Heinrich IV. von Weida
H. erscheint in den zwischen 1224 und 1237 ausgestellten Urkunden der Vögte von Weida als „Heinrich der Mittlere, Vogt zu Weida“. Nach dem Tod seines Bruders, des Deutschordensritters Heinrich III. von Weida, nannte er sich seit 1236 „Heinrich d.Ä. von Weida“, seit 1238 „Heinrich von Gera“. 1224 schenkte er dem Deutschen Orden das Patronat der Pfarrkirche St. Marien und St. Johannis zu Plauen. Nachdem sich H. im Kloster Mildenfurth von seiner Gemahlin
Jutta, der späteren Stifterin des Klosters Cronschwitz, hatte scheiden lassen und die Herrschaften Plauen und Gera zwischen seinen Söhnen aufgeteilt sah, wurde er 1238 Bruder des Deutschen Ordens. Anschließend wirkte er möglicherweise als Komtur der Kommende zu Plauen. – Ab dem 7.5.1240 ist H. im Gefolge des Deutschordenshochmeisters
Konrad von Thüringen in Mergentheim zu erkennen. Diese urkundliche Erwähnung bedarf einer näheren Betrachtung, denn als Zeugen erscheinen jene Männer, über deren energische Verteidigung der Sache Kaiser
Friedrich II. in Rom nur vier Monate später durch die Nachricht
Albert Behaims, des päpstlichen Legaten und Domherrn zu Passau, in Kenntnis gesetzt wurde. Viele dieser Männer stiegen in der Folgezeit wie H. zu den höchsten Ämtern des Deutschen Ordens auf. H.s erfolgreiche Laufbahn im Deutschen Orden ist demzufolge wohl nicht zuletzt auf personelle Netzwerke innerhalb des Ordens zurückzuführen. – Ab dem 20.9.1242 erscheint H. als Landmeister zu Preußen, der zweite in der Landmeisterreihe überhaupt. Nach
Peter von Dusburg zog mit ihm noch ein zweiter
Heinrichinger der Linie Weida ins Preußenland, der seinerseits 50 kriegserfahrene Männer und viele Pilger aus dem Reich mit sich führte. Es handelt sich hierbei wohl um
Heinrich VI. von Weida, den Sohn Heinrichs III. von Weida. – H.s Amtszeit als Landmeister zu Preußen war geprägt vom ersten Aufstand der Pruzzen und den Auseinandersetzungen mit Herzog
Swantopolk von Pommerellen, welcher sich mit den Pruzzen gegen den Deutschen Orden verbündet hatte. Nach der Chronik Dusburgs bestand H.s militärisch bedeutendste Leistung in der Eroberung der wichtigen pomesanischen Burganlagen, in deren Verlauf alle Einwohner getötet oder gefangen genommen wurden. Der Sturm auf die Festung erfolgte mitten in einer Christnacht, weshalb diese Burg fortan den Namen Christburg (poln. Dzierzgoń) trug. – Von besonderer Relevanz erscheinen H.s Bemühungen, in seiner Funktion als Landmeister zu Preußen gemeinsam mit der Hansestadt Lübeck mit Königsberg eine freie Stadt für den Ostseehandel an der Pregelmündung zu gründen. 1242 schrieb H. an den Rat und die Bürgerschaft zu Lübeck, er sei bereit, den Platz für eine Stadtgründung zur Verfügung zu stellen und zusätzlich die Hälfte des Lands zu übereignen, welches sich dort im Besitz des Ordens befand. Doch verhinderte der Krieg gegen die Pruzzen und Herzog Swantopolk dieses Vorhaben. Als 1246 zwei Lübecker Abgesandte zum neuen Landmeister
Poppo von Osterna reisten, erkannte dieser die Urkunden H.s nicht an. Trotzdem wurde der Plan zur Gründung einer Stadt an der Pregelmündung nicht mehr aufgegeben. Doch erst 1286 kam es endgültig zur Gründung der Stadt, die den Namen Königsberg (russ. Kaliningrad) erhielt. Letztmalig ist H. am 12.5.1244 als Landmeister urkundlich fassbar. Wie von Dusburg berichtet, wurde er nach Ablauf seiner Amtszeit vom Hochmeister des Ordens zu einem Kapitel ins Reich berufen, erkrankte auf der Reise und verstarb im Kloster Cronschwitz, wo er auch bestattet wurde. Selbiger Chronik folgend, begann H.s Amtszeit als Landmeister allerdings erst 1247 und dauerte acht Jahre. Gegen von Dusburgs Angaben spricht, dass H.s Amtsnachfolger, der fränkische Edle Poppo von Osterna, erstmals am 10.3.1246 als Landmeister zu Preußen auftrat und H. in ebendiesem Diplom als früherer Landmeister zu Preußen bezeichnet wird. Solche Divergenzen zwischen diplomatischer und chronikalischer Überlieferung, die Dusbergs Chronik auch für andere Personen aufweist, lassen sich möglicherweise mit der These erklären, dass H. 1247 bis 1249 mit dem Amt eines Vizelandmeisters zu Preußen betraut gewesen ist. Da jedoch in allen Diplomen, in welchen H. theoretisch die Vizelandmeisterwürde zu Preußen innegehabt haben könnte, die entsprechenden Amtsträger nur mit „Heinrich“ oder „Henricus“, ohne weitere Herkunftsbezeichnung, genannt werden, kann aufgrund der aktuellen Quellenlage die Frage nach der Vizelandmeisterschaft H.s nicht abschließend beantwortet werden. Nach den Untersuchungen
Dieter Wojteckis ist der seit Juli 1248 auftretende preußische Vizelandmeister „Heinrich“ aber nicht als H., sondern als
Heinrich von Hohnstein zu identifizieren.
Quellen Codex Diplomaticus Warmiensis oder Regesten und Urkunden zur Geschichte Ermlands, Bd. 1: Urkunden der Jahre 1231-1340, ges. und hrsg. von C. P. Woelky/J. M. Saage, Mainz 1860; Preußische Regesten bis zum Ausgange des dreizehnten Jahrhunderts, ges. u. hrsg. von M. Perlbach, Königsberg 1876; Pommerellisches Urkundenbuch, bearb. von M. Perlbach, Danzig 1881; Urkundenbuch der Vögte von Weida, Gera und Plauen sowie ihrer Hausklöster Mildenfurth, Cronschwitz, Weida und z. h. Kreuz bei Saalburg, Bd. 1: 1122-1356, hrsg. von B. Schmidt, Jena 1885; Urkundenbuch des Bistums Culm, Theil I: Das Bistum Culm unter dem Deutschen Orden, 1243-1466, hrsg. von C. P. Woelky, Danzig 1885; Urkundenbuch der Deutschordensballei Thüringen, Bd. 1, hrsg. von K. Lampe, Jena 1936; Preußisches Urkundenbuch, Bd. 1., erste Hälfte, hrsg. von R. Philippi, ND Aalen 1961; J. Voigt, Namen-Codex der Deutschen Ordens-Beamten, Hochmeister, Landmeister, Großgebietiger, Komthure, Vögte, Pfleger, Hochmeister-Kompane, Kreuzfahrer und Söldner-Hauptleute in Preussen, Niederwalluf 1971; P. v. Dusburg, Chronica Terre Prussie, übers. und erl. von K. Scholz/D. Wojtecki, Darmstadt 1984.
Literatur B. Schmidt, Die Reussen, Schleiz 1903; F. Gause, Die Gründung der Stadt Königsberg im Zusammenhang der Politik des Ordens und der Stadt Lübeck, in: Zeitschrift für Ostforschung 3/1954, S. 517-536; P. M. Tumler, Der Deutsche Orden im Werden, Wachsen und Wirken bis 1400 mit einem Abriß der Geschichte des Ordens von 1400 bis zur neuesten Zeit, Wien 1955; F. Gause, Der Deutsche Orden und die Gründung von Burg und Stadt Königsberg, in: P. K. Wieser (Hg.), Acht Jahrhunderte Deutscher Orden in Einzeldarstellungen, Bad Godesberg 1967, S. 137-141; D. Wojtecki, Studien zur Personengeschichte des Deutschen Ordens im 13. Jahrhundert, Wiesbaden 1971; ders., Der Deutsche Orden unter Friedrich II., in: J. Fleckenstein (Hg.), Probleme um Friedrich II., Sigmaringen 1974.
Christian Sobeck
19.4.2016
Empfohlene Zitierweise:
Christian Sobeck, Artikel: Heinrich IV. von Weida,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18767 [Zugriff 22.12.2024].
Heinrich IV. von Weida
Quellen Codex Diplomaticus Warmiensis oder Regesten und Urkunden zur Geschichte Ermlands, Bd. 1: Urkunden der Jahre 1231-1340, ges. und hrsg. von C. P. Woelky/J. M. Saage, Mainz 1860; Preußische Regesten bis zum Ausgange des dreizehnten Jahrhunderts, ges. u. hrsg. von M. Perlbach, Königsberg 1876; Pommerellisches Urkundenbuch, bearb. von M. Perlbach, Danzig 1881; Urkundenbuch der Vögte von Weida, Gera und Plauen sowie ihrer Hausklöster Mildenfurth, Cronschwitz, Weida und z. h. Kreuz bei Saalburg, Bd. 1: 1122-1356, hrsg. von B. Schmidt, Jena 1885; Urkundenbuch des Bistums Culm, Theil I: Das Bistum Culm unter dem Deutschen Orden, 1243-1466, hrsg. von C. P. Woelky, Danzig 1885; Urkundenbuch der Deutschordensballei Thüringen, Bd. 1, hrsg. von K. Lampe, Jena 1936; Preußisches Urkundenbuch, Bd. 1., erste Hälfte, hrsg. von R. Philippi, ND Aalen 1961; J. Voigt, Namen-Codex der Deutschen Ordens-Beamten, Hochmeister, Landmeister, Großgebietiger, Komthure, Vögte, Pfleger, Hochmeister-Kompane, Kreuzfahrer und Söldner-Hauptleute in Preussen, Niederwalluf 1971; P. v. Dusburg, Chronica Terre Prussie, übers. und erl. von K. Scholz/D. Wojtecki, Darmstadt 1984.
Literatur B. Schmidt, Die Reussen, Schleiz 1903; F. Gause, Die Gründung der Stadt Königsberg im Zusammenhang der Politik des Ordens und der Stadt Lübeck, in: Zeitschrift für Ostforschung 3/1954, S. 517-536; P. M. Tumler, Der Deutsche Orden im Werden, Wachsen und Wirken bis 1400 mit einem Abriß der Geschichte des Ordens von 1400 bis zur neuesten Zeit, Wien 1955; F. Gause, Der Deutsche Orden und die Gründung von Burg und Stadt Königsberg, in: P. K. Wieser (Hg.), Acht Jahrhunderte Deutscher Orden in Einzeldarstellungen, Bad Godesberg 1967, S. 137-141; D. Wojtecki, Studien zur Personengeschichte des Deutschen Ordens im 13. Jahrhundert, Wiesbaden 1971; ders., Der Deutsche Orden unter Friedrich II., in: J. Fleckenstein (Hg.), Probleme um Friedrich II., Sigmaringen 1974.
Christian Sobeck
19.4.2016
Empfohlene Zitierweise:
Christian Sobeck, Artikel: Heinrich IV. von Weida,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18767 [Zugriff 22.12.2024].