Bodo Ebhardt

Mit seiner Rückbesinnung auf den mittelalterlichen Burgenbau prägte E. die wilhelminische Kulturpolitik. Als einer der ersten Burgenforscher setzte er sich wissenschaftlich mit dem Burgenbau Europas auseinander. Seine Forschungen verband er mit einer fruchtbaren Architektentätigkeit. E. restaurierte, erneuerte und erweiterte mehr als 50 Burgen und Schlösser. Sein Einfluss reichte auch nach Sachsen, wo er bedeutende Schlossumbauten ausführte. – E. absolvierte in Bremen und Magdeburg eine Kaufmannslehre. Seine künstlerischen Neigungen führten ihn jedoch nach Berlin, wo er am Kunstgewerbemuseum bei Alexander Schütz studierte und sich autodidaktisch zum Architekten weiterbildete. Im Atelier des Architekten Ernst von Ihne sammelte er erste praktische Erfahrungen und gründete 1890 in Berlin sein eigenes Architekturbüro. Bereits sein 1893/94 in Grunewald bei Berlin errichtetes Wohn- und Atelierhaus wurde von der Architekturkritik sehr gelobt. – Der von der mittelalterlichen Wehrarchitektur begeisterte E. forschte akribisch über Burgen und Schlösser in den europäischen Ländern. Die bahnbrechenden Ergebnisse legte er in zahlreichen Buchveröffentlichungen und Aufsätzen vor. 1899 gründete er die Vereinigung zur Erhaltung deutscher Burgen (heute Deutsche Burgenvereinigung), deren Vorsitz er 1920 bis 1945 innehatte, und die Fachzeitschrift „Der Burgwart“ (heute „Burgen und Schlösser“). E. setzte sich dafür ein, zerstörte und verfallene Burgen wiederaufzubauen. Kaiser Wilhelm II., der 1900 sein Atelier besuchte und vielen Burgenvorträgen beiwohnte, beauftragte ihn mit der „stilgerechten“ Wiederherstellung der Hohkönigsburg im Elsass (1899-1908). Der Burgenforscher wurde zum Hofbaurat und zum Architekten des Kaisers ernannt. E.s wichtigstes Arbeitsgebiet war die Wiederherstellung und Ergänzung historischer Burganlagen. Zeitweise betreute sein Architekturbüro gleichzeitig 25 Bauvorhaben, unter denen die Marksburg (1899-1905) als Sitz der Deutschen Burgenvereinigung, die Gröditzburg (poln. Grodziec) in Schlesien (1906-1908), Schloss Neuenstein in Württemberg (1906-1914) und die Veste Coburg (1906-1924) zu nennen sind. Bis in die letzte Einzelheit strebte E. historische Genauigkeit und Stilechtheit an, wobei er allerdings mitunter historisch anmutende Bauformen frei erfand, um ein geschlossenes Bild zu inszenieren. Diese Herangehensweise wurde von den Architekten der beginnenden Moderne stark kritisiert, weil sie nicht den um 1900 entwickelten denkmalpflegerischen Grundsätzen entsprach. – E.s Einfluss wirkte auch nach Sachsen und Thüringen. Der gefragte Baumeister stellte u.a. den Kirchensaal im Altenburger Schloss in freier Abwandlung der historischen Saalarchitektur wieder her (1905/06), erneuerte den Bergfried auf der Wachsenburg (1905), errichtete das Hotel auf der Wartburg (1912-1914) und entwarf den historisierenden Schlossneubau in Eichicht bei Saalfeld (1920-1923). Zu seinen viel beachteten Bauvorhaben nach dem Ersten Weltkrieg gehörten die Wiederherstellung der abgebrannten Burg Scharfenstein bei Zschopau (1921/22) und des ebenfalls niedergebrannten Barockschlosses in Gröditz bei Weißenberg (1922/23). 1922 baute er Schloss Sallgast tiefgreifend um. – E.s Architektentätigkeit blieb nicht auf Burgen- und Schlossrestaurierungen beschränkt. Er baute ebenso herrschaftliche Landsitze, darunter die Hakeburg in Kleinmachnow (1903), das Schloss Landonvillers bei Metz (1903-1906) und das in historisierenden Formen gestaltete Haus Mühlberg in Ohrdruff (1933-1935), Geschäftshäuser wie das Bankhaus von der Heydt (1912/13) und den Erweiterungsbau der Allianz-Versicherung (1914/15) in der Berliner Innenstadt, das Hoftheater in Detmold (1913-1915), ferner Rennbahnen, Sportplätze und Denkmäler wie das Sportdenkmal in Grünau bei Berlin (1897) und das Kriegerdenkmal in Braubach/Rhein (1903/04). Auch als Stadtplaner machte sich E. einen Namen. So entwarf er den Bebauungsplan für den Wiederaufbau von Neidenburg/Ostpreußen (1914/15) und hatte seit 1927 den Vorsitz im Städtebau-Ausschuss für Groß-Berlin inne. – Der vielbeschäftigte Baumeister übergab sein Architekturbüro in Berlin 1931 an seinen Sohn Fritz und zog auf die Marksburg, wo er das unvollendet gebliebene Grundlagenwerk „Der Wehrbau Europas im Mittelalter“ verfasste. Er starb 1945 noch vor Ende des Zweiten Weltkriegs. Seine wegweisende Forschungstätigkeit wird von der Deutschen Burgenvereinigung fortgeführt.

Werke Wohnhaus und Atelier in Grunewald bei Berlin, 1893/94; Sportdenkmal in Grünau bei Berlin, 1897; Hohkönigsburg (franz. Château du Haut-Kœnigsbourg) bei Schlettstadt/Elsass (franz. Sélestat), 1899-1908; Marksburg bei Braubach, 1899-1905; Hakeburg in Kleinmachnow, 1903; Kriegerdenkmal in Braubach/Rhein, 1903/04; Schloss Landonvillers bei Metz, 1903-1906; Wachsenburg bei Arnstadt, Bergfried, 1905; Residenzschloss Altenburg/Thüringen, Kirchensaal, 1905/06; Gröditzburg (poln. Grodziec) bei Goldberg/Schlesien (poln. Złotoryja), 1906-1908; Schloss Neuenstein bei Stuttgart, 1906-1914; Veste Coburg, 1906-1924; Bankhaus von der Heydt in Berlin-Mitte, 1912/13; Hotel auf der Wartburg bei Eisenach, 1912-1914; Hoftheater in Detmold, 1913-1915; Erweiterungsbau der Allianz-Versicherung in Berlin, 1914/15; Schloss Eichicht bei Saalfeld, 1920-1923; Burg Scharfenstein bei Zschopau, 1921/22; Schloss Gröditz bei Weißenberg/Oberlausitz, 1922/23; Schloss Sallgast bei Finsterwalde, 1922; Haus Mühlberg in Ohrdruff, 1933-1935. Schriften: Deutsche Burgen, 10 Bde., Berlin 1898-1907; Denkschrift über die Wiederherstellung der Hohkönigsburg bei Schlettstadt im Elsass, Berlin 1900; Die Marksburg, Berlin 1900; Zur Baugeschichte der Hohkönigsburg, Berlin 1900; Grundlagen der Erhaltung und Wiederherstellung deutscher Burgen, Berlin 1901; Die Burgen des Elsaß, Berlin 1904; Über Verfall, Erhaltung und Wiederherstellung von Baudenkmalen, Berlin 1905; Die Burgen der Hohenzollern, Berlin 1907; Die Hohkönigsburg im Elsass, Berlin 1908; Der Väter Erbe, Berlin 1909; Die Burgen Italiens, 5 Bde., Berlin 1909-1927; Der Einfluß des mittelalterlichen Wehrbaues auf den Städtebau, Berlin 1910; Steinerne Zeugen, Grunewald 1911; mit H. R. Schulze/F. Luthmer, Burgen und Schlösser des Rhein-, Lahn- und Moseltales, Berlin 1913; Der Schloßbau, Grunewald 1914; Krieg und Baukunst in Frankreich und Belgien, Grunewald 1915; Die zehn Bücher der Architektur des Vitruv und ihre Herausgeber seit 1484, Berlin 1918 (ND Ossining 1962); Deutsche Burgen als Zeugen deutscher Geschichte, Berlin 1925; Spanische Burgenfahrt 1930, Marksburg ob Braubach/Rhein 1934; Handzeichnungen, Berlin 1935; Die Marksburg und ihre Geschichte, Marksburg ob Braubach/Rhein 1935; Der Wehrbau Europas im Mittelalter, Bd. 1, Berlin 1939, Bd. 2, Stollhamm 1958.

Literatur O. Döring, Bodo E. Ein deutscher Baumeister, Berlin 1925; B. Günther, Die Wiederherstellung der durch Brand zerstörten Burg Scharfenstein 1921-1923, in: Jahrbuch der Staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten in Sachsen 3/1995, S. 184-190; A. Bekiers, Bodo E. Architekt, Burgenforscher, Restaurator, Berlin 1999; B. von der Dollen/Barbara Schock-Werner (Hg.), Burgenromantik und Burgenrestaurierung um 1900, Braubach 1999; L. Fischer, Bodo E.s Korrekturen der Geschichte, in: Burgen und Schlösser 45/2004, S. 52-56. – AKL, Bd. 32, München/Leipzig 2002, S. 15; DBA II, III; DBE 2, S. 681; NDB 4, S. 260f.; Thieme/Becker, Bd. 10, Leipzig 1999, S. 309; Vollmer, Bd. 2, Leipzig 1999, S. 6.

Porträt Bodo E., Fotografie, Deutsche Burgenvereinigung, Europäisches Burgeninstitut (Bildquelle).

Matthias Donath
28.10.2009


Empfohlene Zitierweise:
Matthias Donath, Artikel: Bodo Ebhardt,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1268 [Zugriff 21.11.2024].

Bodo Ebhardt



Werke Wohnhaus und Atelier in Grunewald bei Berlin, 1893/94; Sportdenkmal in Grünau bei Berlin, 1897; Hohkönigsburg (franz. Château du Haut-Kœnigsbourg) bei Schlettstadt/Elsass (franz. Sélestat), 1899-1908; Marksburg bei Braubach, 1899-1905; Hakeburg in Kleinmachnow, 1903; Kriegerdenkmal in Braubach/Rhein, 1903/04; Schloss Landonvillers bei Metz, 1903-1906; Wachsenburg bei Arnstadt, Bergfried, 1905; Residenzschloss Altenburg/Thüringen, Kirchensaal, 1905/06; Gröditzburg (poln. Grodziec) bei Goldberg/Schlesien (poln. Złotoryja), 1906-1908; Schloss Neuenstein bei Stuttgart, 1906-1914; Veste Coburg, 1906-1924; Bankhaus von der Heydt in Berlin-Mitte, 1912/13; Hotel auf der Wartburg bei Eisenach, 1912-1914; Hoftheater in Detmold, 1913-1915; Erweiterungsbau der Allianz-Versicherung in Berlin, 1914/15; Schloss Eichicht bei Saalfeld, 1920-1923; Burg Scharfenstein bei Zschopau, 1921/22; Schloss Gröditz bei Weißenberg/Oberlausitz, 1922/23; Schloss Sallgast bei Finsterwalde, 1922; Haus Mühlberg in Ohrdruff, 1933-1935. Schriften: Deutsche Burgen, 10 Bde., Berlin 1898-1907; Denkschrift über die Wiederherstellung der Hohkönigsburg bei Schlettstadt im Elsass, Berlin 1900; Die Marksburg, Berlin 1900; Zur Baugeschichte der Hohkönigsburg, Berlin 1900; Grundlagen der Erhaltung und Wiederherstellung deutscher Burgen, Berlin 1901; Die Burgen des Elsaß, Berlin 1904; Über Verfall, Erhaltung und Wiederherstellung von Baudenkmalen, Berlin 1905; Die Burgen der Hohenzollern, Berlin 1907; Die Hohkönigsburg im Elsass, Berlin 1908; Der Väter Erbe, Berlin 1909; Die Burgen Italiens, 5 Bde., Berlin 1909-1927; Der Einfluß des mittelalterlichen Wehrbaues auf den Städtebau, Berlin 1910; Steinerne Zeugen, Grunewald 1911; mit H. R. Schulze/F. Luthmer, Burgen und Schlösser des Rhein-, Lahn- und Moseltales, Berlin 1913; Der Schloßbau, Grunewald 1914; Krieg und Baukunst in Frankreich und Belgien, Grunewald 1915; Die zehn Bücher der Architektur des Vitruv und ihre Herausgeber seit 1484, Berlin 1918 (ND Ossining 1962); Deutsche Burgen als Zeugen deutscher Geschichte, Berlin 1925; Spanische Burgenfahrt 1930, Marksburg ob Braubach/Rhein 1934; Handzeichnungen, Berlin 1935; Die Marksburg und ihre Geschichte, Marksburg ob Braubach/Rhein 1935; Der Wehrbau Europas im Mittelalter, Bd. 1, Berlin 1939, Bd. 2, Stollhamm 1958.

Literatur O. Döring, Bodo E. Ein deutscher Baumeister, Berlin 1925; B. Günther, Die Wiederherstellung der durch Brand zerstörten Burg Scharfenstein 1921-1923, in: Jahrbuch der Staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten in Sachsen 3/1995, S. 184-190; A. Bekiers, Bodo E. Architekt, Burgenforscher, Restaurator, Berlin 1999; B. von der Dollen/Barbara Schock-Werner (Hg.), Burgenromantik und Burgenrestaurierung um 1900, Braubach 1999; L. Fischer, Bodo E.s Korrekturen der Geschichte, in: Burgen und Schlösser 45/2004, S. 52-56. – AKL, Bd. 32, München/Leipzig 2002, S. 15; DBA II, III; DBE 2, S. 681; NDB 4, S. 260f.; Thieme/Becker, Bd. 10, Leipzig 1999, S. 309; Vollmer, Bd. 2, Leipzig 1999, S. 6.

Porträt Bodo E., Fotografie, Deutsche Burgenvereinigung, Europäisches Burgeninstitut (Bildquelle).

Matthias Donath
28.10.2009


Empfohlene Zitierweise:
Matthias Donath, Artikel: Bodo Ebhardt,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1268 [Zugriff 21.11.2024].