Ernst II. von Schönburg

E. errang zu Beginn des 16. Jahrhunderts eine in der schönburgischen Geschichte beispiellose politische und ökonomische Machtstellung, die es ihm ermöglichte, als Geheimer Rat Herzog Georgs (des Bärtigen) von Sachsen sogar Einfluss auf die albertinisch-sächsische Politik zu nehmen. E.s beachtliche Bergbauerfolge, sein gewaltsames Eingreifen in den Bauernkrieg und seine ausgesprochene Gegnerschaft zur Reformation wirkten bis über die Grenzen Sachsens hinaus. – Nach ungewohnt langer Vormundschaft trat der bereits 26-jährige E. 1512 zusammen mit seinem Bruder Wolf I. die Regierung über die Herrschaften Glauchau, Waldenburg, Lichtenstein und Hartenstein an. Zu diesen Stammbesitzungen erwarb das Brüderpaar ab 1523 sukzessive die Herrschaften Wehlen, Lohmen und Hohnstein im Elbsandsteingebirge hinzu. Die gemeinsame Regierung endete 1524 mit einem von Herzog Georg vermittelten Teilungsvertrag, der Wolf die Elbherrschaften und Waldenburg, E. hingegen Glauchau, Lichtenstein und Hartenstein zusprach. Die Bergwerke blieben Gemeinbesitz. Zugleich wurde die 1556 bekräftigte Grundlage für die Einrichtung des Gesamthauses Schönburg geschaffen, das bei allen künftigen Teilungen eine einheitliche Vertretung nach außen erhalten und einen Zerfall der Schönburgischen Herrschaften verhindern sollte. Als Wolf 1529 kinderlos starb, vereinigte E. letztmalig in der schönburgischen Geschichte sämtliche Herrschaften unter einer Hand. – Anknüpfend an die bisherige schönburgische Wirtschaftspolitik trieb E. zusammen mit seinem Bruder seit 1512 die Weiterentwicklung des Bergbaus in seinen Besitzungen voran. Mit E.s Namen verbindet sich v.a. die Gründung der Bergstädte Scheibenberg (1522) und Oberwiesenthal (1527). Beide Bergstädte trugen in entscheidendem Maße zum wirtschaftlichen Aufschwung der Grafschaft Hartenstein bei. Allerdings gelang es E. nicht, den wachsenden Einfluss der Wettiner auf den schönburgischen Bergbau zurückzudrängen. Nach mehrjährigen heftigen Konflikten sahen sich Wolf und E. 1516 und 1529 gezwungen, Bergverträge mit Herzog Georg zu schließen, die eine gemeinsame Ausübung des Bergregals und eine Teilung der Bergeinnahmen vorsahen. Den siedlungsgeschichtlichen Beitrag E.s komplettiert die Neuansiedlung von Bauern auf den Wüstungen Krachsdorf (Neudorf) und Kämpfersgrün (Grüna bei Lößnitz) um 1530. – Neben dem Bergbau förderte E. Handwerk und Gewerbe in seinem Herrschaftsgebiet und begann 1530 mit der Errichtung einer Mahl- und Papiermühle in Glauchau neue Erwerbszweige zu erschließen. Glauchau entwickelte sich unter E.s Regentschaft endgültig zum Verwaltungszentrum der Schönburgischen Herrschaften. Seinem Herrschaftsanspruch gab E. durch ein ehrgeiziges Bauprogramm und eine prachtvolle Hofhaltung Ausdruck, deren Realisierung nicht von ungefähr eben zu jener Zeit erfolgte, als der Bergbau die höchsten Gewinne abwarf. So ließ er 1527 bis 1534 durch den Baumeister Andreas Günther Schloss Hinterglauchau erneuern und um einen zusätzlichen Schlosskomplex (Forderglauchau) im Stil der Frührenaissance erweitern. Beeindruckende Renaissanceanlagen entstanden auch in Waldenburg und Hartenstein. – Eine besondere Vertrauensstellung nahm E. zu Herzog Georg ein, als dessen Geheimer Rat er fungierte und von dem er mit zahlreichen Sonderaufgaben betraut wurde. So begleitete er Georg auf den Augsburger Reichstag (1530), wurde bei der Revision der thüringischen Ämter tätig (1531), übte zwischenzeitlich das Amt des Statthalters in Dresden aus und trat als einer der Richter im Verfahren gegen den ehemaligen Vizekanzler Georgs, Otto von Pack, auf. Uneingeschränkt teilte er mit Herzog Georg die Ablehnung der lutherischen Reformation. Schließlich wird das enge persönliche Verhältnis auch daran deutlich, dass E. den Wettiner testamentarisch zum Obervormund seiner unmündigen Kinder einsetzte. – Bereits Zeitgenossen beklagten E.s schroffe und herrische Wesensart im Umgang mit seinen Untertanen. E. übte strenge Justiz, wobei er in der Wahl der Mittel nicht selten übergroße Härte demonstrierte. Nicht zuletzt E.s Unnachgiebigkeit gegen Fronverweigerer - 1522 fällte er deshalb zwei Todesurteile - baute ein Konfliktpotential auf, das sich im Frühjahr 1525 gewaltsam entlud. Im Bauernkrieg nahm E. als Obrist im Heer Herzog Georgs am 15.5.1525 an der Schlacht von Frankenhausen und der Gefangennahme Thomas Müntzers teil, doch zwangen ihn Nachrichten von Unruhen in den Schönburgischen Herrschaften zur unverzüglichen Rückkehr. E.s blutige Strafaktion endete mit der Hinrichtung mehrerer Aufständischer. – E. starb an Ruhr (Dysenterie). Die volkstümliche Überlieferung, E. sei auf dem Sterbebett zum Luthertum konvertiert, trägt insofern legendäre Züge, als er zwar das letzte Abendmahl in beiderlei Gestalt von einem protestantischen Geistlichen empfing, ein förmlicher Übertritt jedoch nicht anzunehmen ist. Nach E.s Tod blieben die Schönburgischen Herrschaften noch acht Jahre lang katholisch. Wenn E. aufgrund seiner Rolle im Bauernkrieg in der Historiografie als Gewaltherrscher gebrandmarkt wurde, so ist diese Einschätzung im Blick auf sein Gesamtwirken als zu einseitig zu verwerfen.

Quellen T. Schön, Geschichte des Fürstlichen und Gräflichen Gesamthauses Schönburg. Urkundenbuch, Bd. V, Stuttgart/Waldenburg 1903, Bd. VI, Stuttgart/Waldenburg 1904.

Literatur E. Eckardt, Chronik von Glauchau, Glauchau 1882, S. 81, 84-87, 435-440; E. Berlet; Geschichte der Stadt Glauchau, 1. Teil, Glauchau 1931, S. 205-224; C. Müller, Schönburg. Geschichte des Hauses bis zur Reformation, Leipzig 1931, S. 351-384; W.-D. Röber, Schönburgische Burgen und Schlösser im Tal der Zwickauer Mulde, Beucha 1999, S. 36; S. Winkler, Einführung in die Geschichte der Stadt Glauchau, in: R. J. Götze/W.-D. Röber/ders. (Hg.), Glauchau in drei Jahrhunderten, Bd. I: Glauchau im 18. Jahrhundert, Horb/Neckar 2000, S. 18-20; R. Groß, Geschichte Sachsens, Leipzig 2001, S. 46, 52; M. Wetzel, Das schönburgische Amt Hartenstein 1702-1878, Leipzig 2004, S. 35-39.

Michael Wetzel
7.11.2007


Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Ernst II. von Schönburg,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3563 [Zugriff 29.3.2024].

Ernst II. von Schönburg



Quellen T. Schön, Geschichte des Fürstlichen und Gräflichen Gesamthauses Schönburg. Urkundenbuch, Bd. V, Stuttgart/Waldenburg 1903, Bd. VI, Stuttgart/Waldenburg 1904.

Literatur E. Eckardt, Chronik von Glauchau, Glauchau 1882, S. 81, 84-87, 435-440; E. Berlet; Geschichte der Stadt Glauchau, 1. Teil, Glauchau 1931, S. 205-224; C. Müller, Schönburg. Geschichte des Hauses bis zur Reformation, Leipzig 1931, S. 351-384; W.-D. Röber, Schönburgische Burgen und Schlösser im Tal der Zwickauer Mulde, Beucha 1999, S. 36; S. Winkler, Einführung in die Geschichte der Stadt Glauchau, in: R. J. Götze/W.-D. Röber/ders. (Hg.), Glauchau in drei Jahrhunderten, Bd. I: Glauchau im 18. Jahrhundert, Horb/Neckar 2000, S. 18-20; R. Groß, Geschichte Sachsens, Leipzig 2001, S. 46, 52; M. Wetzel, Das schönburgische Amt Hartenstein 1702-1878, Leipzig 2004, S. 35-39.

Michael Wetzel
7.11.2007


Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Ernst II. von Schönburg,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3563 [Zugriff 29.3.2024].