Maria Reiche-Große

R. wurde durch die Erforschung und den Schutz der Linien und Bodenzeichnungen von Nasca (Peru) weltbekannt und gehörte damit Ende des 20. Jahrhunderts zu den bedeutendsten Wissenschaftlern Südamerikas. – Nach dem Studium der Fächer Mathematik, Physik, Philosophie, Geografie und Pädagogik an der Technischen Hochschule Dresden und der Universität Hamburg legte R. 1928 ihr Staatsexamen und die höhere Lehramtsprüfung in Dresden ab. Nachdem ihr Vater im Ersten Weltkrieg gefallen war, wurde R. glühende Pazifistin und strebte danach, Deutschland zu verlassen. Nach dem Studium suchte sie gezielt nach einer Stelle im Ausland und ging 1932 als Privatlehrerin der Kinder des deutschen Konsuls Tabel in Cuzco nach Peru. 1934 übersiedelte sie nach Lima und erteilte Sprachunterricht. Ab 1935 fertigte sie Übersetzungen für das Museo de Arqueología in Lima an. – Auf Wunsch des US-amerikanischen Historikers und Archäologen Professor Paul Kosok besichtigte R. 1939 zum ersten Mal die Gegend um Nasca und Palpa, in der Kosok seltsame Linien in der Wüste für eine astronomische Kalenderanlage hielt. Erst nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs konnten die Forschungs- und Vermessungsarbeiten in der Pampa (Steinwüste) von Nasca beginnen, da R. als Deutsche während des Kriegs das Stadtgebiet von Lima nicht verlassen durfte. Sie machte die Erforschung der Bodenzeichnungen zu ihrem Lebenswerk. Ihre guten Verbindungen zur Luftbildstelle der peruanischen Luftwaffe ermöglichten R. hervorragende Luftaufnahmen zu machen, die sie in aller Welt bekannt werden ließen. 1949 erschien das Buch „Mystery on the Desert. A new Revelation of ancient Peru“ im Selbstverlag. R. setzte sich, völlig auf sich allein gestellt, vehement für den Erhalt der prähistorischen Kunstwerke ein und verhinderte 1955 die Bewässerung und Baumwollanpflanzung auf der Pampa. – Nach dem Tod ihrer Lebensgefährtin Amy Meredith ging R., vom Ministerio de Educación y Publica delegiert, 1960 für vier Monate nach Moya in die Sierra, um Kechua - eine Sprache der Indios - zu lernen und Erwachsene lesen zu lehren. Sie half bei der Ausarbeitung von Lese- und Lehrbüchern in Kechua. 1968 verhinderte sie unter großem persönlichem Einsatz erneut die Zerstörung der Geoglyphen (Bodenzeichnungen) in der Wüste. Nach weiteren Forschungen folgten Ausstellungen in London und München und das Buch „Geheimnis der Wüste. Mystery on the Desert. Secreto de la Pampa“, das wiederum im Selbstverlag erschien. 1976 ließ R., zusammen mit ihrer Schwester Renate, einen Aussichtsturm zwecks zerstörungsfreier Besichtigung der Wüstenbilder an der Panamericana errichten. Sie erwirkte 1978 die Unter-Schutz-Stellung der Bodenzeichnungen durch das Land Peru. 1983 erhielt sie das Verdienstkreuz erster Klasse der Bundesrepublik Deutschland. 1983 und 1986 bekam R. die Ehrendoktorwürde der Universitäten Ica und San Marco (Peru) und Las Palmas Magisteriales in Grado de Armauta, den sog. Orden der Weisen der Inka vom peruanischen Präsident Alán García Pérez. Ihre zunehmende Erblindung zwang sie 1984 zur Beendigung der Forschungsarbeiten. – Während ihrer über 40-jährigen Tätigkeit in der Pampa entdeckte und untersuchte R. insgesamt über 1.000 Linien und Figuren auf ca. 50 bis 60 Quadratkilometern. Einen wissenschaftlichen Beweis für die Kalendertheorie und Kosoks These konnte sie ohne die Möglichkeiten modernster Computertechnik und ganz auf sich allein gestellt nicht liefern. 1992 erfolgte ihre Erhebung in den Rang eines Offiziers durch die peruanische Luftwaffe. 1993 verlieh Präsident Alberto Fujimori R. das Großkreuz des Sonnenordens von Peru. 1994 endlich fruchteten R.s Bemühungen um den Schutz der sog. „Linien und Bodenzeichnungen von Nasca und Pampas de Jumana“ mit der Aufnahme in die Liste der UNESCO als Monument des Welterbes der Menschheit. Alle derzeit in Deutschland angesiedelten Forschungsprojekte zu den Geoglyphen haben ihren Ursprung im Romain-Rolland-Gymnasium in Dresden, dem ehemaligen Gymnasium R.s genommen, wo am 1.4.1993 der Staat Peru der Stadt Dresden eine bronzene Büste von R. übergab. Am 8.6.1998 starb R. in Lima und wurde am Rand der Pampa neben ihrer Schwester Renate beigesetzt.

Quellen Private Sammlung; Archiv Dietrich Schulze, Langenselbold.

Werke Mystery on the Desert, Lima 1949; Geheimnis der Wüste, Hohenpeißenberg 1968; Contribuciones a la Geometría y la Astronomía en el antiguo Perú, Lima 1993.

Literatur T. Morrison, Pathways to the Gods - the Mystery of the Andes, London 1987; V. Zetzsche/D. Schulze, Bilderbuch der Wüste - Maria R. und die Linien und Bodenzeichnungen von Nasca, Halle 2005. – NDB 21, S. 297f.

Porträt Maria G., Ana Maria Cogorno, Fotografie, Maria Reiche Lineas & Geoglifos de Nasca, Lima, Peru via Universitätsbibliothek Heidelberg, heidICON, Aufnahme/Reproduktion #515871 (Bildquelle) [CC BY-SA 4.0; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Attribution 4.0 Unported License].

Viola Zetzsche
28.3.2007


Empfohlene Zitierweise:
Viola Zetzsche, Artikel: Maria Reiche-Große,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/10272 [Zugriff 19.3.2024].

Maria Reiche-Große



Quellen Private Sammlung; Archiv Dietrich Schulze, Langenselbold.

Werke Mystery on the Desert, Lima 1949; Geheimnis der Wüste, Hohenpeißenberg 1968; Contribuciones a la Geometría y la Astronomía en el antiguo Perú, Lima 1993.

Literatur T. Morrison, Pathways to the Gods - the Mystery of the Andes, London 1987; V. Zetzsche/D. Schulze, Bilderbuch der Wüste - Maria R. und die Linien und Bodenzeichnungen von Nasca, Halle 2005. – NDB 21, S. 297f.

Porträt Maria G., Ana Maria Cogorno, Fotografie, Maria Reiche Lineas & Geoglifos de Nasca, Lima, Peru via Universitätsbibliothek Heidelberg, heidICON, Aufnahme/Reproduktion #515871 (Bildquelle) [CC BY-SA 4.0; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Attribution 4.0 Unported License].

Viola Zetzsche
28.3.2007


Empfohlene Zitierweise:
Viola Zetzsche, Artikel: Maria Reiche-Große,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/10272 [Zugriff 19.3.2024].