Johannes Göpfert

G. fungierte als der letzte Abt des Zisterzienserklosters Grünhain im Erzgebirge vor dessen Säkularisierung. In zahlreichen Konflikten mit seinen Untertanen und benachbarten Herrschaftsträgern versuchte er vergeblich, die Privilegien seiner Abtei dauerhaft zu sichern und die Auflösung des Konvents zu verhindern. – Über Herkunft, Ausbildung und geistlichen Werdegang G.s ist nichts bekannt. Quellenmäßig fassbar wird sein Wirken erstmals im Frühjahr 1524, als er als Johannes V. die Nachfolge des verstorbenen Grünhainer Abts Gregor Küttner (Kottener) antrat. Die Wahl G.s erfolgte in einer besonderen Krisenstunde des Klosters, das aufgrund starker reformatorischer Einflüsse zwei Jahre zuvor mehr als die Hälfte seiner Konventsmitglieder durch Austritte verloren hatte und seit der Erstürmung des Grünhainer Klosterhofs in Zwickau am 16.3.1522 in der ständigen Furcht vor neuen Gewaltakten lebte. Offenbar hoffte der Konvent, mit der Berufung G.s die Leitung der Abtei einem selbstbewussten Stabilisator des Klosters zu übertragen. In der Tat bemühte sich G. zunächst, die Spannungen mit seinen Untertanen zu entschärfen, indem er am 30.4.1524 unter Vermittlung des Zwickauer Amtsschössers Wolf von Weißenbach einen Vergleich mit den Klosterdörfern Raschau, Beierfeld und Wildenau über die Minderung der Abgaben und Frondienste schloss. Dessen ungeachtet wurde das Klostergebiet Anfang Mai 1525 von Bauernunruhen erschüttert. Vor den herannahenden Bauernscharen brachte sich G. in Schlettau und Annaberg in Sicherheit. Von dort aus versuchte er, den Schutz des Klosters durch den Buchholzer Bergvogt Matthes Busch zu organisieren. Da das Kloster außer der Plünderung der Vorräte keine baulichen Schäden genommen hatte, kehrte G. um Pfingsten 1525 wieder nach Grünhain zurück. Gegen den von G. verlangten Schadensersatz protestierten die Untertanen bei Kurfürst Johann (der Beständige). – Über einen Besitz von etwa 60 Dörfern und ebenso vielen Dorfteilen verfügend, verhandelte G. zwischen 1526 und 1528 mehrere Verträge aus, die z.T. langjährige Streitigkeiten beendeten. So einigte sich G. 1526 und 1528 mit den Untertanen in Sehma, Cranzahl und Walthersdorf über die Ausübung der niederen Jagd und die Hutungsbefugnisse des Klosters. 1528 vermittelte er zudem in einem Bierstreit der Stadt Zwönitz. Die böhmischen Besitzungen des Klosters um Kaaden (tschech. Kadaň) und Saaz (tschech. Žatec) ließ sich G. am 22.3.1527 von König Ferdinand I. bestätigen. – Als besonders konfliktreich muss das Verhältnis G.s zu Ernst II. von Schönburg gelten. Als territoriale Nachbarn sahen sich beide Herrschaftsträger durch den jeweils anderen in ihrer wirtschaftlichen Entfaltung gehemmt und kämpften entsprechend verbissen um den Zugriff auf Erzadern, Verhüttungsanlagen und Wasserläufe im Gebiet von Scheibenberg, Schlettau, Mittweida und Raschau. Trotz zahlreicher Schlichtungsversuche von kursächsischen Kommissaren und eines Vertrags vom 2.6.1529 blieben die Spannungen bestehen. Im Zuge der fortwährenden Auseinandersetzungen entstand um 1530 mit der Farbstiftzeichnung der Ortslage Markersbach zur Darlegung der Grenzverläufe eine der ältesten Dorfansichten des Erzgebirges. Im benachbarten Bergbaugebiet am „Emmler“ versuchte G., die dort vorhandenen Eisenerze seinem schönburgischen Konkurrenten zu entziehen und auf die im Klostergebiet befindlichen Eisenhütten umzulenken, indem er in seiner Bergordnung des „Emmlers“ von 1534 ein Ausfuhrverbot für Eisenstein erließ. Unangefochten blieben G.s montanwirtschaftliche Aktivitäten um Bockwa und Oberhohndorf bei Zwickau. Dort forcierte G. den Steinkohlenabbau in den klostereigenen Gruben und gab diesen 1532 eine neue Kohlenordnung. G.s Förderung des Städtewesens im Klostergebiet wird anhand der Verleihung eines Walds zur Viehtrift, der niederen Gerichtsbarkeit sowie bedeutender Jagd- und Fischereirechte an die Stadt Schlettau am 12.6.1533 fassbar. – Religionspolitisch reichte G.s Einfluss nicht aus, um die Einführung der Reformation im Klostergebiet zu verhindern. Bei der ersten Kirchenvisitation im Januar 1529 wurde die Mehrzahl der unter G.s Aufsicht stehenden Pfarrer als ungeeignet für einen Verbleib in ihrem Amt angesehen. Die Abtei selbst verfiel 1530 unter erheblicher Beschneidung der Befugnisse G.s der kurfürstlichen Sequestration. So wurde diesem nunmehr der Buchholzer Bergvogt Busch als weltlicher Amtmann für das Klostergebiet beigeordnet. G. behielt aber vorläufig seine Entscheidungsgewalt in geistlichen Angelegenheiten. Dies wird durch das überlieferte Siegel G.s vom Jahr 1530 bestätigt, das auch weiterhin die Insignien des Abts darstellt. – Nach massiven Beschwerden Buschs über die Unredlichkeit G.s kam es 1533 praktisch zur Liquidation des Klosters Grünhain. Im Auftrag des Kurfürsten Johann Friedrich stellte G. in jenem Jahr die Privilegien des Klosters in einem Kopialbuch zusammen. Den darin enthaltenen, bis 1238 zurückreichenden Urkundenabschriften kommt eine wichtige historiografische Bedeutung zu, da sie der sächsischen Landesgeschichte die entscheidende Quellengrundlage für die Erforschung der Frühgeschichte des Klosters bieten. Als die letzten Amtshandlungen G.s sind die Überlassung des Klosterhofs in Gardschütz bei Altenburg an Wolf von Weißenbach und die gemeinsam mit dem Kurfürsten vorgenommene Bestallung Georg von Trützschlers zum Oberamtmann in Grünhain und Schlettau 1535 überliefert. Wenig später bot G. seine förmliche Abdankung an, die auf dem Landtag in Torgau bewilligt und mit Urkunde vom 2.7.1536 wirksam wurde. G., der sich in der Abdankungsurkunde zum protestantischen Glauben bekannte, erhielt als Wohnsitz Schlettau zugewiesen, wo er bis zu seinem Tod am 30.4.1548 als Privatmann lebte. Aus der Eheverbindung mit seiner ehemaligen Köchin soll, einer unsicheren Überlieferung zufolge, ein Sohn hervorgegangen sein. In welchem verwandtschaftlichen Verhältnis G. zu dem Hofmeister Georg Göpfert (Göpfried) (belegt 1531/1532) des Grünhainer Klosterhofs Gardschütz und zu dem Grünhainer Amtmann Peter Göpfert (belegt 1535) stand, ist aus den Quellen nicht ersichtlich.

Quellen Q Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 10024 Geheimer Rat; Stadtarchiv Kadaň, F II 25; Landesarchiv Thüringen - Hauptstaatsarchiv Weimar, Ernestinisches Gesamtarchiv. – Diplomataria et scriptores historiae germanicae medii aevi, Bd. 2, hrsg. von Christian Schoettgen/Georg Christoph Kreysig, Altenburg 1755, S. 560-567; Akten zur Geschichte des Bauernkriegs in Mitteldeutschland, Bd. 2, hrsg. von Walther Peter Fuchs, Jena 1942 (ND Aalen 1964); Bergordnung des Grünhainer Abtes Johannes G. von 1534, hrsg. vom Kulturhistorischen Förderverein Grünhain, Grünhain 2000; Akten der Kirchen- und Schulvisitationen in Zwickau und Umgebung 1529 bis 1556, hrsg. von Günter Zorn, Langenweißbach 2008.

Literatur Emil Herzog, Geschichte des Klosters Grünhain, in: Archiv für Sächsische Geschichte 7/1869, S. 60-96; Lothar Enderlein, Kloster Grünhain im Westerzgebirge. Besitz, Herrschaftsbildung und siedlungsgeschichtliche Bedeutung, Schwarzenberg 1934; Martin Märker, Das Zisterzienserkloster Grünhain im Erzgebirge, Frankfurt/Main 1968; Gotthelf Friedrich Oesfeld, Historische Beschreibung einiger merkwürdiger Städte im Erzgebürge, Bd. 2: Worinnen noch Merkwürdigkeiten von Lößnitz … auch von der Annabergischen Dioeces Nachricht gegeben wird, Lößnitz 2001, S. 71-76; Uwe Friedmann, Das Zisterzienserkloster Grünhain. Die wirtschaftliche Tätigkeit unter besonderer Berücksichtigung des nichtagrarischen Bereichs, in: Winfried Schich (Hg.), Zisterziensische Klosterwirtschaft zwischen Ostsee und Erzgebirge. Studien zu Klöstern in Vorpommern, zu Himmelpfort in Brandenburg und Grünhain in Sachsen, Berlin 2004, S. 301-406; Karsten Richter/Toni Frank, Der Wasserstreit im Mittweidatal. Ein Kampf um Wasser, Macht und den rechten Glauben, in: Rundbrief des Agricola-Forschungszentrums Chemnitz 20/2011, S. 48-60; Karsten Richter, Niedergang und Auflösung des Klosters Grünhain, in: Bernd Stephan/Martin Lange (Hg.), Wortwechsel. Das Kolloquium zum 475. Geburtstag der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens in Annaberg-Buchholz im Jahr 2014, Annaberg-Buchholz 2015, S. 74-88; Michael Wetzel, Johannes G. - der letzte Abt des Klosters Grünhain. Fragmente seines Lebens und Wirkens, in: Erzgebirgische Heimatblätter 41/2019, H. 5, S. 25-28.

Michael Wetzel
20.10.2020


Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Johannes Göpfert,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1757 [Zugriff 30.6.2024].

Johannes Göpfert



Quellen Q Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 10024 Geheimer Rat; Stadtarchiv Kadaň, F II 25; Landesarchiv Thüringen - Hauptstaatsarchiv Weimar, Ernestinisches Gesamtarchiv. – Diplomataria et scriptores historiae germanicae medii aevi, Bd. 2, hrsg. von Christian Schoettgen/Georg Christoph Kreysig, Altenburg 1755, S. 560-567; Akten zur Geschichte des Bauernkriegs in Mitteldeutschland, Bd. 2, hrsg. von Walther Peter Fuchs, Jena 1942 (ND Aalen 1964); Bergordnung des Grünhainer Abtes Johannes G. von 1534, hrsg. vom Kulturhistorischen Förderverein Grünhain, Grünhain 2000; Akten der Kirchen- und Schulvisitationen in Zwickau und Umgebung 1529 bis 1556, hrsg. von Günter Zorn, Langenweißbach 2008.

Literatur Emil Herzog, Geschichte des Klosters Grünhain, in: Archiv für Sächsische Geschichte 7/1869, S. 60-96; Lothar Enderlein, Kloster Grünhain im Westerzgebirge. Besitz, Herrschaftsbildung und siedlungsgeschichtliche Bedeutung, Schwarzenberg 1934; Martin Märker, Das Zisterzienserkloster Grünhain im Erzgebirge, Frankfurt/Main 1968; Gotthelf Friedrich Oesfeld, Historische Beschreibung einiger merkwürdiger Städte im Erzgebürge, Bd. 2: Worinnen noch Merkwürdigkeiten von Lößnitz … auch von der Annabergischen Dioeces Nachricht gegeben wird, Lößnitz 2001, S. 71-76; Uwe Friedmann, Das Zisterzienserkloster Grünhain. Die wirtschaftliche Tätigkeit unter besonderer Berücksichtigung des nichtagrarischen Bereichs, in: Winfried Schich (Hg.), Zisterziensische Klosterwirtschaft zwischen Ostsee und Erzgebirge. Studien zu Klöstern in Vorpommern, zu Himmelpfort in Brandenburg und Grünhain in Sachsen, Berlin 2004, S. 301-406; Karsten Richter/Toni Frank, Der Wasserstreit im Mittweidatal. Ein Kampf um Wasser, Macht und den rechten Glauben, in: Rundbrief des Agricola-Forschungszentrums Chemnitz 20/2011, S. 48-60; Karsten Richter, Niedergang und Auflösung des Klosters Grünhain, in: Bernd Stephan/Martin Lange (Hg.), Wortwechsel. Das Kolloquium zum 475. Geburtstag der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens in Annaberg-Buchholz im Jahr 2014, Annaberg-Buchholz 2015, S. 74-88; Michael Wetzel, Johannes G. - der letzte Abt des Klosters Grünhain. Fragmente seines Lebens und Wirkens, in: Erzgebirgische Heimatblätter 41/2019, H. 5, S. 25-28.

Michael Wetzel
20.10.2020


Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Johannes Göpfert,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1757 [Zugriff 30.6.2024].