Christiane von Holstein-Glücksburg
Christiane von Sachsen-Merseburg ist es erfolgreich gelungen, die von ihr erwartete Rolle einer vorbildlichen Landesmutter auszufüllen, aber auch ihre finanziellen Handlungsspielräume für die Zeit ihrer Witwenschaft zu erweitern. Dadurch konnte sie den Ausbau ihrer Delitzscher Residenz teilweise aus eigenen Mitteln finanzieren, sich eine standesgemäße Lebensführung sichern und Formen höfischer Kultur entfalten. – 1634 in
Kopenhagen geboren wurde Christiane seit ihrem neunten Lebensjahr von der dänischen Kronprinzessin Magdalena Sibylla von Sachsen, der Ehefrau des dänischen Erbprinzen Christian, in deren Residenz
Nykøbing (Dänemark) erzogen. 1649 lernte ihr künftiger Ehemann, Herzog Christian von Sachsen-Merseburg, die 15-Jährige auf einer gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Moritz unternommenen Dänemark-Reise kennen. Im Folgejahr fand in Dresden die prächtige Doppelhochzeit von Christiane und Christian sowie ihrer Schwester Sophia Hedwig mit Herzog Moritz von Sachsen-Zeitz statt. Im Ehevertrag wurde Christiane wie ihre Schwester ohne Verzichtleistung auf das elterliche Erbe mit 15.000 Reichstalern Ehegeld sowie 2.000 Reichstalern anstatt des üblichen (Tafel-)Silbers ausgestattet und sollte Sangerhausen als Witwensitz erhalten. Das Paar lebte zunächst in Dresden, ehe Christian, postulierter Administrator des Hochstifts Merseburg, 1653 mit seiner jungen Ehefrau das alte Bischofsschloss in
Merseburg bezog. Aus ihrer 41 Jahre währenden Ehe gingen zehn Kinder hervor, die überwiegend das Erwachsenenalter erreichten und so den Fortbestand des neuen Fürstenhauses Sachsen-Merseburg sichern konnten. Obwohl ihr Ehemann aus seinen zeitüblichen Verbindungen zu Mätressen offenbar eine größere Anzahl natürlicher Nachkommen hatte, scheint die Ehe recht glücklich gewesen zu sein. Es wird berichtet, dass Christiane in engem Zusammenwirken mit ihrem baubegeisterten Ehemann tätige Frömmigkeit ausgelebt und ausgeübt hat, etwa durch die Ausstattung von Kirchen oder die Stiftung von Altargerät. 1688 bestimmte Christian I. testamentarisch Schloss Delitzsch, das sie zuvor gemeinsam mehrfach besucht hatten, als künftigen Witwensitz. – Tief getroffen vom Tod ihres Ehemanns zog Christiane nur wenig später 1692 in ihren noch im Umbau zum barocken Wohnschloss befindlichen Witwensitz (fertiggestellt 1698), konnte aber erst 1696 ihre neuen Gemächer beziehen. Zusätzlich aufgewertet wurde Delitzsch durch die Neuanlage eines durch den merseburgischen Hofgärtner
Andreas Gotthard Carl geplanten und zwischen 1693 und 1698 errichteten barocken Schlossgartens, der der repräsentativen Darstellung von Rang und Stand Ausdruck verlieh. Ihre persönliche Trauer suchte die Herzoginwitwe in einer Reihe von Schriften zu verarbeiten. Der Witwensitz Delitzsch hingegen entwickelte sich bis zu Christianes Tod 1701 zu einem beliebten Treffpunkt des gesellschaftlich-höfischen Lebens im Sekundogeniturfürstentum Sachsen-Merseburg. Auch die räumliche Nähe zu der Buch- und Messestadt Leipzig dürfte dabei eine Rolle gespielt haben. Ermöglicht wurde diese Entwicklung auch durch die seit dem Ehevertrag von 1650 wesentlich verbesserte finanzielle Ausstattung der Herzoginwitwe. In einem Kodizill von 1689 zu seinem Testament hatte Christian I. seiner Ehefrau auf Lebenszeit ein zusätzliches Deputat von 6.000 Gulden pro Jahr aus der Merseburger Rentkammer verordnet. Durch einen Erbvergleich mit dessen Regierungsnachfolger, ihrem ältesten Sohn Christian II., erhöhten sich ihre Einkünfte um ein nicht unerhebliches Jahresdeputat an Naturalien aus ihrem Wittumsamt Delitzsch. Diese zusätzlichen Einkünfte waren auch nötig, da mit der Entwicklung dieses lebhaften Witwenhofs der Unterhalt von etwa 25 bis 28 dauerhaft Bediensteten verbunden war. Gleichzeitig hatte dies eine Belebung des städtischen Wirtschaftslebens zur Folge, da insbesondere das örtliche Handwerk von den Aufträgen des Witwenhofs profitierte. Auf die Amtswirtschaft nahm Christiane aktiv Einfluss und war auf eine effiziente Wirtschaftsführung bedacht. Zur Durchsetzung ihrer Interessen gegenüber den Amtleuten versicherte sie sich der Unterstützung ihres Sohns, des regierenden Herzogs. 1698 wurde das von der Herzoginwitwe auf ihrem Vorwerk bei Merseburg gestiftete Waisenhaus feierlich eingeweiht.
Quellen Jochen Vötsch (Hg.), Sächsische Fürstentestamente 1652-1831. Edition der letztwilligen Verfügungen der regierenden albertinischen Wettiner mit ergänzenden Quellen, Leipzig 2018.
Literatur Ute Essegern, Kursächsische Eheveträge in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, in: Martina Schattkowsky (Hg.), Witwenschaft in der Frühen Neuzeit, Leipzig 2003, S. 115-135; Barocke Fürstenresidenzen an Saale, Unstrut und Elster, hrsg. vom Museumsverbund „Die Fünf Ungleichen e.V.“ und dem Museum Schloss Moritzburg Zeitz, Petersberg 2007; Martina Schattkowsky, Die Sekundogenituren und ihre Fürstinnen. Das Beispiel der Herzoginwitwe Christiane von Sachsen-Merseburg (1634-1701), in: dies./Manfred Wilde, Sachsen und seine Sekundogenituren, Leipzig 2010, S. 229-255 (P); Joachim Säckl, Erdmuth Dorothea von Sachsen-Merseburg - eine Regentin in Krisenzeiten (Teil 1), in: Unsere Neuenburg. Mitteilungen des Vereins zur Rettung und Erhaltung der Neuenburg e.V. 14/2013, S. 14-53; Oliver Auge, Beobachtungen zu den Eheverbindungen zwischen den sächsischen und schleswig-holsteinischen Fürstenhäusern von der Mitte des 13. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, in: Alexander Sembdner/Christoph Volkmar (Hg.), Nahaufnahmen. Landesgeschichtliche Miniaturen für Enno Bünz zum 60. Geburtstag, Leipzig 2021, S. 305-335.
Porträt Christiane, Prinzessin von Holstein-Glücksburg, Kupferstich, Österreichische Nationalbibliothek Wien, Porträtsammlung, Inventar.-Nr. PORT_00053053_01 (Bildquelle) [Public Domain Mark 1.0 Universal; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Public Domain Mark 1.0 Universal Lizenz]; Medaille, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Münzkabinett, Inventar-Nr. BGB5590; Altargemälde, Dom zu Merseburg.
Jochen Vötsch
2.9.2024
Empfohlene Zitierweise:
Jochen Vötsch, Artikel: Christiane von Holstein-Glücksburg,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/9060 [Zugriff 26.12.2024].
Christiane von Holstein-Glücksburg
Quellen Jochen Vötsch (Hg.), Sächsische Fürstentestamente 1652-1831. Edition der letztwilligen Verfügungen der regierenden albertinischen Wettiner mit ergänzenden Quellen, Leipzig 2018.
Literatur Ute Essegern, Kursächsische Eheveträge in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, in: Martina Schattkowsky (Hg.), Witwenschaft in der Frühen Neuzeit, Leipzig 2003, S. 115-135; Barocke Fürstenresidenzen an Saale, Unstrut und Elster, hrsg. vom Museumsverbund „Die Fünf Ungleichen e.V.“ und dem Museum Schloss Moritzburg Zeitz, Petersberg 2007; Martina Schattkowsky, Die Sekundogenituren und ihre Fürstinnen. Das Beispiel der Herzoginwitwe Christiane von Sachsen-Merseburg (1634-1701), in: dies./Manfred Wilde, Sachsen und seine Sekundogenituren, Leipzig 2010, S. 229-255 (P); Joachim Säckl, Erdmuth Dorothea von Sachsen-Merseburg - eine Regentin in Krisenzeiten (Teil 1), in: Unsere Neuenburg. Mitteilungen des Vereins zur Rettung und Erhaltung der Neuenburg e.V. 14/2013, S. 14-53; Oliver Auge, Beobachtungen zu den Eheverbindungen zwischen den sächsischen und schleswig-holsteinischen Fürstenhäusern von der Mitte des 13. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, in: Alexander Sembdner/Christoph Volkmar (Hg.), Nahaufnahmen. Landesgeschichtliche Miniaturen für Enno Bünz zum 60. Geburtstag, Leipzig 2021, S. 305-335.
Porträt Christiane, Prinzessin von Holstein-Glücksburg, Kupferstich, Österreichische Nationalbibliothek Wien, Porträtsammlung, Inventar.-Nr. PORT_00053053_01 (Bildquelle) [Public Domain Mark 1.0 Universal; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Public Domain Mark 1.0 Universal Lizenz]; Medaille, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Münzkabinett, Inventar-Nr. BGB5590; Altargemälde, Dom zu Merseburg.
Jochen Vötsch
2.9.2024
Empfohlene Zitierweise:
Jochen Vötsch, Artikel: Christiane von Holstein-Glücksburg,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/9060 [Zugriff 26.12.2024].