Georg Major
M. wurde im Alter von neun Jahren durch den sächsischen Landesherrn Friedrich III. (der Weise) als Chorknabe an den kurfürstlichen Hof geholt und dort erzogen. Obwohl gleichzeitig zum Wintersemester 1511 seine Immatrikulation an der Universität Wittenberg, der Leucorea, erfolgte, nahm M. aufgrund seiner Jugend das Studium tatsächlich erst zehn Jahre später auf. Zunächst lernte er an der Artistenfakultät, wo er 1522 das Bakkalaureat und wahrscheinlich 1523 den Magistergrad erwarb. Danach unterrichtete er „privatim“. Martin Luther und Philipp Melanchthon prägten und förderten ihn als seine Lehrer. Ihnen blieb er ebenso wie der Wittenberger Universität zeitlebens eng verbunden. So erwirkte Luther 1523 für M. ein Stipendium von dessen Heimatstadt Nürnberg und auf sein Betreiben wurde er 1529 als Nachfolger Caspar Crucigers d.Ä. zum Rektor der Magdeburger Johannisschule berufen. 1537 ging M. wieder nach Wittenberg. Dort nahm er eine Stelle als Prediger an der Schlosskirche an und wurde von Luther im Oktober 1537 ordiniert. Daneben hielt er vermutlich Vorlesungen an der Artistenfakultät. 1542 wurde M. Assessor im Wittenberger Konsistorium. Zwei Jahre später erwarb er den Titel Dr. theol. und übernahm die Professur des Justus Jonas d.Ä. an der Theologischen Fakultät, in die er im Mai 1545 offiziell eintrat. Kurfürst Johann Friedrich (der Großmütige) entsandte M. 1546 zum Regensburger Religionsgespräch. Der Schmalkaldische Krieg und die damit verbundene Schließung der Leucorea 1546/47 brachte auch für M. eine Unterbrechung seiner Tätigkeit in Wittenberg. 1547 übernahm er die Superintendentur des Merseburger Stifts, kehrte jedoch bereits einige Monate später an die wieder eröffnete Wittenberger Universität zurück und wurde in seine vormaligen Ämter eingesetzt. Als Superintendent war M. 1551 in Eisleben tätig. Da er dort jedoch zunehmenden Anfeindungen ausgesetzt war, verlor er dieses Amt bereits ein Jahr später und blieb nunmehr bis zu seinem Tod in Wittenberg. Die Angriffe gegen M. hingen mit dem sog. Majoristischen Streit zusammen. Diese mehrere Jahre andauernde Auseinandersetzung hatte sich an einer umstrittenen Äußerung M.s zur Rechtfertigungslehre entzündet. Die Gegner M.s standen auf der Seite der streng orthodoxen Gnesiolutheraner, zu denen Nicolaus von Amsdorf und Matthias Flacius zählten. An der Leucorea durchlief M. jedoch eine bedeutsame Karriere und übernahm hohe universitäre Ämter. Jahrelang fungierte er als Dekan der Theologischen Fakultät und war mehrfach Vizerektor. Insgesamt viermal, in den Wintersemestern 1540 und 1544 sowie in den Sommersemestern 1561 und 1567, hatte M. mit dem Rektorat sogar das höchste Amt der Universität inne. Mit der Übernahme seines dritten Rektorats schrieb er sich 1561 anlässlich des 50. Jahrestags seiner Immatrikulation von Neuem in die Matrikel ein und verband dies mit einer kurzen autobiografischen Schilderung, in der er seinen engen Bezug zu Luther und Melanchthon sowie zu seiner Universität Wittenberg hervorhob. – M. verfasste u.a. eine Fülle theologischer Schriften, Predigten und Lehrbücher. Seine „Opera“ gab er 1569/70 in drei Teilbänden heraus. Zudem führte er die Veröffentlichung der Wittenberger Lutherausgabe bis 1559 zum Abschluss. Der sowohl von Luther als auch von Melanchthon beeinflusste Theologe behielt seine Professur auch über die Krise des Philippismus im Frühjahr 1574 hinaus, die eine Entlassung zahlreicher melanchthontreuer Schüler in Kursachsen und an der Leucorea mit sich gebracht hatte. M. verstarb kurze Zeit später in Wittenberg. Er zählte zu den bedeutenden Theologen des Reformationsjahrhunderts.
Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Geheimer Rat (Geheimes Archiv); Archiv der Stadtkirche St. Marien Wittenberg, Totenbuch 1574-1610; Scriptorvm pvblice propositorvm a Professoribvs in Academia Witebergensi, Teil 1, Wittenberg 1560; Scriptorvm pvblice propositorvm a gvbernatoribvs studiorum in Academia Vvitebergensi, Teil 2-7, Wittenberg 1561-1572; V. E. Löscher (Hg.), Unschuldige Nachrichten Von Alten und Neuen Theologischen Sachen ... Sechste Ordnung Auf das Jahr 1719, Leipzig 1719 (P, unpag., zwischen S. 927 und 931); C. E. Foerstemann (Hg.), Liber Decanorum Facultatis Theologicae Academiae Vitebergensis, Leipzig 1838; ders. (Hg.), Album academiae Vitebergensis ab a. Ch. MDII usque ad a. MDLX, Bd. 1, Leipzig 1841; O. Hartwig (Hg.), Album academiae Vitebergensis ab a. Ch. MDII usque ad a. MDCII, Bd. 2, Halle 1894.
Werke Opera, 3 Bde., Wittenberg 1569/70.
Literatur W. Friedensburg, Geschichte der Universität Wittenberg, Halle 1917; R. Kolb, Georg M. as Controversialist. Polemics in the Late Reformation, in: Church History 45/1976, S. 455-468; T. J. Wengert, Georg M. (1502-1574), Defender of Wittenberg’s Faith and Melanchthonian exegete, in: H. Scheible (Hg.), Melanchthon in seinen Schülern, Wiesbaden 1997, S. 129-156 (P); I. Dingel/G. Wartenberg, Georg M. (1502-1574). Ein Theologe der Wittenberger Reformation, Leipzig 2005 (WV, P); M. Wriedt, „der allergewisseste Mann ...“, Georg M. (1502-1574) - der Freund der zweiten Stunde, in: Wittenberger Lebensläufe im Umbruch der Reformation, hrsg. vom Evangelischen Predigerseminar Wittenberg, Wittenberg 2005, S. 100-126 (P). – ADB 20, S. 109-111; DBE 6, S. 575f.; NDB 15, S. 718f.; A. Hauck (Hg.), Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, Bd. 12, Leipzig ³1903, S. 85-91; Theologische Realenzyklopädie, Bd. 21, Berlin 1991, S. 725-730.
Ulrike Ludwig
15.12.2011
Empfohlene Zitierweise:
Ulrike Ludwig, Artikel: Georg Major,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2768 [Zugriff 20.12.2024].
Georg Major
Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Geheimer Rat (Geheimes Archiv); Archiv der Stadtkirche St. Marien Wittenberg, Totenbuch 1574-1610; Scriptorvm pvblice propositorvm a Professoribvs in Academia Witebergensi, Teil 1, Wittenberg 1560; Scriptorvm pvblice propositorvm a gvbernatoribvs studiorum in Academia Vvitebergensi, Teil 2-7, Wittenberg 1561-1572; V. E. Löscher (Hg.), Unschuldige Nachrichten Von Alten und Neuen Theologischen Sachen ... Sechste Ordnung Auf das Jahr 1719, Leipzig 1719 (P, unpag., zwischen S. 927 und 931); C. E. Foerstemann (Hg.), Liber Decanorum Facultatis Theologicae Academiae Vitebergensis, Leipzig 1838; ders. (Hg.), Album academiae Vitebergensis ab a. Ch. MDII usque ad a. MDLX, Bd. 1, Leipzig 1841; O. Hartwig (Hg.), Album academiae Vitebergensis ab a. Ch. MDII usque ad a. MDCII, Bd. 2, Halle 1894.
Werke Opera, 3 Bde., Wittenberg 1569/70.
Literatur W. Friedensburg, Geschichte der Universität Wittenberg, Halle 1917; R. Kolb, Georg M. as Controversialist. Polemics in the Late Reformation, in: Church History 45/1976, S. 455-468; T. J. Wengert, Georg M. (1502-1574), Defender of Wittenberg’s Faith and Melanchthonian exegete, in: H. Scheible (Hg.), Melanchthon in seinen Schülern, Wiesbaden 1997, S. 129-156 (P); I. Dingel/G. Wartenberg, Georg M. (1502-1574). Ein Theologe der Wittenberger Reformation, Leipzig 2005 (WV, P); M. Wriedt, „der allergewisseste Mann ...“, Georg M. (1502-1574) - der Freund der zweiten Stunde, in: Wittenberger Lebensläufe im Umbruch der Reformation, hrsg. vom Evangelischen Predigerseminar Wittenberg, Wittenberg 2005, S. 100-126 (P). – ADB 20, S. 109-111; DBE 6, S. 575f.; NDB 15, S. 718f.; A. Hauck (Hg.), Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, Bd. 12, Leipzig ³1903, S. 85-91; Theologische Realenzyklopädie, Bd. 21, Berlin 1991, S. 725-730.
Ulrike Ludwig
15.12.2011
Empfohlene Zitierweise:
Ulrike Ludwig, Artikel: Georg Major,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2768 [Zugriff 20.12.2024].