Hans Irmisch
Der gelernte Maurermeister war in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts als kurfürstlicher Baumeister am sächsischen Hof in Dresden tätig. Die Kurfürsten August und Christian I. zogen ihn zu zahlreichen Bauvorhaben heran. I. gestaltete seine Gebäude in Renaissanceformen, die er in Sachsen heimisch machte, allerdings ohne einen eigenständigen Stil zu prägen. – Seine Ausbildung erhielt I. in Dresden unter Caspar Vogt von Wierandt. Er war am Bau der Stadtbefestigung in Dresden beteiligt und errichtete 1549/50 das Salomonistor. Als Maurermeister führte er 1559 bis 1563 das von Wierandt entworfene Zeughaus in Dresden aus. Zuvor hatte er bereits unter Hans von Dehn-Rothfelser nach 1554 an der Erneuerung des Jagdhauses Grillenburg mitgewirkt. Kurfürst August beförderte den Maurermeister, der seit 1554 das Bürgerrecht der Stadt Dresden besaß, am 27.11.1563 zum kurfürstlichen Baumeister. Für dieses Amt bezog I. 1565 ein Jahresgehalt von 200 Talern. 1568 wurde er entlassen, aber 1570 wieder eingestellt. 1574 bekam er eine erhebliche Besoldungszulage sowie ein Wein- und Bierkontingent zugesprochen. – Kurfürst August bestellte 1564 bei I. eine über drei Stockwerke reichende Wendeltreppe aus Sandstein, die er als Geschenk an den Statthalter in Holstein,
Heinrich von Rantzau, übergab. Im selben Jahr wurde I. mit seinem ersten eigenständigen Schlossbau beauftragt, dem Jagdhaus Sitzenroda, das 1564 bis 1570 auf den Grundmauern eines aufgelösten Klosters errichtet wurde. Das umfangreichste von I. ausgeführte Bauvorhaben war Schloss Freudenstein in Freiberg, das 1567 bis 1579 anstelle einer älteren Burg erbaut wurde. Hierfür entwarf I. eine geräumige, aus unterschiedlichen Bauteilen zusammengesetzte Vierflügelanlage. Die Schlosskapelle wurde nach dem Muster gleichartiger Kapellen in Torgau und Dresden gestaltet. Sie hatte nach innen gezogene Strebepfeiler, zwischen denen Emporen eingespannt waren. – I. benutzte die Architektur- und Dekorationsformen der italienischen Renaissance, auch wenn vereinzelt Rückgriffe auf den spätmittelalterlichen Schlossbau nachzuweisen sind. Die bis dahin üblichen Wendelsteine wurden erstmals in Freiberg durch gerade geführte Treppenanlagen ersetzt. In Dresden errichtete I. gegenüber dem Schloss das kurfürstliche Kanzleihaus, das die obersten Landesbehörden aufnahm. Diese mit Renaissancegiebeln geschmückte Dreiflügelanlage wird durch zwei Wendelsteine in den Ecken des kleinen Innenhofs erschlossen. Das Gebäude brannte 1945 aus, wurde 1961 abgerissen, aber 1996 bis 1998 wiedererrichtet. Weiterhin entwickelte der Baumeister die Pläne für das Schloss Lichtenburg bei Prettin, das bis 1582 durch Christoph Tendler ausgeführt wurde, und war am Bau des Schlosses Annaburg beteiligt. Für
Heinrich von Schönberg, der im Osterzgebirge begütert war, baute I. 1585 bis 1587 das Schloss Frauenstein, einen Herrschaftssitz, der aus zwei rechtwinklig angeordneten, durch einen Treppenturm verbundenen Schlossflügeln besteht. Für von Schönberg war I. auch in Rechenberg, Sayda und Mulda tätig. – Der kenntnisreiche Baufachmann wurde von Amtleuten und Schössern in ganz Sachsen angefordert, die um Gutachten baten oder Reparaturen ausführen lassen wollten. Er begutachtete Schloss Tharandt, das Schloss in Sangerhausen, das Jagdhaus Weidenheim bei Torgau, Schloss Sonnenstein in Pirna und Schloss Hoheneck bei Stollberg, weilte 1572 in Grillenburg, wo das Jagdhaus erneuert wurde, erstellte Pläne für die Stadtkirche in Stolpen und leitete die Instandsetzung des Schlosses in Weißensee. 1578 bis 1581 baute I. eine Saline bei Weißenfels und modernisierte die Saline in Artern. Für das Schloss Osterstein in Zwickau erstellte er 1586 Pläne. Auf I.s Entwürfe geht auch das 1584 bis 1586 errichtete Lusthaus des Schlosses Colditz zurück. Auf der Festung Königstein erbaute er 1589 bis 1591 für Kurfürst Christian I. ein kleines Lusthaus, die Christiansburg, und 1591 nach Plänen Paul Buchners den Haupteingang der Festungsanlage. Buchner setzte ihn 1586 bis 1588 beim Bau des Stallhofs in Dresden ein. 1591 bis 1594 arbeitete I. unter Giovanni Maria Nosseni an der fürstlichen Begräbniskapelle des Freiberger Doms, wo er an der nördlichen Chorfassade eine Inschrift mit seinem Monogramm hinterließ. I. starb 1597 auf Schloss Hoheneck bei Stollberg.
Werke Sitzenroda, Jagdhaus, 1564-1570; Dresden, Kanzleihaus, 1565-1567; Freiberg, Schloss Freudenstein, 1567-1579; Prettin, Schloss Lichtenburg, 1574-1582; Colditz, Lusthaus, 1584-1586; Frauenstein, Schloss, 1585-1587; Dresden, Stallhof, 1586-1588; Zwickau, Schloss Osterstein, 1587-1590; Festung Königstein, Christiansburg, 1587-1589, Haupteingang, 1591; Freiberg, Begräbniskapelle im Dom, 1591-1594.
Literatur J. Läuter, Schloß Freudenstein und sein Architekt, der kurfürstliche Baumeister Hans I., Zittau 1938; H. Douffet/U. Richter/U. Thiel, Schloss Freudenstein in Freiberg, in: Sächsische Heimatblätter 54/2008, S. 172-184. – DBA II, III; DBE 5, S. 259; NDB, S. 182f.; Thieme/Becker, Bd. 19, Leipzig 1999, S. 225.
Matthias Donath
18.3.2009
Empfohlene Zitierweise:
Matthias Donath, Artikel: Hans Irmisch,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2288 [Zugriff 22.11.2024].
Hans Irmisch
Werke Sitzenroda, Jagdhaus, 1564-1570; Dresden, Kanzleihaus, 1565-1567; Freiberg, Schloss Freudenstein, 1567-1579; Prettin, Schloss Lichtenburg, 1574-1582; Colditz, Lusthaus, 1584-1586; Frauenstein, Schloss, 1585-1587; Dresden, Stallhof, 1586-1588; Zwickau, Schloss Osterstein, 1587-1590; Festung Königstein, Christiansburg, 1587-1589, Haupteingang, 1591; Freiberg, Begräbniskapelle im Dom, 1591-1594.
Literatur J. Läuter, Schloß Freudenstein und sein Architekt, der kurfürstliche Baumeister Hans I., Zittau 1938; H. Douffet/U. Richter/U. Thiel, Schloss Freudenstein in Freiberg, in: Sächsische Heimatblätter 54/2008, S. 172-184. – DBA II, III; DBE 5, S. 259; NDB, S. 182f.; Thieme/Becker, Bd. 19, Leipzig 1999, S. 225.
Matthias Donath
18.3.2009
Empfohlene Zitierweise:
Matthias Donath, Artikel: Hans Irmisch,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2288 [Zugriff 22.11.2024].