Christoph Pezel
P. immatrikulierte sich 1554 an der Hohen Schule in Jena. Von dort aus wechselte er 1557 auf Empfehlung seines Jenaer Lehrers Johannes Stigel zu Philipp Melanchthon an die Wittenberger Universität, die Leucorea. Bereits kurze Zeit später war er in Plauen und später in Annaberg im Schuldienst tätig. 1564 nahm P. sein Studium an der Leucorea nunmehr mit Hilfe eines landesherrlichen Stipendiums wieder auf. 1567 erlangte er die Professur für Ethik an der Philosophischen Fakultät. 1569 wurde er Mitglied der Theologischen Fakultät sowie Pfarrer an der Wittenberger Schlosskirche und erwarb 1570 die theologische Doktorwürde. P. war einer der wichtigsten Vertreter des sog. Philippismus an der Leucorea. Er führte als Schüler Melanchthons dessen Lehren fort und versuchte, in den konfessionspolitischen Auseinandersetzungen der Zeit zwischen der lutherischen und der reformierten Seite vermittelnd zu wirken. 1574 wurde P. gemeinsam mit anderen philippistisch gesinnten Professoren der Leucorea und Philippisten am kurfürstlichen Hof des Kryptocalvinismus verdächtigt. Nach Inhaftierung und mehr als zweijährigem Hausarrest in Zeitz wurde er 1576 aus Kursachsen ausgewiesen. Zunächst wandte sich P. mit seiner Familie nach Eger, von wo aus er 1577 von Graf
Johann VI. d.Ä. von Nassau-Dillenburg an den dortigen Hof berufen wurde. 1578 war er als Pfarrer in Herborn tätig. In dieser Zeit trat P. endgültig zum reformierten Bekenntnis über. In den folgenden Jahren wirkte er als Kirchen- und Schulreformer in Nassau im Zuge der reformierten Konfessionalisierung des Territoriums. Er war ein erbitterter Gegner des lutherischen Konkordienwerks. 1580 hielt sich P. gemeinsam mit dem ebenfalls infolge der kryptocalvinistischen Wirren aus Kursachsen vertriebenen Friedrich Widebram in Bremen auf, um dort Auseinandersetzungen zwischen Pfarrern verschiedener Konfessionen zu schlichten. Der Bremer Rat, der sich bereits vorher mehrfach um eine Berufung P.s bemüht hatte, wollte ihn auf Dauer in der Stadt halten. Der nassauische Landesherr entließ P. jedoch erst 1581 endgültig nach Bremen, wo er eine Anstellung als Superintendent erhielt. P. führte seine Reformtätigkeit in der Stadt 1595 mit dem „Consensus Bremensis“ zu einem Abschluss. Auch das Schulwesen ordnete er neu. Ein besonderer Verdienst war die Gründung eines „Gymnasium illustre“, an welchem er selbst als Lehrer tätig wurde. – P. verfasste neben eigenen, v.a. theologischen Schriften auch eine Reihe von Vorreden zu Werken anderer Autoren und trat als Herausgeber in Erscheinung. Nach dem Tod des sächsischen Kurfürsten August gab es unter dessen Sohn Christian I., der zwischen 1586 und 1591 Schritte in Richtung Calvinismus unternahm, offenbar Bestrebungen, P. erneut in das sächsisch-albertinische Territorium zu berufen. Diese blieben jedoch ergebnislos. P. lebte bis zu seinem Tod in Bremen.
Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Geheimer Rat (Geheimes Archiv).
Werke Catechesis continens explicationem simplicem, [et] breuem ..., Wittenberg 1571; Kurtze und Notwendige Fragen vnd Antwort ..., Wittenberg 1573; Widerholte Warhaffte vnd bestendige erzehlung Was sich mit den vortriebenen Wittenbergischen Theologen Anno 1574 ... begeben vnd zugetragen/ etc., Bremen 1589.
Literatur J. F. Iken, Die Wirksamkeit des Christoph Pezelius in Bremen 1580 bis 1604, in: Bremisches Jahrbuch 9/1877, S. 1-54; W. Friedensburg, Geschichte der Universität Wittenberg, Halle 1917; J. Moltmann, Christoph P. (1539-1604) und der Calvinismus in Bremen, Bremen 1958 (Bildquelle); R. Wetzel, Christoph P. (1539-1604). Die Vorreden zu seinen Melanchthon-Editionen als Propagandatexte der ‚Zweiten Reformation‘, in: H. Scheible (Hg.), Melanchthon in seinen Schülern, Wiesbaden 1997, S. 465-566 (P); H.-P. Hasse, Zensur theologischer Bücher in Kursachsen im konfessionellen Zeitalter, Leipzig 2000; H. Klueting, „Wittenberger Katechismus“ (1571) und „Wittenberger Fragstücke“ (1571), in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 112/2001, S. 1-43. – ADB 25, S. 575-577; DBA I, II, III; DBE 7, S. 632; NDB 20, S. 287f.; A. Hauck (Hg.), Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, Bd. 15, Leipzig 31904, S. 231-233.
Ulrike Ludwig
23.9.2005
Empfohlene Zitierweise:
Ulrike Ludwig, Artikel: Christoph Pezel,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18089 [Zugriff 23.11.2024].
Christoph Pezel
Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Geheimer Rat (Geheimes Archiv).
Werke Catechesis continens explicationem simplicem, [et] breuem ..., Wittenberg 1571; Kurtze und Notwendige Fragen vnd Antwort ..., Wittenberg 1573; Widerholte Warhaffte vnd bestendige erzehlung Was sich mit den vortriebenen Wittenbergischen Theologen Anno 1574 ... begeben vnd zugetragen/ etc., Bremen 1589.
Literatur J. F. Iken, Die Wirksamkeit des Christoph Pezelius in Bremen 1580 bis 1604, in: Bremisches Jahrbuch 9/1877, S. 1-54; W. Friedensburg, Geschichte der Universität Wittenberg, Halle 1917; J. Moltmann, Christoph P. (1539-1604) und der Calvinismus in Bremen, Bremen 1958 (Bildquelle); R. Wetzel, Christoph P. (1539-1604). Die Vorreden zu seinen Melanchthon-Editionen als Propagandatexte der ‚Zweiten Reformation‘, in: H. Scheible (Hg.), Melanchthon in seinen Schülern, Wiesbaden 1997, S. 465-566 (P); H.-P. Hasse, Zensur theologischer Bücher in Kursachsen im konfessionellen Zeitalter, Leipzig 2000; H. Klueting, „Wittenberger Katechismus“ (1571) und „Wittenberger Fragstücke“ (1571), in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 112/2001, S. 1-43. – ADB 25, S. 575-577; DBA I, II, III; DBE 7, S. 632; NDB 20, S. 287f.; A. Hauck (Hg.), Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, Bd. 15, Leipzig 31904, S. 231-233.
Ulrike Ludwig
23.9.2005
Empfohlene Zitierweise:
Ulrike Ludwig, Artikel: Christoph Pezel,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18089 [Zugriff 23.11.2024].