Matthes Enderlein von Burgstadt

Als Bergmeister und Verfasser bergbaulicher Schriften zählte E. zu den bedeutendsten Vertretern des erzgebirgischen Montanwesens im 16. Jahrhundert. Sein grenzüberschreitendes Wirken ist ein markantes Beispiel für die engen wirtschaftlichen und kulturellen Verflechtungen zwischen Sachsen und Böhmen in der Frühen Neuzeit. – E. besuchte seit etwa 1500 die Lateinschule in Zwönitz und kam bereits als Kind mit dem Bergbau in seinem aufstrebenden Heimatort in Berührung. Unklar ist, ob er seinen Bildungsweg an anderen Schulen der Umgebung fortsetzte, ehe er sich im Sommersemester 1518 an der Universität Leipzig immatrikulierte. Ob E. Theologie studierte, lässt sich ebenfalls nur vermuten. Seit 1528 ist eine Tätigkeit E.s als Rektor der Schneeberger Lateinschule nachgewiesen, wahrscheinlich fungierte er dort zuvor bereits als Kantor. Parallel zu seinem Schulamt übernahm E. als Schichtmeister erste bergbauliche Aufgaben. Mindestens seit 1530 beteiligte er sich als auswärtiger Gewerke am St. Joachimsthaler Bergbau. In diese blühende böhmische Bergstadt übersiedelte E. 1533 nach dem Tod des Vaters. Der florierende Silberabbau ermöglichte E. einen raschen Aufstieg, denn bereits drei Jahre später, am 29.12.1536, weisen ihn die Quellen als Bergmeister aus. In seiner 14-jährigen Amtszeit sollen nach zeitgenössischen Angaben fast 200 Zechen erschlossen und 44 Gänge gefunden worden sein, was maßgeblich zum hohen Ansehen E.s beitrug. Überregionale Bekanntheit erlangte er jedoch in erster Linie durch seine Schriften. In Fortentwicklung einer St. Joachimsthaler „Waldherren- und Hegeordnung“ vom 6.5.1538 stellte E. 17 forstwirtschaftliche Richtlinien auf, die u.a. auf die Vermeidung von Raubbau abzielten. Als hervorragender Bergjurist nahm er Anteil an der Entstehung der St. Joachimsthaler Bergordnungen von 1541 und 1548. In Ergänzung zu diesen weit über Böhmen hinaus Vorbildcharakter besitzenden Berggesetzen verfasste E. zwischen 1541 und 1545 das sog. Bergformelbuch als praktisches Handbuch für die St. Joachimsthaler Bergleute. Später folgte mit den 1548 begonnenen „Alten Berggebräuchen des Joachimsthaler Bergwerks“ eine Zusammenfassung des bergmännischen Gewohnheitsrechts seiner Zeit. Beide Schriften wurden in Sachsen ebenso rezipiert wie E.s Übersetzung des „Königlichen Bergbuchs“ (Ius regale montanorum), das König Wenzel II. von Böhmen um 1300 erlassen hatte. Sein unvollendetes Alterswerk „Von Bergwerks Substanz, Nutz und Erhaltung“ konzipierte E. als eine Art Kompendium der physikalisch-chemischen, geografischen, technologischen und juristischen Aspekte des Bergbaus. – Überschattet wurde E.s Tätigkeit von mehreren machtpolitischen Konflikten, die St. Joachimsthal in den 1540er-Jahren berührten. Als am 19.9.1545 die Grafen von Schlick als bisherige Regalherren ihren St. Joachimsthaler Bergbau an König Ferdinand I. von Böhmen abtreten mussten, wurde E. im Gegensatz zu anderen Spitzenbeamten in seiner Funktion belassen. Auch seine Parteinahme für den königsfeindlichen St. Joachimsthaler Rat im Schmalkaldischen Krieg (1546/47) überstand der Protestant E. unbeschadet, während die Stadt den größten Teil ihrer Freiheiten verlor. – Von Krankheit gezeichnet und vom Vorwurf der parteiischen Amtsführung zermürbt, bat E. am 19.2.1549 um Entlassung aus dem Dienst des Bergmeisters. Gegen alle Erwartung wurde er daraufhin am 2.3.1550 zum St. Amtsverwalter von Joachimsthal befördert. Am 20.1.1552 erfolgte sogar seine Erhebung in den Adelsstand als E. vom Burgstadl. Ein Jahr später verschlechterte sich sein Gesundheitszustand derart, dass er die Amtsgeschäfte nur noch von seinem Haus aus verrichten konnte. Kostenintensive medizinische Aufwendungen führten dazu, dass E. 1556 unter Hinterlassung von Schulden starb.

Werke Ein new sehr nützlich königlich Bergkbuch, Leipzig 1616; Ursprung und Ordnung Der Bergwerke im Königreich Böhmen, Leipzig 1616.

Literatur G. Laube, Die Waldordnung und das Bergformelbuch des Matthes Enderle, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen 29/189, H. 3, S. 201-245; W. Weizsäcker, Matthes E., in: Sudetendeutsche Lebensbilder 3/1934, S. 127ff.; H. Löscher, Matthes E. - Bergmeister und Bergjurist, in: Glückauf 3/1956, S. 58-611 (Wiederabdruck in: E. Löscher (Hg.), Heimat Erzgebirge. Geschichte, Land und Leute, Berlin 1997, S. 428-436); H. Löscher, Das erzgebirgische Bergrecht des 15. und 16. Jahrhunderts, Teil 3: Fragmente der geschichtlichen Einleitung und systematischen Darstellung des damals geltenden Bergrechts, bearb. von E. Löscher, Freiberg 2009, S. 448-466; U. Schneider, Chronik der Stadt Zwönitz 960-1945, Zwönitz 2016, S. 54f., 436f. – DBA I, III; DBE 3, S. 110; NDB 4, S. 494.

Michael Wetzel
28.8.2018


Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Matthes Enderlein von Burgstadt,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1325 [Zugriff 21.11.2024].

Matthes Enderlein von Burgstadt



Werke Ein new sehr nützlich königlich Bergkbuch, Leipzig 1616; Ursprung und Ordnung Der Bergwerke im Königreich Böhmen, Leipzig 1616.

Literatur G. Laube, Die Waldordnung und das Bergformelbuch des Matthes Enderle, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen 29/189, H. 3, S. 201-245; W. Weizsäcker, Matthes E., in: Sudetendeutsche Lebensbilder 3/1934, S. 127ff.; H. Löscher, Matthes E. - Bergmeister und Bergjurist, in: Glückauf 3/1956, S. 58-611 (Wiederabdruck in: E. Löscher (Hg.), Heimat Erzgebirge. Geschichte, Land und Leute, Berlin 1997, S. 428-436); H. Löscher, Das erzgebirgische Bergrecht des 15. und 16. Jahrhunderts, Teil 3: Fragmente der geschichtlichen Einleitung und systematischen Darstellung des damals geltenden Bergrechts, bearb. von E. Löscher, Freiberg 2009, S. 448-466; U. Schneider, Chronik der Stadt Zwönitz 960-1945, Zwönitz 2016, S. 54f., 436f. – DBA I, III; DBE 3, S. 110; NDB 4, S. 494.

Michael Wetzel
28.8.2018


Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Matthes Enderlein von Burgstadt,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1325 [Zugriff 21.11.2024].