Bernhard von Miltitz
M. entstammte einem alten meißnischen Adelsgeschlecht. Seine Jugend verbrachte M. auf Klöden, dem Rittergut seines Großvaters mütterlicherseits,
Jobst von Kanne, wo er Privatunterricht erhielt. Sein Jurastudium in Wittenberg (1586) brach M. bereits nach einem Jahr ab, um bei seinem Vetter, dem kursächsischen Hofrittmeister
Albrecht von Miltitz, eine Stellung als Page anzunehmen. In dieser Stellung, in der er auch eine militärische Ausbildung erlangte, verblieb M. mehrere Jahre und diente anschließend bei den Karabinern des Kurfürsten Christian I. von Sachsen. 1591 verließ M. die Karabiner, um am Kriegszug des Fürsten
Christian I. zu Anhalt-Bernburg nach Frankreich teilzunehmen, wo er an der Belagerung der Stadt Rouen beteiligt war. Aus Unzufriedenheit mit der Führung des französischen Heers verließ er den Militärdienst und begab sich in die Niederlande. Seine Reise führte ihn über Rotterdam und Leiden nach Den Haag (niederl. s’Gravenhage), wo er sich in den Dienst des Grafen
Philipp von Hohenlohe begab und am Sezessionskrieg (1568-1648) teilnahm. Nach der Eroberung der Stadt Geertruidenberg 1593 kehrte M. zurück nach Klöden. 1594 ging M. erneut auf Reisen und versuchte zunächst, sich in Paris wieder Christian I. zu Anhalt-Bernburg anzuschließen, heuerte dann aber als Leutnant auf einem französischen Kaperschiff in Dieppe an. Von hier aus gelangte M. über die Kanaren (1595), an Afrika vorbei, nach Madagaskar und Indien, um von dort aus über den Indischen und Atlantischen Ozean bis nach Brasilien (1596) zu reisen. Die genauen Hintergründe dieses nicht ungefährlichen Unternehmens sind nicht bekannt, jedoch unternahm M. während dieser Fahrt einige Versuche, Handel zu treiben, z.B. mit Gewürzen, Sklaven oder Tropenholz. An der Küste der Insel Haiti (Española) wurde M. zusammen mit der Schiffsbesatzung, da niemand über einen spanischen Pass verfügte, wegen Zollvergehen festgenommen und nach der Hauptstadt Santo Domingo gebracht. Dort wurden Kapitän
Mascon und der Obersteuermann zum Tode verurteilt und hingerichtet; die übrige Besatzung erhielt zwei Jahre Galeerenstrafe. Nur M., der sich auf Latein verständigen konnte, kam frei und schlug sich nach Europa durch, wo er am 16.12.1596 den Hafen von St. Lucas erreichte und von dort aus nach Sevilla kam. – Die nächsten Jahre verbrachte M. in Spanien, wo er zunächst am königlichen Hof in Madrid und später in Valencia Anstellung fand. In Valencia kam M. in Kontakt mit Erzherzog
Albrecht VII. von Österreich, dem die Familie von Miltitz möglicherweise durch Nickel von Miltitz, Mundschenk Kaiser
Ferdinands I., nicht unbekannt war. Auch M. wurde von Erzherzog Albrecht das Amt des Mundschenks übertragen. In Begleitung des Erzherzogs und dessen Gemahlin bereiste M. das Mittelmeer und Italien, bevor er sich am 23.1.1600 auf die Rückreise nach Sachsen begab. Über Trient, Augsburg, Nürnberg und Leipzig führte ihn der Weg nach Pretzsch, dem Besitz seiner Familie, welches er 1601 erreichte. Zwei weitere Reisen unternahm er schließlich nach den Niederlanden und Frankreich. – Durch seine Bildung und seine Reisen hatte M. nicht nur die französische, spanische und teilweise die niederländische Sprache sowie Latein erlernt, sondern auch die Sitten und Gebräuche an verschiedenen Fürstenhöfen Europas kennen gelernt. Wohl nicht zuletzt aufgrund solcher Fähigkeiten berief ihn Kurfürst Johann Georg I. zum Gesandten an die Höfe Englands, Frankreichs und Österreichs. Als Anerkennung für diese Dienste erhielt M. den Titel „Hauptmann der Grafschaft Mansfeld und der Stifte Meißen, Merseburg und Naumburg“. – Mit Ausbruch des Dreißigjährigen Kriegs begab sich M. wieder in den Kriegsdienst des Kurfürsten. So beteiligte er sich als Offizier z.B. an der Eroberung der Niederlausitz (1620). – Der außergewöhnliche Lebensweg M.s spiegelt eine breite Palette adliger Lebensformen in der Frühen Neuzeit wider, die den Hof- und Militärdienst ebenso einschloss wie die Betätigung als Gesandter und Kaufmann. Herausragend war jedoch insbesondere seine ausgedehnte Reisetätigkeit.
Quellen J. Dürr, Decennium Memorabile. Das ist Gründliche beschreibung der Weitläufigen … gefehrlichen Reisen … Mit … Leichenpredigt … Bey Bestattung des … Bernhard von M. …, Wittenberg 1628.
Literatur R. v. Kyaw, Ein Tourist gegen Ende des 16. Jahrhunderts, in: Neues Lausitzisches Magazin 49/1872, S. 126-134; A. Kirchhoff, Ein sächsischer Weltumsegler des 16. Jahrhunderts, in: Mitteilungen des Vereins für Erdkunde zu Halle 1881, S. 67-81; H. Vogt, Der erste sächsische Weltumsegler, in: Wissenschaftliche Beilage der Leipziger Zeitung 78/1881, S. 465f.; S. Ruge, Bernhard von M., kein Weltumsegler, in: NASG 3/1882, S. 66-77; V. Hantzsch, Deutsche Reisende des 16. Jahrhunderts, Leipzig 1895, S. 121-123. – ADB 52, S. 410f.; E. Kneschke, Neues allgemeines Deutsches Adels-Lexikon, Bd. 9, Leipzig 1865, S. 297-299; F. Fischer, Ahnenreihenwerk von Uradelsgeschlechtern Wettiner Lande, Bd. 4, Bissingen/Enz 1973, Teil XVI, Tafel 23; W. Fellmann, Sachsen-Lexikon, München/Berlin 2000, S. 272.
Christian Richter
22.8.2008
Empfohlene Zitierweise:
Christian Richter, Artikel: Bernhard von Miltitz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2887 [Zugriff 2.11.2024].
Bernhard von Miltitz
Quellen J. Dürr, Decennium Memorabile. Das ist Gründliche beschreibung der Weitläufigen … gefehrlichen Reisen … Mit … Leichenpredigt … Bey Bestattung des … Bernhard von M. …, Wittenberg 1628.
Literatur R. v. Kyaw, Ein Tourist gegen Ende des 16. Jahrhunderts, in: Neues Lausitzisches Magazin 49/1872, S. 126-134; A. Kirchhoff, Ein sächsischer Weltumsegler des 16. Jahrhunderts, in: Mitteilungen des Vereins für Erdkunde zu Halle 1881, S. 67-81; H. Vogt, Der erste sächsische Weltumsegler, in: Wissenschaftliche Beilage der Leipziger Zeitung 78/1881, S. 465f.; S. Ruge, Bernhard von M., kein Weltumsegler, in: NASG 3/1882, S. 66-77; V. Hantzsch, Deutsche Reisende des 16. Jahrhunderts, Leipzig 1895, S. 121-123. – ADB 52, S. 410f.; E. Kneschke, Neues allgemeines Deutsches Adels-Lexikon, Bd. 9, Leipzig 1865, S. 297-299; F. Fischer, Ahnenreihenwerk von Uradelsgeschlechtern Wettiner Lande, Bd. 4, Bissingen/Enz 1973, Teil XVI, Tafel 23; W. Fellmann, Sachsen-Lexikon, München/Berlin 2000, S. 272.
Christian Richter
22.8.2008
Empfohlene Zitierweise:
Christian Richter, Artikel: Bernhard von Miltitz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2887 [Zugriff 2.11.2024].