Melli Beese
B. war die erste Pilotin Deutschlands. Sie besaß eine eigene Flugschule und war Inhaberin einer Flugzeugfabrik. – B.s Eltern waren wohlhabend und förderten die vielseitig begabte Tochter. 1906 bis 1909 studierte sie zunächst an der Königlichen Akademie der Freien Künste in Stockholm (Schweden) Bildhauerei. 1909 kehrte sie nach Deutschland zurück, betrieb eigene Ateliers in München und später in Dresden. Zu dieser Zeit wandte sie sich aber auch der Fliegerei zu. Um sich auf die von ihr angestrebte Fliegerausbildung vorzubereiten, schrieb B. sich 1910 als Hospitantin am Polytechnikum Dresden ein. Sie hörte Vorlesungen in Mathematik, Schiffsbau sowie Flugtechnik und -mechanik. Im November 1910 ging sie nach Johannisthal bei Berlin, um die praktische Flugausbildung zu absolvieren. Erst nach mehreren Versuchen wurde sie bei der Ad Astra Fluggesellschaft als weibliche Schülerin angenommen. Bei B.s zweitem Flug im Dezember 1910 setzte der Motor aus, und sie stürzte ab. Sie blieb unverletzt, ihr Fluglehrer
Robert Thelen fand darin aber seine Vorurteile gegen weibliche Piloten bestätigt. Im Mai 1911 schloss B. einen neuen Schulungsvertrag bei den Rumpler-Werken ab. Ohne ausreichende Flugerfahrung schrieb sie sich im selben Jahr ein erstes Mal zur Prüfung ein, scheiterte jedoch aufgrund eines Sabotageakts an ihrem Benzintank. Schließlich meldete sie sich heimlich am 18.9.1911 erneut zur Prüfung an, bestand diese und wurde damit die erste Pilotin Deutschlands (Flugschein Nr. 115). 1912 stellte sie mit 825 Metern bei den Johannisthaler Herbstflugwochen einen Höhenweltrekord für Frauen auf. Im selben Jahr gründete sie gemeinsam mit
Charles Boutard und
Hermann Reichelt sowie finanziell unterstützt von ihrer Mutter und Karl August Lingner die „Flugschule Melli Beese GmbH“ in Berlin-Johannisthal, später auch eine Flugzeugfabrik. 1912 bis 1914 meldete sie mehrere Patente an, u.a. für ein Flugboot, wovon sie einen Prototyp in ihrer Firma herstellte. Nach ihrer Heirat nahm B. die französische Staatsbürgerschaft an. Ihr Unternehmen florierte, doch als der Erste Weltkrieg ausbrach, wurde ihr Ehemann in Holzminden interniert. Beiden wurde die Lehr- und Geschäftserlaubnis entzogen und B. unter Hausarrest gestellt. 1917 durfte ihr Mann zurückkehren, doch wurden sie anschließend beide in Wittstock/Dosse arrestiert. Als sie nach Kriegsende nach Johannisthal zurückkehrte stand sie vor dem finanziellen Ruin. Sie erhielt zwar eine Entschädigung für die Fabrik sowie die Flugzeuge, aber die Automobilfirma, in die sie dieses Geld investierte, ging in Konkurs. B. gab jedoch nicht auf. Mit ihrem Mann plante sie einen Flug um die Welt, wofür sie eine aktualisierte Pilotenlizenz benötigte. Der Probeflug auf dem Flugplatz Berlin-Staaken am 21.12.1925 endete tragisch: B. stürzte ab. Sie blieb unverletzt, aber die Zerstörung ihrer Lebensträume trieb sie in den Selbstmord. – Seit 1986 erinnert in Dresden-Laubegast eine Gedenktafel an ihrem Geburtshaus an B. Zudem trägt eine Straße im selben Stadtteil ihren Namen.
Werke Unser Flugplatz - in memoriam, in: Der Luftweg 5/1921, Nr. 17/18, S. 138ff. (ND in: L. K. Wittmann/B. Zibler, Melli B. und die „Flügel am Horizont“, Berlin 2009, S. 151-191); Melli B.s Fliegerleben, in: H. Richter, Deutscher Flugalmanach 1923 für Gleit- und Motorflugsport, Berlin 1923, S. 96ff. (ND in: L. K. Wittmann/B. Zibler, Melli B. und die „Flügel am Horizont“, Berlin 2009, S. 191-193).
Literatur A. Norden, Flügel am Horizont, Berlin 1939; Sächsische Neueste Nachrichten 1962, Nr. 87, 91, 95; B. Spitzer, Melli B., Berlin 1992 (P); W. Fiedler (Hg.), Melli B., Dresden 2001; L. K. Wittmann/B. Zibler, Melli B. und die „Flügel am Horizont“, Berlin 2009. – DBA II, III; DBE 1, S. 391; NDB 1, S. 738; F. Beck/E. Henning (Hg.), Brandenburgisches Biographisches Lexikon, Potsdam 2002, S. 40; V. Klimpel, Berühmte Dresdner, Dresden 2002, S. 15.
Porträt Selbstporträt, in: L. K. Wittmann/B. Zibler, Melli B. und die „Flügel am Horizont“, Berlin 2009, S. 13.; Melli B., Fotografie, Museum Treptow-Köpenick (Bildquelle).
Heike Wolter
4.5.2011
Empfohlene Zitierweise:
Heike Wolter, Artikel: Melli Beese,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/426 [Zugriff 21.11.2024].
Melli Beese
Werke Unser Flugplatz - in memoriam, in: Der Luftweg 5/1921, Nr. 17/18, S. 138ff. (ND in: L. K. Wittmann/B. Zibler, Melli B. und die „Flügel am Horizont“, Berlin 2009, S. 151-191); Melli B.s Fliegerleben, in: H. Richter, Deutscher Flugalmanach 1923 für Gleit- und Motorflugsport, Berlin 1923, S. 96ff. (ND in: L. K. Wittmann/B. Zibler, Melli B. und die „Flügel am Horizont“, Berlin 2009, S. 191-193).
Literatur A. Norden, Flügel am Horizont, Berlin 1939; Sächsische Neueste Nachrichten 1962, Nr. 87, 91, 95; B. Spitzer, Melli B., Berlin 1992 (P); W. Fiedler (Hg.), Melli B., Dresden 2001; L. K. Wittmann/B. Zibler, Melli B. und die „Flügel am Horizont“, Berlin 2009. – DBA II, III; DBE 1, S. 391; NDB 1, S. 738; F. Beck/E. Henning (Hg.), Brandenburgisches Biographisches Lexikon, Potsdam 2002, S. 40; V. Klimpel, Berühmte Dresdner, Dresden 2002, S. 15.
Porträt Selbstporträt, in: L. K. Wittmann/B. Zibler, Melli B. und die „Flügel am Horizont“, Berlin 2009, S. 13.; Melli B., Fotografie, Museum Treptow-Köpenick (Bildquelle).
Heike Wolter
4.5.2011
Empfohlene Zitierweise:
Heike Wolter, Artikel: Melli Beese,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/426 [Zugriff 21.11.2024].