Hans Carl von Kirchbach
K. war ein Bergbeamter, der zwischen 1736 und 1745 als kommissarischer Oberberghauptmann das Bergbauwesen in Kursachsen leitete und verantwortete. Neben seiner Tätigkeit in der sächsischen Bergbauverwaltung wirkte er auch als Schriftsteller und Verfasser von Bergmannsliedern. – K. entstammte dem sächsischen Adel und war verwandt mit Adelsfamilien wie von Heynitz, von Hackelbusch, von Hardenberg, von Maltitz, von Metzsch (zu Schweta), von Köckeritz (zu Strauch), Vitzthum von Eckstädt oder von Oppel. Er besuchte die Lateinschule in Torgau und wurde am 3.12.1723 an der Universität Leipzig immatrikuliert. Hier studierte K. die Kameral- und Naturwissenschaften sowie Jurisprudenz. Finanziert wurde sein Studium wahrscheinlich durch eine Familienstiftung, die Veronika Beyer, geborene von Kirchbach, für die Kirchbachsche Familie 1671 gestiftet hatte. Zudem kam er in diesen frühen Jahren in den Besitz der Familiengüter Tauschwitz samt Vorwerk Wichtewitz (1725) und Prieschka, das er 1724 von seinem verstorbenen Onkel Andreas Gottfried von Kirchbach erbte. – Bereits während seines Studiums trat K. als Mitglied der „Deutschen Gesellschaft zu Leipzig“ mit Trauerreden hervor. So z.B. am 17.10.1727 in der Leipziger Universitätskirche St. Pauli für die verstorbene Kurfürstin Christiane Eberhardine. K. war als Initiator und Organisator maßgeblich an den Vorbereitungen der Trauerfeier beteiligt, die er zudem größtenteils selbst finanzierte. Für die musikalische Begleitung konnte er die zu seinem Bekanntenkreis zählenden Johann Christoph Gottsched - wie K. Mitglied der
„Deutschen Gesellschaft“ - und Johann Sebastian Bach, der erst seit wenigen Jahren in Leipzig war, gewinnen: Ersterer schrieb den Text für eine Trauerode, der Zweite vertonte dieselbe. Dieses zu den Bachkantaten zählende Werk ist unter dem Titel „Laß, Fürstin, laß noch einen Strahl“ bekannt. Die Beteiligung Bachs setzte K. dabei gegen den Widerstand des Musikdirektors der Universitätskirche Johann Gottlieb Görner durch. Für seine Lobrede „Vom Unterschiede der Bewunderung und der Liebe, Und wie beydes gegen Sr. Königl. Majestät in Pohlen und Churfürstliche Durchlauchtigkeit zu Sachsen vereiniget sey“, die er anlässlich des Geburtstags Kurfürst Friedrich Augusts I.
(August II., des Starken) am 12.5.1729 hielt, bekam K. den Preis der Beredsamkeit verliehen. Dass er zu
diesem Zeitpunkt bereits eine anerkannte Persönlichkeit war, bezeugen auch die Huldigungsschriften, die anlässlich seiner im gleichen Jahr stattfindenden Hochzeit mit
Sophie Hedwig Christiana Vitzthum von Eckstädt u.a. von Gottsched, dem Zeremonienmeister am sächsischen Hof Johann Ulrich König sowie vom späteren Professor und Rektor der Universität Leipzig
Johann Friedrich May verfasst worden waren. – Auf Empfehlung seines Schwagers, des in Freiberg tätigen Bergrats Gottlob Leberecht von Heynitz, erhielt K. 1728 eine Anstellung als Beisitzer am Oberbergamt in Freiberg. Bereits im Jahr darauf wurde er zum Oberbergkommissar, 1733 zum Bergrat und Berghauptmann ernannt. Ab 1732 bewohnte K. ein Haus in der Futtergasse (heute Akademiestraße 6), wo er bis 1753 lebte. Das Haus, in dem 1766 die ersten Lehrveranstaltungen der neu gegründeten Bergakademie Freiberg stattfanden, ist heute das Hauptgebäude der Universität. – Durch die Entsendung des Oberberghauptmanns Curt Alexander von Schönberg, der auf Einladung der Zarin Anna Iwanowa mit weiteren 46 Bergleuten und -beamten nach Russland ging, wurde K. 1736 die Verwaltung des Amts des Oberberghauptmanns übertragen. Im Jahr darauf war er in die Unruhen der Freiberger Bergleute verwickelt, die der Freiberger Superintendent
Christian Friedrich Wilisch unter den Bergleuten durch die Verlegung ihres arbeitsfreien Streittags auf einen Sonntag verursacht hatte. Infolge dieser sich über mehrere Monate hinziehenden Tumulte wurde mehrfach das Oberbergamtshaus gestürmt. K. übernahm die Verwaltung der Geschäfte des Oberberghauptmanns bis zu Schönbergs Rückkehr 1745. Hiernach fungierte er erneut als Berghauptmann, erhielt aber weiterhin die Bezüge eines Oberberghauptmanns. – Zwischen 1744 und 1746 lebte K.s Neffe, der spätere Generalbergkommissar und Mitbegründer der Bergakademie Freiberg Friedrich Anton von Heynitz, in seinem Haus auf der Futtergasse. K. führte den jungen Heynitz in dieser Zeit in das praktische Bergwesen ein. Obgleich Heynitz viel von seinem Verwandten lernte, kritisierte er später K. für dessen Vorliebe für Wünschelrutengänge. Überhaupt war K.s Haus, auch wegen der umfangreichen mineralogischen Sammlung und der wissenschaftlichen Bibliothek, ein Anziehungspunkt für Gelehrte - auch aus dem Ausland. Belegt sind etwa Besuche von schwedischen Gelehrten wie
Nils Pflanderhielm und
Detlef von Heicke, die zudem 1732 Taufpaten von K.s Sohn
Wilhelm Hans Carl von Kirchbach wurden, sowie 1749 bis 1752 von piemontesischen Militär-Technikern um Spirito Benedetto Nicolis di Robilant. Für letztere stellte K. nicht nur die Lehrpläne und -materialien für ihr Studium in Freiberg zusammen, sondern
begleitete sie zudem auf ihren Studienreisen zu den sächsischen Bergwerken. – Neben seiner Tätigkeit als Bergbeamter betrieb K. zwischen 1746 und 1753 auch selbst zwei Gruben in Hohentanne (Hans Carls belohnte Hoffnung) und Reinsberg (Emanuel Erbstollen). Zudem dichtete er Bergmannslieder, die er Kurfürst Friedrich August II. (August III.) am 19.8.1737 überreichte, nachdem er ihm bereits 1733 ein Gedicht zur
Erbhuldigung übergeben hatte. 1739 beteiligte sich K. an einem bergmännischen Aufzug am Freiberger Schloss für den Kurfürsten und die Kurfürstin Maria Josepha, wofür er eigens Bergreihen, d.h. Bergmannslieder, dichtete und diese dem Kurfürsten feierlich übergab. 1741 verfasste K. überdies ein im Freiberger Stadtarchiv als Manuskript erhaltenes Reisejournal über eine Reise in das „sächsische Obergebirge“ bis nach
Karlsbad (tschech. Karlovy Vary), bei der er seinen Fokus v.a. auf die Beschreibung der Gruben legte. – Durch seine Tätigkeiten und Verdienste um das Bergbauwesen wurde K. 1747 ordentliches Mitglied der königlich schwedischen Akademie der Wissenschaften. Bereits 1741 wurde K. zudem Mitglied in der Dresdner Freimaurerloge „Zu den drei Schwertern und Asträa zur grünenden Raute“. – Ein Teil des Nachlasses von K. befindet sich heute im Sächsischen Staatsarchiv - Bergarchiv Freiberg.
Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden; Sächsisches Staatsarchiv -Bergarchiv Freiberg; Kirchenbücher der ev.-luth. Kirchgemeinde St. Bartholomäus, Belgern; Häuserbuch Petri, Freiberg; Archiv der Königlich schwedischen Akademie der Wissenschaften, Stockholm; Privatarchiv Gabriele Zeitler-Prüfer. – Gottlob Friedrich Wilhelm Juncker, Schäfergedichte bey der Kirchbach-Vitzthumischen Vermählung, in: Der Deutschen Gesellschaft in Leipzig Eigene Schriften und Übersetzungen in gebundener und ungebundener Schreibart, Leipzig 1734; Die jüngere Matrikel der Universität Leipzig 1559-1809, Bd. 3: Die Immatrikulationen vom Wintersemester 1709 bis zum Sommersemester 1809, hrsg. von Georg Erler, Leipzig 1909, S. 196.
Werke Die nöthige Verbindung der Beredsamkeit mit der Gelehrsamkeit wurde bey der Aufnahme in die Deutsche Gesellschaft zu Leipzig den 27 Sept. MDCCXXVII. in folgender Antritts-Rede erwiesen, in: Nachrichten von der erneuerten Deutsche Gesellschaft in Leipzig und ihrer ietzigen Verfassung, Leipzig 1727, S. 40-49; Lob- und Trauer-Rede, Der allerdurchlauchtigsten, Großmächtigsten Fürstin und Frauen… Christiane Eberhardine, Königin in Pohlen und Churfürstin zu Sachsen…, Dresden 1728; Vom Unterschiede der Bewunderung und der Liebe, Und wie beydes gegen Sr. Königl. Majestät in Pohlen und Churfürstliche Durchlauchtigkeit zu Sachsen vereiniget sey, Leipzig 1729; Als Das gesammte Ertz-Gebürge, Bey Sr. Königl. Hoheit [et]c. Herrn Friedrich August… Eingenommenen Erb-Huldigung in Freyberg, Den 9ten Junii 1733 wiederum erfreuet wurde, überreichet dieses, Bey einem Bergmännischen Aufzuge, In tieffster Unterthänigkeit im Nahmen der sämtlich Freybergischen Berg- und Hütten-Knappschafft Hanns Carl von K., Freiberg 1733; Als das Freybergische Gebürge mit Allerhöchster Gegenwart Beyderseits Königl. Majestät begnadiget wurde, Ueberreichte diese bey solcher Gelegenheit abgesungene Berg-Reyhen Den 19ten Aug. 1739. Bey einem Bergmännischen Aufzuge, ... Im Nahmen der sämtlichen Freybergischen Berg- und Hütten-Knappschafft, Hanns Carl von K. …, Freiberg 1739; Reise in das sächs. Obergebirge, 1741 [Ms., Stadtarchiv Freiberg].
Literatur August Friedrich Wappler, Über den Streittag der Bergleute, in: Mitteilungen des Freiberger Altertumsvereins 38/1902, S. 1-55; Günther von Kirchbach, Das Geschlecht derer von Kirchbach, Charlottenburg 1912; Ders./Hans Hugo von Kirchbach, Das Geschlecht Kirchbach, Kassel 31963; Gabriele Zeitler-Prüfer/Werner Lauterbach, Zur Biografie des Berghauptmanns K., 2000 [Ms., Stadtarchiv Freiberg]; A. von Kirchbach, Kirchbachsche Wappengeschichte, in: Der Sächsische Adel 30/2002, Nr. 59, S. 12f.; Christoph Wolff, Johann Sebastian Bach. The Learned Musician, Oxford 2001, S. 314; Heinrich Lang, Technologisches Wissen und Transfer. Die Scuola für metallurgische Wissenschaften des Spirito Benedetto Nicolis di Robilant in Savoyen-Piemont in der Mitte des 18. Jahrhunderts, in: Technikgeschichte 75/2008, H. 1, S. 33-50; Silke Herz, Königin Christiane Eberhardine. Pracht im Dienst der Staatsräson. Kunst, Zeremoniell und soziales Leben am Hof der Frau Augusts des Starken, Berlin 2019, bes. S. 79-82. – NDB 11, S. 635.
Gabriele Zeitler-Prüfer
30.9.2021
Empfohlene Zitierweise:
Gabriele Zeitler-Prüfer, Artikel: Hans Carl von Kirchbach,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/10188 [Zugriff 27.12.2024].
Hans Carl von Kirchbach
Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden; Sächsisches Staatsarchiv -Bergarchiv Freiberg; Kirchenbücher der ev.-luth. Kirchgemeinde St. Bartholomäus, Belgern; Häuserbuch Petri, Freiberg; Archiv der Königlich schwedischen Akademie der Wissenschaften, Stockholm; Privatarchiv Gabriele Zeitler-Prüfer. – Gottlob Friedrich Wilhelm Juncker, Schäfergedichte bey der Kirchbach-Vitzthumischen Vermählung, in: Der Deutschen Gesellschaft in Leipzig Eigene Schriften und Übersetzungen in gebundener und ungebundener Schreibart, Leipzig 1734; Die jüngere Matrikel der Universität Leipzig 1559-1809, Bd. 3: Die Immatrikulationen vom Wintersemester 1709 bis zum Sommersemester 1809, hrsg. von Georg Erler, Leipzig 1909, S. 196.
Werke Die nöthige Verbindung der Beredsamkeit mit der Gelehrsamkeit wurde bey der Aufnahme in die Deutsche Gesellschaft zu Leipzig den 27 Sept. MDCCXXVII. in folgender Antritts-Rede erwiesen, in: Nachrichten von der erneuerten Deutsche Gesellschaft in Leipzig und ihrer ietzigen Verfassung, Leipzig 1727, S. 40-49; Lob- und Trauer-Rede, Der allerdurchlauchtigsten, Großmächtigsten Fürstin und Frauen… Christiane Eberhardine, Königin in Pohlen und Churfürstin zu Sachsen…, Dresden 1728; Vom Unterschiede der Bewunderung und der Liebe, Und wie beydes gegen Sr. Königl. Majestät in Pohlen und Churfürstliche Durchlauchtigkeit zu Sachsen vereiniget sey, Leipzig 1729; Als Das gesammte Ertz-Gebürge, Bey Sr. Königl. Hoheit [et]c. Herrn Friedrich August… Eingenommenen Erb-Huldigung in Freyberg, Den 9ten Junii 1733 wiederum erfreuet wurde, überreichet dieses, Bey einem Bergmännischen Aufzuge, In tieffster Unterthänigkeit im Nahmen der sämtlich Freybergischen Berg- und Hütten-Knappschafft Hanns Carl von K., Freiberg 1733; Als das Freybergische Gebürge mit Allerhöchster Gegenwart Beyderseits Königl. Majestät begnadiget wurde, Ueberreichte diese bey solcher Gelegenheit abgesungene Berg-Reyhen Den 19ten Aug. 1739. Bey einem Bergmännischen Aufzuge, ... Im Nahmen der sämtlichen Freybergischen Berg- und Hütten-Knappschafft, Hanns Carl von K. …, Freiberg 1739; Reise in das sächs. Obergebirge, 1741 [Ms., Stadtarchiv Freiberg].
Literatur August Friedrich Wappler, Über den Streittag der Bergleute, in: Mitteilungen des Freiberger Altertumsvereins 38/1902, S. 1-55; Günther von Kirchbach, Das Geschlecht derer von Kirchbach, Charlottenburg 1912; Ders./Hans Hugo von Kirchbach, Das Geschlecht Kirchbach, Kassel 31963; Gabriele Zeitler-Prüfer/Werner Lauterbach, Zur Biografie des Berghauptmanns K., 2000 [Ms., Stadtarchiv Freiberg]; A. von Kirchbach, Kirchbachsche Wappengeschichte, in: Der Sächsische Adel 30/2002, Nr. 59, S. 12f.; Christoph Wolff, Johann Sebastian Bach. The Learned Musician, Oxford 2001, S. 314; Heinrich Lang, Technologisches Wissen und Transfer. Die Scuola für metallurgische Wissenschaften des Spirito Benedetto Nicolis di Robilant in Savoyen-Piemont in der Mitte des 18. Jahrhunderts, in: Technikgeschichte 75/2008, H. 1, S. 33-50; Silke Herz, Königin Christiane Eberhardine. Pracht im Dienst der Staatsräson. Kunst, Zeremoniell und soziales Leben am Hof der Frau Augusts des Starken, Berlin 2019, bes. S. 79-82. – NDB 11, S. 635.
Gabriele Zeitler-Prüfer
30.9.2021
Empfohlene Zitierweise:
Gabriele Zeitler-Prüfer, Artikel: Hans Carl von Kirchbach,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/10188 [Zugriff 27.12.2024].