; Juden in Leipzig. Eine Dokumentation zur Ausstellung des 50. Jahrestages der faschistischen Pogromnacht, hrsg. vom Rat des Bezirkes Leipzig, Abteilung Kultur, Leipzig 1988; Josef Reinhold, Zwischen Aufbruch und Beharrung. Juden und jüdische Gemeinde in Leipzig während des 19. Jahrhunderts, Leipzig 1999; Der Alte Jüdische Friedhof in Dresden, hrsg. von HATIKVA. Bildungs- und Begegnungsstätte für Jüdische Geschichte und Kultur Sachsen e.V., Teetz 2002; Nadja Horsch, Architektur und Stadtbild, in: Susanne Schötz (Hg.), Geschichte der Stadt Leipzig, Bd. 3: Vom Wiener Kongress bis zum Ersten Weltkrieg, Leipzig 2018, S. 308-329; Katriona Luīze Rožlapa, Interpretations of Historical Architecture by Architect Vladimir Shervinsky, in: Ideas and Materials: Cultural Hybridity of the Baltic and Other Regions, hrsg. von der Art Academy of Latvia, Riga 2021, S. 66-73.

Lucas Böhme
21.7.2025


Empfohlene Zitierweise:
Lucas Böhme, Artikel: Otto Simonson,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/27927 [Zugriff 10.8.2025].

Otto Simonson



Quellen Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden, 10731 Sächsische Gesandtschaft für Russland, St. Petersburg, Nr. 19; Stadtarchiv Leipzig, 0015 Baupolizeiamt, 0528 BauA Nr. 5254.

Werke Bauwerke: Große Gemeindesynagoge Leipzig, 1854-1855; Alexanderpark Tiflis, 1862; Umbau und Rekonstruktion des Nationalen Jugendpalast in Tiflis, 1865-1869; Rekonstruktion des Klassischen Gymnasiums in Tiflis, 1870-1873. – Schriften: Der Neue Tempel in Leipzig. Entworfen und ausgeführt von Otto Simonson, Berlin 1858.

Literatur Adolf Diamant, Chronik der Juden in Dresden, Darmstadt 1973; Hannelore Künzl, Islamische Stilelemente im Synagogenbau des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, Frankfurt/Main 1984; Juden in Leipzig. Eine Dokumentation zur Ausstellung des 50. Jahrestages der faschistischen Pogromnacht, hrsg. vom Rat des Bezirkes Leipzig, Abteilung Kultur, Leipzig 1988; Josef Reinhold, Zwischen Aufbruch und Beharrung. Juden und jüdische Gemeinde in Leipzig während des 19. Jahrhunderts, Leipzig 1999; Der Alte Jüdische Friedhof in Dresden, hrsg. von HATIKVA. Bildungs- und Begegnungsstätte für Jüdische Geschichte und Kultur Sachsen e.V., Teetz 2002; Nadja Horsch, Architektur und Stadtbild, in: Susanne Schötz (Hg.), Geschichte der Stadt Leipzig, Bd. 3: Vom Wiener Kongress bis zum Ersten Weltkrieg, Leipzig 2018, S. 308-329; Katriona Luīze Rožlapa, Interpretations of Historical Architecture by Architect Vladimir Shervinsky, in: Ideas and Materials: Cultural Hybridity of the Baltic and Other Regions, hrsg. von der Art Academy of Latvia, Riga 2021, S. 66-73.

Lucas Böhme
21.7.2025


Empfohlene Zitierweise:
Lucas Böhme, Artikel: Otto Simonson,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/27927 [Zugriff 10.8.2025].