Johann Heinrich Kauderbach

K. wirkte im 18. Jahrhundert über einen Zeitraum von fast drei Jahrzehnten in unterschiedlichen Funktionen in der sächsischen Vertretung in Den Haag (Niederlande) und ist damit zum Kreis der Berufsdiplomaten im sächsischen Gesandtschaftswesen zu zählen. – K. besuchte 1719 bis 1725 die Fürstenschule in Meißen und studierte 1726 bis 1729 in Leipzig Jurisprudenz. Danach begab er sich auf Reisen und ließ sich schließlich in Den Haag nieder. Hier fand er durch die Erteilung von Privatunterricht in Latein, Geschichte, Geografie und Politik sowie durch die Mitwirkung an verschiedenen Übersetzungen in den 1730er-Jahren ein Auskommen. Er unterrichtete u.a. Casimir und Alexander Poniatowski, Brüder des späteren polnischen Königs Stanisław August Poniatowski. Zwischen 1734 und 1749 veröffentlichte K. das 13-bändige Journal „État politique de l’Europe“, das auch ins Englische, Spanische und Italienische übertragen wurde. Durch die Beteiligung an Jean Rousset de Missys Werk „Les Intérêts Présens des Puissances de l’Europe“ (1733), für das K. einschlägige Stellen aus Hermann Christoph Schweders „Theatrum historicum praetensionum“ (1727) übersetzt hatte, kam er in Kontakt zum kursächsischen Konferenzminister Heinrich Graf von Bünau. Mit diesem begann K. eine bis zu seinem Tod andauernde Korrespondenz. Bünau und der Vater der Poniatowski-Brüder, der Wojewode von Mazovien und spätere Kastellan von Krakau (poln. Kraków), Stanisław Poniatowski, empfahlen K. für kursächsische Dienste. 1739 ernannte ihn Kurfürst Friedrich August II. (König August III. von Polen) neben dem bisherigen Gesandten Claude de Debrose zum Legationssekretär in Den Haag. 1748 fungierte K. als kursächsischer Vertreter beim Aachener Friedenskongress zur Beendigung des Österreichischen Erbfolgekriegs und versuchte einen Ausgleich zwischen Frankreich und den Habsburgern zu vermitteln. Danach war er für die neu zu besetzende Residentenstelle am Wiener Hof vorgesehen, die er ohne daraus einen persönlichen Nachteil zu ziehen ablehnte. Stattdessen wurde K. im Sommer 1749 zum Oberbibliothekar der kurfürstlichen Bibliothek in Dresden ernannt. Über seine dortige Tätigkeit, die nur ein Jahr dauerte und durch eine weitere Reise nach Holland unterbrochen wurde, liegen kaum Informationen vor. Laut Selbstzeugnis bemühte sich K., die in Unordnung vorgefundene Bibliothek katalogisieren zu lassen. In der Tat entstanden gerade um 1750 alphabetische Kataloge der einzelnen Sachgebiete sowie der gesamten Bibliothek. Die Arbeiten wurden aber maßgeblich durch den Unterbibliothekar Heinrich Jonathan Clodius befördert. K.s Anteil daran dürfte nur gering sein. Durch den Tod des Gesandten Debrose wurde er bereits im September 1750 nach Den Haag zurückbeordert und versah, zum Residenten und Kriegsrat ernannt, diesen diplomatischen Posten nunmehr in alleiniger Verantwortung. Die Stellung als Oberbibliothekar behielt er formal inne. Beim Ausbruch des Siebenjährigen Kriegs 1756 ließ K. mehrere Denkschriften über den preußischen Einmarsch in Sachsen veröffentlichen, von denen sich einige Exemplare in der Sächsischen Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) befinden. Nach einer längeren Krankheit begab sich K. Anfang der 1760er-Jahre auf eine über zweijährige Reise durch Italien, Frankreich und das Reich, bei der er 1762 in Neapel (Italien) mit dem Antikenforscher Johann Joachim Winckelmann zusammentraf. Während dieser Reise erfolgte 1761 K.s Ernennung zum Geheimen Legationsrat. Nach seiner Rückkehr nach Den Haag 1763 erhielt K. vom neuen sächsischen Kurfürsten Friedrich Christian die Bestätigung in seiner Funktion und wurde seit dieser Zeit zumeist als Ministre bezeichnet. Im Zuge der Umwandlung der diplomatischen Vertretung in Den Haag in einen Posten mit lediglich einem Geschäftsträger wurde K. 1766 von dort zurückberufen und verbrachte seine beiden letzten Lebensjahrzehnte, ausgestattet mit einer kurfürstlichen Pension, in Weißenfels und Leipzig.

Quellen C. F. H. Bittcher, Pförtner Album, Leipzig 1843, S. 217, Nr. 4510; A. H. Kreyßig, Afraner-Album, Meißen 1876, S. 241; Die jüngere Matrikel der Universität Leipzig, hrsg. von G. Erler, Bd. 3, Leipzig 1909 (ND Nendeln 1976), S. 190; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 10026 Geheimes Kabinett.

Werke État politique de l’Europe, 13 Bde., Den Haag 1734-1749; Memoire, welches der Königlich Pohlnische und Chur-Sächsische Minister, Herr von K., den 29. September 1756 im Haag übergeben hat, o.O. [1756]; Pro-Memoria, welches Der Königlich Pohlnische und Churfürstlich Sächsische Kriegs-Rath und Resident, Herr von K., ... den 15ten Dec. 1756 übergeben und in öffentlichen Druck gehen lassen, o.O. [1756].

Literatur J. G. Eck (Hg.), Leipziger gelehrtes Tagebuch auf das Jahr 1785, S. 64-83; F. A. Ebert, Geschichte und Beschreibung der königlichen öffentlichen Bibliothek zu Dresden, Leipzig 1822, S. 68f., 232; F. Bülau, Geheime Geschichten und Räthselhafte Menschen, Bd. 1, Leipzig 1850, 21863, S. 280-290; E. Vehse, Geschichte der Höfe des Hauses Sachsen, Bd. 7, Hamburg 1854, S. 146; W. Rehm (Hg.), Johann Joachim Winckelmann. Briefe, Bd. 2, Berlin 1954, S. 200, 444, 483; G. Albrecht (Hg.), Giacomo Casanova. Geschichte meines Lebens, Bd. 5, Leipzig/Weimar 1985, S. 146, 359; R. Hanke, Brühl und das Renversement des alliances, Berlin 2006, S. 181-194. – DBA I, II; T. Bürger/K. Hermann (Hg.), Das ABC der SLUB, Dresden 2006, S. 126.

Judith Matzke
3.8.2009


Empfohlene Zitierweise:
Judith Matzke, Artikel: Johann Heinrich Kauderbach,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/24808 [Zugriff 21.11.2024].

Johann Heinrich Kauderbach



Quellen C. F. H. Bittcher, Pförtner Album, Leipzig 1843, S. 217, Nr. 4510; A. H. Kreyßig, Afraner-Album, Meißen 1876, S. 241; Die jüngere Matrikel der Universität Leipzig, hrsg. von G. Erler, Bd. 3, Leipzig 1909 (ND Nendeln 1976), S. 190; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 10026 Geheimes Kabinett.

Werke État politique de l’Europe, 13 Bde., Den Haag 1734-1749; Memoire, welches der Königlich Pohlnische und Chur-Sächsische Minister, Herr von K., den 29. September 1756 im Haag übergeben hat, o.O. [1756]; Pro-Memoria, welches Der Königlich Pohlnische und Churfürstlich Sächsische Kriegs-Rath und Resident, Herr von K., ... den 15ten Dec. 1756 übergeben und in öffentlichen Druck gehen lassen, o.O. [1756].

Literatur J. G. Eck (Hg.), Leipziger gelehrtes Tagebuch auf das Jahr 1785, S. 64-83; F. A. Ebert, Geschichte und Beschreibung der königlichen öffentlichen Bibliothek zu Dresden, Leipzig 1822, S. 68f., 232; F. Bülau, Geheime Geschichten und Räthselhafte Menschen, Bd. 1, Leipzig 1850, 21863, S. 280-290; E. Vehse, Geschichte der Höfe des Hauses Sachsen, Bd. 7, Hamburg 1854, S. 146; W. Rehm (Hg.), Johann Joachim Winckelmann. Briefe, Bd. 2, Berlin 1954, S. 200, 444, 483; G. Albrecht (Hg.), Giacomo Casanova. Geschichte meines Lebens, Bd. 5, Leipzig/Weimar 1985, S. 146, 359; R. Hanke, Brühl und das Renversement des alliances, Berlin 2006, S. 181-194. – DBA I, II; T. Bürger/K. Hermann (Hg.), Das ABC der SLUB, Dresden 2006, S. 126.

Judith Matzke
3.8.2009


Empfohlene Zitierweise:
Judith Matzke, Artikel: Johann Heinrich Kauderbach,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/24808 [Zugriff 21.11.2024].