Alexander Wilhelm Köhler

Mit K. begann 1786 die lange Reihe Freiberger Bergrechtslehrer. Insbesondere mit seinem 1786 veröffentlichten „Versuch einer Anleitung zu den Rechten und der Verfassung bey dem Bergbaue in Chursachsen“ hat sich K. bleibende Verdienste erworben. Noch heute ist diese Lehrschrift, die K. als Grundlage für seine ganz auf die Praxis zugeschnittenen Vorlesungen diente, ein Standardwerk zum Bergrecht und der Bergverfassung im Kurfürstentum Sachsen ausgangs des 18. Jahrhunderts. – Über K.s Kindheit ist nur wenig bekannt. Er dürfte im Gebäude der damaligen Brandkatasternummer 137 (heute Waisenhausstraße 7), das seinem Vater bis zu dessen Tod gehörte, aufgewachsen sein. Zunächst soll er Privatunterricht erhalten haben, bevor er 1764 bis 1773 das Freiberger Gymnasium besuchte. Noch 1773 konnte er mit Befürwortung des Oberbergamts und des Kurfürsten Friedrich August III. ein Studium an der Bergakademie Freiberg aufnehmen. Zu seinen Mitstudenten zählten u.a. der spätere Professor für Mathematik, Physik und Bergmaschinenwesen Johann Friedrich Lempe sowie der spätere „wirkliche Zeichenmeister“ der Bergakademie Johann Simon Benjamin Sieghard. 1775 bis 1778 studierte K. in Leipzig u.a. Jura und Philosophie. Im Oktober 1778 nach Freiberg zurückgekehrt, wurde er 1779 zunächst Auditor (Zuhörer) und Protokollführer im Oberhüttenamt sowie ab etwa März 1780 Expedient im Freiberger Oberbergamt. Mit der Berufung K.s zum Sekretär des Oberbergamts 1784 setzte sich dessen weiterer beruflicher Aufstieg fort. Durch kurfürstliches Reskript vom 8.5.1786 wurde K. - zunächst auf zwei Jahre befristet - als erster Lehrer auf den neu geschaffenen Lehrstuhl für Bergrecht berufen. Damit begann K.s Karriere als Bergrechtslehrer. Für ein Jahresgehalt von 100 Talern musste er den Bergakademisten „schulmaeßig“ Unterricht in den Bergrechten erteilen, wobei der gerade von ihm selbst verfasste und bei Carl Graz in Freiberg erschienene „Versuch einer Anleitung zu den Rechten und der Verfassung bey dem Bergbaue in Chursachsen“ den praxisbezogenen, rechtswissenschaftlichen Vorlesungen und Übungen zugrunde gelegt wurde. Noch heute von historischem Interesse sind die darin von K. vorgenommenen Abhandlungen über die kursächsische Bergverfassung und die aufgeführten wichtigsten Funktionen innerhalb des „Bergstaats“. Zwei Jahre später, am 28.7.1788, wurde K. unter Aufstockung seines Gehalts auf 200 Taler zum „beständigen“ Lehrer der Bergrechte an der Bergakademie berufen. Noch im gleichen Jahr las er auch sein praktisches „Collegium über den deutschen Styl“ und ab 1797 die „Anweisungen zu Kanzlei-, Expeditions- und Archivgeschäften“. – Die Leipziger Ökonomische Sozietät - eine Gesellschaft prominenter Mitglieder aus Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft, die sich im Rahmen des Wiederaufbaus Sachsens nach dem Siebenjährigen Krieg v.a. Fragen der Entwicklung der Landwirtschaft und des Manufakturwesens zuwandte - ernannte K. 1787 zu ihrem Ehrenmitglied. Zehn Jahre später erfuhr er die gleiche Ehrung durch die Mineralogische Gesellschaft zu Jena. – Nur kurze Zeit nach Beginn seiner Lehrtätigkeit setzte K.s wissenschaftlich-schriftstellerisches und redaktionelles Wirken ein. Zwischen 1788 und 1794 erschienen in der Crazischen Buchhandlung Freiberg insgesamt zwölf Bände seines „Bergmännische(n) Journals“ mit Abhandlungen zum Bergbau, zur Mineralogie und Geologie, einschließlich Rezensionen zu den neuesten wissenschaftlichen Veröffentlichungen auf diesen Gebieten. Die Fortsetzung als „Neues Bergmännisches Journal“ gab er 1795 bis 1816 gemeinsam mit seinem Schwiegersohn heraus, dem Leiter der an die Bergakademie angegliederten Mineralien-Verkaufsniederlage Christian August Siegfried Hoffmann. Nur für zwei Jahre (1790 und 1791) erschien bei Craz in Freiberg und Annaberg auch K.s „Bergmännischer Calender“, ein „bergmännisches Taschenbuch“, das neben wichtigen fachlichen Informationen für den Berg- und Hüttenmann auch künstlerische Beigaben (Kupferstiche mit Personen des kursächsischen Bergwesens), v.a. aber personenbezogene Angaben über das Personal des damaligen Bergstaats enthielt. – 1800 wurde K. erstmals in den Freiberger Stadtrat gewählt. Zwei Jahre darauf übertrug man ihm die Bauinspektion der Stadt. Es folgten weitere wichtige Funktionen, so die Direktion der Armenversorgungs-Anstalten in Freiberg, aber auch solche im Erzgebirgischen Kreis bzw. bei den Landtags- und Ausschusstags-Versammlungen. 1802 schuf man nach K.s Ideen und Vorschlägen in Freiberg eine städtische Straßenbeleuchtung. Bislang kaum untersucht ist K.s Wirken als „Meister vom Stuhle“ der 1798 in Freiberg gegründeten Freimaurerloge „Zu den drei Bergen“. An Letztere verkaufte K. im Mai 1804 das von ihm erst neun Jahre zuvor im Mai 1795 von den Erben Christlieb Ehregott Gellerts erworbene Wohnhaus in der heutigen Waisenhausstraße (Kataster-Nr. 148), in welchem er aber ein lebenslanges Wohnrecht behielt. 1820 vergrößerte K. seinen Grundbesitz durch Ankauf des angrenzenden Gebäudes (Waisenhausstraße 8). – Am 30.5.1821 wurde K. als Nachfolger des verstorbenen Bürgermeisters Ernst Wilhelm Bernhardi zu einem der beiden Bürgermeister von Freiberg gewählt. Im jährlichen Wechsel mit Peter Gotthelf Stockmann übte K. bis 1830 das Amt des regierenden bzw. beisitzenden Bürgermeisters aus. In dieser Funktion stand er zugleich dem Freiberger Bergschöppenstuhl, der obersten Spruchbehörde des Königreichs in Bergrechtsangelegenheiten, vor. – Sein 50-jähriges Dienstjubiläum als Mitglied des Freiberger Stadtrats beging K. am 26.3.1830. An diesem Tag erfolgte auch seine Ernennung zum Bergkommissionsrat.

Quellen Stadtarchiv Freiberg, Rechnungen über das „Einlege-Geld vom Weine, Weinessig und Most …“ der Jahre 1821 bis 1830, Einwohnerbuch Petri, Bl. 190b, Hausgenossenbuch Petri ab 1752, Bl. 172b, Geschossbuch Petri, fol. 141f.; Kirchgemeindeverband Freiberg, Taufbuch St. Petri (1745-1757 ), S. 738, Taufbuch Petri (1762-1791), Trauungshinweis vom 24.4.1780; Universitätsarchiv Freiberg, Oberbergamt 25, 239, 246; Geschwister-Scholl-Gymnasium Freiberg, Matrikellisten, 1764, Nr. 888.

Werke Versuch einer Anleitung zu den Rechten und der Verfassung bey dem Bergbaue in Chursachsen und dazu gehoerigen Landen, Freiberg 1786; Anleitung zu den Rechten und der Verfassung bey dem Bergbaue im Königreiche Sachsen zur Grundlage bey Vorlesungen, Freiberg 21824; (Hg.), Bergmännisches Journal 1/1788-12/1794; Bergmännischer Kalender 1790-1791; mit C. A. S. Hoffmann (Hg.), Neues Bergmännisches Journal 1/1795-4/1816.

Literatur C. Schiffner, Aus dem Leben alter Freiberger Bergstudenten, Freiberg 1935, S. 242-244; H. J. Schönherr, Die Entwicklung des Lehrstuhls für Rechtswissenschaft der Bergakademie Freiberg, in: O. Meißner (Hg.), Bergbau und Bergrecht, Berlin 1957, S. 11-39; R. Ladwig/M. Mücke, Zur Begründung der Lehrtradition im Bergrecht an der Bergakademie Freiberg durch A. W. K. (1756 bis 1832), in: Neue Bergbautechnik 13/1983, H. 2, S. 92-95; H. Kaden, Alexander Wilhelm K.: Lehrer für Bergrecht und deutschen Stil an der Bergakademie, in: Zeitschrift für Freunde und Förderer der Technischen Universität Bergakademie Freiberg 14/2007, S. 106f.; ders., Das Wirken des Freiberger Lehrers für Bergrecht Alexander Wilhelm K. 1756-1832, Freiberg 2008. – DBA I, II, III; DBE 5, S. 650; NDB 12, S. 304f.

Herbert E. Kaden
15.6.2015


Empfohlene Zitierweise:
Herbert E. Kaden, Artikel: Alexander Wilhelm Köhler,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/10200 [Zugriff 29.3.2024].

Alexander Wilhelm Köhler



Quellen Stadtarchiv Freiberg, Rechnungen über das „Einlege-Geld vom Weine, Weinessig und Most …“ der Jahre 1821 bis 1830, Einwohnerbuch Petri, Bl. 190b, Hausgenossenbuch Petri ab 1752, Bl. 172b, Geschossbuch Petri, fol. 141f.; Kirchgemeindeverband Freiberg, Taufbuch St. Petri (1745-1757 ), S. 738, Taufbuch Petri (1762-1791), Trauungshinweis vom 24.4.1780; Universitätsarchiv Freiberg, Oberbergamt 25, 239, 246; Geschwister-Scholl-Gymnasium Freiberg, Matrikellisten, 1764, Nr. 888.

Werke Versuch einer Anleitung zu den Rechten und der Verfassung bey dem Bergbaue in Chursachsen und dazu gehoerigen Landen, Freiberg 1786; Anleitung zu den Rechten und der Verfassung bey dem Bergbaue im Königreiche Sachsen zur Grundlage bey Vorlesungen, Freiberg 21824; (Hg.), Bergmännisches Journal 1/1788-12/1794; Bergmännischer Kalender 1790-1791; mit C. A. S. Hoffmann (Hg.), Neues Bergmännisches Journal 1/1795-4/1816.

Literatur C. Schiffner, Aus dem Leben alter Freiberger Bergstudenten, Freiberg 1935, S. 242-244; H. J. Schönherr, Die Entwicklung des Lehrstuhls für Rechtswissenschaft der Bergakademie Freiberg, in: O. Meißner (Hg.), Bergbau und Bergrecht, Berlin 1957, S. 11-39; R. Ladwig/M. Mücke, Zur Begründung der Lehrtradition im Bergrecht an der Bergakademie Freiberg durch A. W. K. (1756 bis 1832), in: Neue Bergbautechnik 13/1983, H. 2, S. 92-95; H. Kaden, Alexander Wilhelm K.: Lehrer für Bergrecht und deutschen Stil an der Bergakademie, in: Zeitschrift für Freunde und Förderer der Technischen Universität Bergakademie Freiberg 14/2007, S. 106f.; ders., Das Wirken des Freiberger Lehrers für Bergrecht Alexander Wilhelm K. 1756-1832, Freiberg 2008. – DBA I, II, III; DBE 5, S. 650; NDB 12, S. 304f.

Herbert E. Kaden
15.6.2015


Empfohlene Zitierweise:
Herbert E. Kaden, Artikel: Alexander Wilhelm Köhler,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/10200 [Zugriff 29.3.2024].