Otto Uhlig

Als Sozialdemokrat erwarb sich U. Verdienste um die sächsische Landes- und v.a. Kommunalpolitik. – Nach dem Besuch der Volksschule in Wilmsdorf absolvierte U. ab 1886 an der Buchdruckerfachschule in Dresden eine Lehre zum Schriftsetzer und Buchdrucker, die er 1890 mit Auszeichnung abschloss. Ungefähr ab 1892 war er dann bis 1905 in der Verwaltung des Buchdruckerverbands Gauverein Dresden als Rechnungsprüfer und Schriftführer tätig. Zugleich war er Vorsitzender des Gehilfenausschusses der Buchdruckerinnung und ihres Lehrlingsausschusses sowie Delegierter zur Generalversammlung der Dresdner Ortskrankenkasse und Referent ihres Rechnungsprüfungsausschusses. Seinen Wohnsitz hatte U. ab 1896 in Nöthnitz, wo er 1900 bis 1902 dem Gemeinderat angehörte. Nach dem Umzug nach Dresden 1902 wurde er dort drei Jahre später von der Klasse der Gewerbetreibenden (jüngere Altersklasse) zum Stadtverordneten gewählt. Das Amt erlosch 1908 wegen seines Wegzugs nach Zittau, wo er eine hauptberufliche Tätigkeit als Redakteur der „Volkszeitung“ aufnahm. Seine Rückkehr nach Dresden (Leubnitz-Neuostra) erfolgte 1913 mit der Wahl zum Landessekretär der SPD Sachsen. Dieses Amt versah U. bis zum 19.3.1919. – Schon um die Jahrhundertwende engagierte sich U. in Gewerkschaft und Sozialdemokratie. Zwischen 1900 und 1903 war er Mitglied und Vorsitzender der Zeitungs-Kommission der „Sächsischen Arbeiter-Zeitung“ (ab Mai 1908 „Dresdner Volks-Zeitung“). Zudem hatte er 1903/04 den Vorsitz der sozialdemokratischen Parteiorganisation in Dresden-Altstadt inne. An den Parteitagen der SPD nahm er 1905, 1911 und 1922 als Delegierter in Jena und Augsburg teil. Im Oktober 1909 wurde U. in die Zweite Kammer des Sächsischen Landtags gewählt, der er bis zur Novemberrevolution angehörte. 1912 war er dort z.B. Mitglied der außerordentlichen und Zwischendeputation für die erste und zweite Lesung des Volksschulgesetzentwurfs. Bei einer Nachwahl im sächsischen Wahlkreis 3 (Bautzen-Kamenz) am 25.1.1918 gelangte U. für die SPD kurzzeitig (bis November 1918) in den Deutschen Reichstag. – Während der Novemberrevolution und der sich anschließenden Nachkriegskrise (1918-1920) spielte U. eine nennenswerte Rolle in der sächsischen Landespolitik. So trat er, nachdem er schon am 5.11.1918 im Landtag für eine Parlamentarisierung und allgemeine politische Amnestie eingetreten war, an die Spitze des sächsischen Landes-Arbeiter- und Soldaten-Rats und war 1919/20 Abgeordneter der Sächsischen Volkskammer. Daneben arbeitete er seit Dezember 1918 als Redakteur der „Dresdner Volks-Zeitung“, bis er am 20.3.1919 durch den Ministerpräsidenten Georg Gradnauer zum Minister des Innern und zum Stellvertretenden Ministerpräsidenten berufen wurde. Er war damit zugleich Bevollmächtigter zum Reichsrat. Als Innenminister bemühte sich U. v.a. um die Neuordnung der Sicherheitskräfte. Doch war diesem Wirken aufgrund der kurzen Dauer seiner Amtszeit kein Erfolg beschieden. Nachdem Gradnauer im April 1920 aus innenpolitischen Gründen sein Amt als Ministerpräsident zur Verfügung stellen musste, bat U. am 4.5.1920 ebenfalls um seine Demission. Nach seinem Ausscheiden aus der Regierung übte U. ab September 1920 als erster Sozialdemokrat in der Geschichte der Stadt Radeberg das Amt des Ersten Bürgermeisters aus. 1926 und 1932 wurde er wiedergewählt. Durch seine früheren Mitgliedschaften in städtischen Kollegien und als Mitarbeiter der Zeitschrift „Kommunale Praxis. Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands für Kommunalpolitik und Gemeindesozialismus“ war er bereits mit Fragen des Kommunalwesens vertraut. U. war auch Begründer und Redakteur der im Januar 1919 erstmals erschienenen „Sächsischen Gemeindezeitung“. 1921 bis 1933 hatte er das Amt des Zweiten Vorsitzenden des Sächsischen Gemeindetags inne. Er war ferner Stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der Kreditanstalt Sächsischer Gemeinden und des Sächsischen Giroverbands, Mitglied des Landeswohlfahrts- und Jugendamts sowie seit 1922 des Landeseisenbahnrats. – Bis zu seinem erzwungenen Ausscheiden aus der Radeberger Stadtverwaltung, deren kommissarische Leitung am 9.3.1933 der NSDAP-Stadtrat Erich Möckel übernahm, hatte U. in der Landespolitik kaum noch eine Rolle gespielt. Im Juli 1933 wurde er ohne Gewährung von Ruhegehalt in den dauernden Ruhestand versetzt. Polizeilich stand er unter „einfacher Nachüberwachung“. Die Stadt Radeberg verlieh U. im April 1948 die Ehrenbürgerschaft. Nach langer Krankheit starb U. am 27.4.1950 in Radebeul, wohin er 1937 gezogen war.

Quellen Stadtarchiv Radeberg; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 10692 Ständeversammlung des Königreichs Sachsen, Nr. 13763 (P).

Werke Führer durch die Landgemeindeordnung, 1913; Die Volksschule, Dresden 1913; Die liberal-sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft als Förderin der Kulturarbeit in Sachsen, in: Sozialistische Monatshefte 19/1913, S. 88-95; Die Schulreform in Sachsen und ihr Scheitern, in: Kommunale Praxis 13/1913, Sp. 97-104; Die letzten Wettiner auf dem sächsischen Königsthron, München 1920.

Literatur Der Sächsische Landtag 1909-1915, Dresden 1910, S. 105 (Bildquelle); R. Volz (Hg.), Reichshandbuch der Deutschen Gesellschaft, Bd. 2, Berlin 1931, S. 1928 (P); M. Schwarz, MdR, Hannover 1965, S. 484; Otto U. sen. - Dokumente seines Lebens und Wirkens, Xerokopie 1984 [Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Bibliothek] (P); W. H. Schröder (Bearb.), Sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete und Reichstagskandidaten 1898-1918, Düsseldorf 1986, S. 216; ders., Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs- und Landtagen 1867-1933, Düsseldorf 1995, S. 777; F. Heidenreich, Arbeiterkulturbewegung und Sozialdemokratie in Sachsen vor 1933, Weimar u.a. 1995; K. Rudolph, Die sächsische Sozialdemokratie, Weimar/Köln/Wien 1995; M. Schmeitzner/M. Rudloff, Geschichte der Sozialdemokratie im Sächsischen Landtag, Dresden 1998 (P); E. Döscher/W. Schröder, Sächsische Parlamentarier 1869-1918, Düsseldorf 2001, S. 319, 482f. (P); J. Frackowiak, Soziale Demokratie als Ideal, Köln u.a. 2005; M. Schmeitzner/A. Wagner (Hg.), Von Macht und Ohnmacht, Beucha 2006.

Porträt Karl Otto U., Fotografie, E. Müller, 1918, Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden.

Andreas Reichel
10.7.2013


Empfohlene Zitierweise:
Andreas Reichel, Artikel: Otto Uhlig,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3965 [Zugriff 24.11.2024].

Otto Uhlig



Quellen Stadtarchiv Radeberg; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 10692 Ständeversammlung des Königreichs Sachsen, Nr. 13763 (P).

Werke Führer durch die Landgemeindeordnung, 1913; Die Volksschule, Dresden 1913; Die liberal-sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft als Förderin der Kulturarbeit in Sachsen, in: Sozialistische Monatshefte 19/1913, S. 88-95; Die Schulreform in Sachsen und ihr Scheitern, in: Kommunale Praxis 13/1913, Sp. 97-104; Die letzten Wettiner auf dem sächsischen Königsthron, München 1920.

Literatur Der Sächsische Landtag 1909-1915, Dresden 1910, S. 105 (Bildquelle); R. Volz (Hg.), Reichshandbuch der Deutschen Gesellschaft, Bd. 2, Berlin 1931, S. 1928 (P); M. Schwarz, MdR, Hannover 1965, S. 484; Otto U. sen. - Dokumente seines Lebens und Wirkens, Xerokopie 1984 [Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Bibliothek] (P); W. H. Schröder (Bearb.), Sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete und Reichstagskandidaten 1898-1918, Düsseldorf 1986, S. 216; ders., Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs- und Landtagen 1867-1933, Düsseldorf 1995, S. 777; F. Heidenreich, Arbeiterkulturbewegung und Sozialdemokratie in Sachsen vor 1933, Weimar u.a. 1995; K. Rudolph, Die sächsische Sozialdemokratie, Weimar/Köln/Wien 1995; M. Schmeitzner/M. Rudloff, Geschichte der Sozialdemokratie im Sächsischen Landtag, Dresden 1998 (P); E. Döscher/W. Schröder, Sächsische Parlamentarier 1869-1918, Düsseldorf 2001, S. 319, 482f. (P); J. Frackowiak, Soziale Demokratie als Ideal, Köln u.a. 2005; M. Schmeitzner/A. Wagner (Hg.), Von Macht und Ohnmacht, Beucha 2006.

Porträt Karl Otto U., Fotografie, E. Müller, 1918, Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden.

Andreas Reichel
10.7.2013


Empfohlene Zitierweise:
Andreas Reichel, Artikel: Otto Uhlig,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3965 [Zugriff 24.11.2024].